03.08.2010

Polizei: Ist Umziehen Arbeitszeit?

Kurios, kurios, was sich da in deutschen Gerichtssälen abspielt. In Nordrhein Westfalen gehört das An- und Ausziehen der Dienstuniform eines Polizisten zur Arbeitszeit, in Baden-Württemberg nicht. So sehen es jedenfalls 2 gegenläufige Urteile. Welches ist für Sie das Fehlurteil?  
Das Verwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 01. Juli 2010, Az.: 4 K 1753/08, festgestellt, dass ein Polizist durch das Aufrüsten vor Schichtbeginn und das Abrüsten nach Schichtende bereits Arbeitszeit erbringt. Auf- und Abrüsten heißt das An- und Ablegen der Uniform inklusive Pistole, Handschellen und Pfefferspray oder Schlagstock. Diese Zeit sei keine dem reinen Privatbereich zuzuordnen, sondern Teil der Ausrüstung. Deshalb stellten die Richter eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Kollegen fest, die Motorrad- oder Fahrradstreife fahren. Diese dürfen nämlich ihre Schutzkleidung nach Dienstantritt anlegen. Das Argument, Streifenpolizisten könnten sich die Uniform auch schon zu Hause anziehen, ließ das Gericht nicht gelten.

Anders das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 24.11.2009, Az.: 11 K 3998/08: Auch dort wollte ein Polizist von seinem Dienstherrn für das An- und Ablegen der Dienstkleidung pro Dienstschicht 15 Minuten zusätzliche Arbeitszeit gutgeschrieben erhalten. Dieses Verwaltungsgericht sagte nun, dass das Umziehen keine beamtenrechtliche Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitvorschriften darstelle. Das folge ohne Weiteres aus dem geringen Grad der hierdurch erforderlichen dienstlichen Inanspruchnahme. Das An- und Ausziehen gehe nicht über die allgemeine Verrichtung des täglichen Lebens hinaus und gestalte sich bei den einzelnen Beamten auch völlig unterschiedlich.

Sicherlich wird ein höherrangiges Gericht diesen Rechtsstreit in Zukunft beenden und eine klare Rechtsauffassung den Beamten mitteilen. Dass es dabei um erhebliche Geldsummen geht, ist auch klar: Für das An- und Ausziehen benötigt ein Polizist pro Tag ca. eine Viertelstunde. Das multipliziert mit 5 Tagen pro Woche und multipliziert mit ca. 46 Wochen ergibt immerhin fast 60 Stunden pro Jahr, also 1 bis 2 Wochen zusätzlichen Urlaub.

Ich werde Sie weiter auf dem Laufenden halten.

Weitere Beiträge zu diesem Thema

 

23.10.2017
Wechsel der Erwerbstätigkeit während der Elternzeit

Eine Mandantin befindet sich bei Ihrem Arbeitgeber, einem Zahnarzt, derzeit in Elternzeit. Während der Elternzeit hat sie mit Ihrem Zahnarzt einen 400-€-Job vereinbart. Nun möchte sie diesen Nebenjob kündigen und bei einem... Mehr lesen

23.10.2017
Dauerkontrolle kann zu Entschädigungsanspruch führen

Der Fall: Wer an seinem Arbeitsplatz einer dauerhaften Videoüberwachung unterliegt (auch wenn sie seinem Schutz dient), muss einen schwerwiegenden Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht verkraften. Dementsprechend strenge... Mehr lesen