Der Fall: Eine Arbeitnehmerin stammte aus der ehemaligen DDR. Als sie von einer Stellenanzeige eines Stuttgarter Unternehmens erfuhr, bewarb sie sich dort – allerdings erfolglos. Auf dem zurückgesandten Lebenslauf fand sie später den handschriftlichen Vermerk „(–) Ossi“. Die Arbeitnehmerin fühlte sich diskriminiert. Sie sei nur wegen ihrer Herkunft aus Ostdeutschland abgewiesen worden. Sie klagte deshalb eine Entschädigung nach dem AGG ein. Der Arbeitgeber verteidigte sich wie folgt: Er beschäftige bereits mehrere Mitarbeiter aus den neuen Bundesländern; außerdem seien Ostdeutsche keine ethnische Gruppe im Sinne des AGG.
Das Urteil: Der Arbeitgeber hatte damit Erfolg. § 1 AGG verbietet zwar eine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft. Hier liegt aber keine Benachteiligung vor. Der Begriff „ethnische Herkunft“ wird anhand einiger Merkmale definiert. Im Vordergrund steht nicht der Bezug zu einem Territorium. Vielmehr kommt es darauf an, ob sich Verbindungen und Gemeinsamkeiten einer Gruppe von Menschen herstellen lassen. Solche Gemeinsamkeiten können sich in Tradition, Sprache, Religion, Kleidung oder in gleichartiger Ernährung ausdrücken. „Ossi“ lässt sich aber nicht darunter fassen. Bei Ostdeutschen liegt allenfalls eine gemeinsame Verbindung in ihrer Zugehörigkeit zum ehemaligen DDR-Territorium. Das Gebiet der ehemaligen DDR gehörte vor 1949 zum ungeteilten Deutschland; 1990 kam es zur Wiedervereinigung. Damit hat die DDR nur ca. 40 Jahre lang eine von der Bundesrepublik unterschiedliche Entwicklung genommen. Das reicht nicht aus, um eine eigene ethnische Herkunft zu begründen (ArbG Stuttgart, 15.4.2010, 17 Ca 8907/09).