01.11.2016

3 Minuten zu spät: zu wenig für eine Kündigung

Wenn Mitarbeiter immer wieder aus den unterschiedlichen Gründen nicht pünktlich zum Dienst erscheinen und verspätet die Arbeit aufnehmen, ist dies nicht nur sehr unkollegial, sondern ärgert auch Vorgesetzte. Dieses vertragswidrige Verhalten kann dann Gegenstand einer Abmahnung sein und im Fall der Wiederholung zur Kündigung führen.

 

 

Denn die mehrmalige Nichteinhaltung betrieblicher Arbeitszeiten stört den Betriebsfrieden und die Betriebsabläufe. Die einschlägige arbeitsgerichtliche Rechtsprechung besagt seit Jahren: Wiederholte Unpünktlichkeit eines Mitarbeiters stellt dann einen Kündigungsgrund dar, wenn sie den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verweigerung der Arbeitspflicht erreicht.

Doch wann ist das – insbesondere bei einem langjährigen Arbeitsverhältnis – der Fall? Da auch Sie als MAV immer wieder mit dieser Problematik in den Sprechstunden oder anlässlich ausgesprochener Abmahnungen/Kündigungen konfrontiert werden, kann Ihnen die folgende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz eine wertvolle Hilfestellung leisten (3.2.2016, Az. 4 Sa 147/15 – Revision nicht zugelassen).

 

Sachverhalt des LAG

Der Kläger ist Schlosser und bei der Arbeitgeberin seit 1997 beschäftigt. Vor Ausspruch der Kündigung erhielt er 3 einschlägige Abmahnungen zu folgenden Daten und mit folgenden Vorwürfen:

Abmahnungen wegen Zuspätkommens

  • 26.9.2006: verspätete Arbeitsaufnahme am 25.9.2006 um ca. 5 Minuten
  • 1.12.2007: Abstemppeln der Stempelkarte vor dem Umziehen um 6.59 Uhr, obgleich Arbeitsbeginn mit Arbeitskleidung um 7 Uhr war
  • 24.1.2014: verspätete Arbeitsaufnahme am 15.1.2014 um 26 Minuten, am 17.1.2014 um 56 Minuten, am 21.1.2014 um 19 Minuten und am 23.1.2014 eine weitere Verspätung
  • 7.2.2014: Personalgespräch – nochmaliger Hinweis, dass weitere Unpünktlichkeit nicht akzeptiert werde, und Kündigungsandrohung bei erneuter Verspätung (Wertung als Abmahnung)
  • 25.8.2014: erneut verspätete Arbeitsaufnahme nach einer Pause um 3 Minuten

Obwohl dem Mann noch Anfang 2014 in einem Zwischenzeugnis bescheinigt wurde, er sei „stets zuverlässig und gewissenhaft”, erfolgten nun die fristlose und vorsorglich die ordentliche Kündigung durch die Arbeitgeberin.

Frühere Abmahnungen nicht kündigungsrelevant

Das LAG entschied zunächst völlig korrekt, dass die Abmahnungen aus den Jahren 2006/2007 nicht berücksichtigt werden durften. Schließlich hatte sich der Mitarbeiter über 7 Jahre (2007 bis 2014) vertragstreu verhalten. Einschlägig waren damit nur die Abmahnungen vom 24.1.2014 und das Personalgespräch/Abmahnung vom 7.2.2014.

Aktuelle Vertragsverletzung zu geringfügig

Richtig sei, so das LAG, dass sich der Mitarbeiter am 25.8.2014 z vertragswidrig verhalten habe, als er verspätet aus der Pause zurückkehrte. Dennoch stelle die äußerst geringfügige Überschreitung der Pausenzeit von ca. 3 Minuten keinen „wichtigen Grund“ im Sinne des § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch für eine fristlose und auch keinen Grund für eine ordentliche Kündigung dar. Aus der äußerst geringfügigen Überschreitung der Pausenzeit am 25.8.2014 lasse sich noch kein nachhaltiger Wille des Mitarbeiters ableiten, seinen vertraglichen Verpflichtungen im Hinblick auf die einzuhaltende Arbeitszeit nicht nachzukommen.

Interessenabwägung zugunsten des Mitarbeiters

Diese geringe Überschreitung der Pausenzeit führte auch bei der Interessenabwägung dazu, dass seine langjährige Betriebszugehörigkeit von über 16 Jahren, die völlig unbelastete Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ab 2007 und die bestehenden Unterhaltsverpflichtungen höher beurteilt wurden als das Beendigungsinteresse der Arbeitgeberin.

 

Fazit: Denken Sie als MAV bei Kündigungen stets an die hier vorzunehmende Interessenabwägung. In der Regel lohnt es sich immer, wenn Sie die Interessen des betroffenen Kollegen an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses beim Namen nennen und sie auch aus Ihrer Sicht gewichten

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