09.08.2011

Arbeitsrecht Teilzeit: Was Sie als Betriebsrat dazu wissen müssen

Immer mehr Beschäftigte wünschen sich, ihre Arbeitszeit zu verringern. Das Ergebnis davon ist, dass die boomt. Im Jahr 2000 waren 20% der Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt. Heute liegt die Quote etwa bei 25 %. Die Entwicklung überrascht nicht, denn ein Teilzeitjob erleichtert die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit erheblich. Allerdings ist die Teilzeitbeschäftigung für die Kollegen auch immer wieder mit Schwierigkeiten verbunden. Mal gibt es Auseinandersetzungen um Urlaub, mal geht es um Sonderzahlungen oder die genaue Lage der Arbeitszeit. Und immer häufiger wird gestritten, ob ein Kollege mehr oder weniger Arbeit verlangen kann. Als sollten Sie die rechtlichen Besonderheiten kennen, die mit der Teilzeitbeschäftigung einhergehen, damit Sie Ihre Kollegen richtig unterstützen können.

Das Wichtigste vorweg: Teilzeitkräfte haben im Prinzip die gleichen Rechte wie Vollzeitkräfte. Eine Benachteiligung ist nur mit sachlichem Grund erlaubt. Die geringere Arbeitszeit stellt hierbei keinen Grund dar.

Teilzeitkräfte haben ein Recht auf:

  • Die Bezahlung einschließlich etwaiger Feiertags- und Nachtzuschläge, Weihnachts- und Urlaubsgeld. Eingeschränkt ist die Leistung von Überstundenzuschlägen. Diese erhalten Ihre in Teilzeit tätigen Kollegen erst, wenn sie die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitkollegen überschreiten. Es sei denn, durch Arbeits- oder Tarifvertrag wurde die Zahlung zu einem früheren Zeitpunkt festgelegt.
  • Die Entgeltfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen steht auch Ihren Teilzeit-Kollegen zu. Achtung: Nachtarbeit darf Ihr Arbeitgeber für die Ausfallzeiten nicht verlangen.
  • Beanspruchung von Mutterschutz und Elternzeit
  • Kündigungsschutz.
  • Ausnahme: Wurde ein Kollege zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt, kann Ihr Arbeitgeber mit diesem für die ersten 3 Monate vereinbaren, dass beide Seiten jederzeit fristlos ordentlich kündigen können (§ 622 Abs. 5 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch).

Achtung: Ihr Arbeitgeber darf Teilzeitkräfte auch nicht von gesetzlich oder tariflich unabdingbar zugesagten Ansprüchen (wie z. B. der Entgeltfortzahlung oder Urlaub) ausschließen, indem er mit ihnen eine anders lautende Vereinbarung abschließt. Eine entsprechende Vereinbarung wäre unwirksam.

Allerdings darf Ihr Arbeitgeber z. B. hinsichtlich etwaiger Sonderzahlungen in dem Rahmen differenzieren, wie er es bei den Vollzeitkräften auch darf.

So ist es u. U. zulässig, dass Ihr Arbeitgeber nur einer bestimmten Mitarbeitergruppe ein zahlt. Gewährt er z. B. den Vertriebsmitarbeitern – Teilzeit und Vollzeit – eine Sonderzahlung, gehen Teilzeitkräfte in anderen Bereichen leer aus. Das Kriterium für die Auszahlung wäre hier allerdings nicht die Teilzeitarbeit, sondern die Tätigkeit im Vertrieb.

Teilzeit- und Befristungsgesetz: Wer Anspruch auf Teilzeitarbeit hat

Grundsätzlich hat jeder Ihrer Kollegen, dessen Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate ohne Unterbrechung bestanden hat, einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit ().

Achtung:
Ein an einer Verringerung der Arbeitszeit interessierter Kollege muss den Beginn und den Umfang der gewünschten Teilzeittätigkeit dann auch mindestens 3 Monate, bevor er weniger arbeiten möchte, ankündigen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG). Das heißt: Ein neuer Kollege kann frühestens nach 9 Monaten eine Arbeitszeitverringerung durchsetzen.

Beispiel: Eine Kollegin ist seit dem 1.1.2009 in Ihrem Betrieb beschäftigt. Sie kann frühestens am 1.7.2009 Teilzeitarbeit verlangen, die dann nicht vor dem 1.10.2009 beginnen kann.

Berücksichtigt ein Kollege bei seinem Antrag auf Arbeitszeitverkürzung die 3-monatige Wartezeit nicht, so ist sein Antrag allerdings nicht unwirksam. Vielmehr verschiebt sich der Beginn der verkürzten Arbeitszeit lediglich um den entsprechenden Zeitraum (Arbeitsgericht (ArbG) Oldenburg, 26.3. 2002, Az. 6 Ga 3/02).

Beispiel:
Ein Kollege hat am 31.7. 2009 die Verringerung seiner Arbeitszeit beantragt. Und zwar zum 1.9. Der Anspruch wird allerdings erst zum 1.11. wirksam. Denn erst zu diesem Zeitpunkt läuft die 3-monatige Antragsfrist ab.

Anspruch auf Teilzeit: Betrieb muss groß genug sein

Voraussetzung ist zudem, dass in Ihrem Betrieb in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Hierbei zählen alle Arbeitnehmer in Ihrem Betrieb nach Köpfen mit, also auch Teilzeitkräfte – unabhängig von ihrer Arbeitszeit.

Tipp: Sollte ein Kollege Interesse an einer Verringerung der Arbeitszeit haben, obwohl die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, hat er immer noch die Möglichkeit, sich mit Ihrem Arbeitgeber einvernehmlich über die Reduzierung zu einigen. Empfehlen Sie ihm, eine entsprechende einvernehmliche Regelung auf jeden Fall schriftlich festzuhalten.


Achtung:
Warum ein Kollege weniger arbeiten möchte, spielt keine Rolle. Denn begründen muss er seinen Teilzeitwunsch nicht (ArbG Bonn, 20.6.2002, Az. 2 Ca 1414/01).

 

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