„Ich arbeite in einem Großbetrieb und habe heute die Kündigung meines Arbeitsplatzes bekommen! Ohne vorherige Abmahnung! Geht das überhaupt?“
„Ja, unter Umständen geht das wirklich“, habe ich der Anruferin geantwortet. Aber erst einmal langsam und der Reihe nach:
1. Es gibt folgenden Grundsatz: Ein Arbeitgeber benötigt für eine
Kündigung keinen Grund und deshalb auch keine vorherige
Abmahnung.
2. Aber: Von diesem Grundsatz gibt es viele Ausnahmen. Der Arbeitgeber
muss dann einen Grund nachweisen können, wenn der allgemeine oder
der besondere Kündigungsschutz anzuwenden ist oder wenn er eine
fristlose Kündigung aussprechen will.
3. Mit einer Abmahnung soll Ihnen deutlich gemacht werden, dass Ihr Chef
eine Pflichtwidrigkeit beanstandet und im Wiederholungsfall der
Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.
4. Eine Abmahnung ist aber vor einer Kündigung nicht erforderlich, wenn
auch in Zukunft von Ihnen kein vertragstreues Verhalten zu erwarten
ist oder wenn auf Grund von besonderen Umständen, beispielsweise
wegen der Schwere des Fehlverhaltens, sofort gekündigt werden darf.
Da Sie in einem Großbetrieb arbeiten, wird jedenfalls der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz anzuwenden sein. Ihr Arbeitgeber benötigt also einen Kündigungsgrund. Das können personenbedingte (insbesondere eine längere Krankheit), betriebsbedingte (Wegfall eines Arbeitsplatzes) oder verhaltensbedingte Gründe sein. Eine Abmahnung ist aber – wenn überhaupt – nur bei einer Kündigung wegen der verhaltensbedingten Gründe erforderlich.
Fazit: Fragen Sie Ihren Arbeitgeber nach den Kündigungsgründen. Auf jeden Fall sollten Sie sich in eine Rechtsberatung begeben. Dort kann geprüft werden, ob Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen sollten. In dem Gerichtsverfahren wird dann geprüft, ob eine Kündigung ohne Abmahnung möglich war oder nicht.