17.08.2009

Freistellung von Arbeitnehmern nach einer Kündigung – Was ist rechtens?

Sofern Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern kündigen, müssen in der Regel bestimmte Kündigungsfristen eingehalten werden. Um diese Fristen zu überbrücken, versuchen Arbeitgeber immer häufiger, die betroffenen Mitarbeiter durch eine Freistellung kurzfristig aus dem Betrieb zu entfernen. Grundsätzlich bedeutet eine Freistellung eine Befreiung von Ihrer arbeitsvertraglichen Leistungspflicht als Arbeitnehmer.

Einseitige Freistellung nach Kündigung durch den Arbeitgeber

Ist Ihr Arbeitsverhältnis durch Ihren Arbeitgeber gekündigt worden, wird er Ihnen häufig anbieten, Ihren Arbeitsplatz schon während der Kündigungsfrist zu räumen. Sofern es sich um eine einseitige Freistellung handelt, Ihr Arbeitgeber Ihre Freistellung allerdings mit erheblichen und schutzwürdigen Interessen begründen können. Darunter fallen zum Beispiel:

  • betrieblicher Auftragsmangel
  • anhaltender Absatzmangel
  • Wegfall Ihrer Einsatzmöglichkeit im Betrieb Ihr Arbeitsplatz  existiert nicht mehr
  • Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
  • ein allgemeiner Wegfall der Vertrauensbasis

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Ihr Arbeitgeber eine Beschäftigungspflicht hat. Das heißt, Ihr Arbeitgeber muss Sie schon allein aufgrund Ihres Arbeitsvertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterbeschäftigen.

Fallbeispiel:

Ihr Arbeitgeber hat das Arbeitsverhältnis mit Ihnen fristgerecht zum 31.3.2009 gekündigt. Zusammen mit der Kündigung erhalten Sie eine einseitige Freistellungserklärung. Da Sie in der Forschungsabteilung Ihres Unternehmens beschäftigt sind, begründet Ihr Arbeitgeber die Freistellung mit dem dringenden Schutz von internen Forschungsergebnissen.

Hierbei handelt es sich zweifellos um ein erhebliches und schutzwürdiges Interesse Ihres Arbeitgebers. Wichtig: Eine einseitige Freistellungserklärung nach Kündigung entbindet Ihren Arbeitgeber nicht von der Pflicht zur Lohnzahlung bis zum ordentlichen Ende des Arbeitsverhältnisses.

Freistellung von Arbeitnehmern nach einer betriebsbedingten Kündigung

Eine Freistellung nach einer betriebsbedingten Kündigung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Der Gesetzgeber vermutet in der Freistellung eine besondere Härte für die betroffenen Arbeitnehmer.

Wichtig:

Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss Ihr Arbeitgeber einen konkreten sachlichen Grund anführen können, damit seine Freistellungsverfügung rechtmäßig ist. Dabei ist er zudem verpflichtet, eine Interessenabwägung durchführen, da sonst Ihr grundsätzlicher Beschäftigungsanspruch wichtiger ist.

Fallbeispiel:

Herr Schmidt hat in seinem Unternehmen eine Schlüsselposition inne und ist ,,Geheimnisträger“. Da sein Arbeitgeber befürchtet, dass Herr Schmidt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sensible Daten an einen Hauptwettbewerber weitergeben könnte, will er Herrn Schmidt mit Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung freistellen. Das Aufgabenfeld von Herrn Schmidt soll zwischenzeitlich an einen Kollegen übertragen werden.

In dem vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, Herrn Schmidt freistellen zu können. Voraussetzung ist jedoch, dass er berechtigte Bedenken aufgrund des Wettbewerbsverhältnisses darlegen kann. In diesem Fall wäre eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar und die Freistellung von Herrn Schmidt zulässig.

Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers als Schutz vor einseitiger Freistellungserklärung

Der allgemeine Beschäftigungsanspruch ist also nach Ausspruch einer ordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nur dann ausgeschlossen, wenn Ihr Arbeitgeber nachweisen kann, dass die von Ihnen beanspruchte Beschäftigung nicht

  • möglich oder
  • nicht zumutbar ist oder
  • das Interesse des Arbeitgebers an Ihrer Freistellung schutzwürdig ist und wichtiger ist als Ihr Beschäftigungsinteresse (oder Ihrem Beschäftigungsinteresse vorzuziehen ist).

Um einen eventuell drohenden Rechtsstreit von vornherein zu vermeiden, versuchen Arbeitgeber gerne, eine Freistellungsklausel bereits im Arbeitsvertrag zu vereinbaren. Auf diese Weise wird Ihr grundsätzlicher Beschäftigungsanspruch für den Fall einer Freistellung nach einer Kündigung bereits vertraglich ausgeschlossen. Dabei reicht es in der Regel aber nicht aus, dass Ihr Arbeitgeber derartige Klauseln gewissermaßen im „Kleingedruckten“ eines vorformulierten Arbeitsvertrags versteckt.

Eine Alternative zur einseitigen Freistellungserklärung durch Ihren Arbeitgeber kann unter Umständen eine einvernehmliche Freistellungsvereinbarung bieten. Insoweit sollten Sie abwägen, ob Sie nach einer rechtmäßigen Kündigung durch Ihren Arbeitgeber für die Dauer der Kündigungsfrist in Ihrem Betrieb weiterarbeiten wollen oder die Zeit ggf. auch schon für eine berufliche Neuorientierung nutzen können.

Einvernehmliche Freistellungsvereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Entsprechend der Vertragsfreiheit haben Sie die Möglichkeit, eine einvernehmliche Freistellung mit Ihrem Arbeitgeber zu vereinbaren. In einem solchen Fall sollten Sie aber genau darauf achten, durch die Freistellungsvereinbarung größtmögliche Freiheiten für den konkreten Zeitraum bis zum ordentlichen Ende des Beschäftigungsverhältnisses zu erhalten. Das ist zum Beispiel bei einer vorübergehenden Nebentätigkeit zu beachten. Grundsätzlich hat Ihr Arbeitgeber trotz Freistellung das Recht, Ihnen die Aufnahme einer Zweittätigkeit zu untersagen. Zudem besteht die Gefahr, dass ein eventuelles Zusatzeinkommen aus einer Nebentätigkeit auf Ihr Entgelt angerechnet wird. Insoweit sollten Sie den Inhalt einer Freistellungsvereinbarung, soweit in Ihrem Betrieb vorhanden, mit Ihrem Betriebsrat besprechen, damit Ihnen keine ungewollten Nachteile aus der Freistellungsvereinbarung entstehen.

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