27.07.2011

Arbeitsrecht Urlaub: Urlaubsgeld nicht ohne Urlaubsantritt

In diesem und im kommenden Monat tritt ein Großteil der Belegschaft seinen Urlaub an. Um den Kollegen die schönste Zeit des Jahres zu versüßen, haben einige Arbeitgeber in diesem oder im vergangenen Monat Urlaubsgeld gezahlt. An sich ein Grund zur Freude – allerdings nicht für alle Kollegen. Das zeigt ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 19.5.2009, Az. 9 AZR 477/07).

Darum geht’s: Die Abgeltung von Urlaub ist arbeitsrechtlich nach einem neuen BAG-Urteil möglich, wenn der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann (BAG, 24.3.2009, Az. 9 AZR 983/07). Das entschieden die Richter, nachdem der Europäische Gerichtshof in einem ähnlichen Fall vorentschieden hatte (20.1.2009, Az. C-350/06 und C- 520/06). Das BAG änderte damit seine bisherige Rechtsprechung zum Urlaubsrecht, die sich an § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) orientierte.

In der hier vorliegenden Entscheidung musste das Bundesarbeitsgericht nun darüber befinden, ob die neuere Rechtsprechung auch für fortbestehende Arbeitsverhältnisse gilt. Dazu zog es wieder § 7 Abs. 4 BUrlG hinzu.

Arbeitnehmer verlangt Urlaubsgeld

Ein Arbeitnehmer war bei seinem Arbeitgeber bereits 6 Jahre als Kraftfahrer beschäftigt, als er einen Arbeitsunfall erlitt. Infolge dieses Arbeitsunfalls war er mehr als ein Jahr arbeitsunfähig krankgeschrieben. Auch am Stichtag für die Zahlung des Urlaubsgeldes und am Stichtag für die Übertragung von Resturlaub (31.3.) war er arbeitsunfähig verhindert.

Der Arbeitgeber zahlte ihm deshalb kein Urlaubsgeld. Damit war der Arbeitnehmer nicht einverstanden. Er verlangte die Zahlung des tariflich festgelegten Urlaubsgeldes für das Jahr, in dem er arbeitsunfähig krankgeschrieben war – allerdings ohne Erfolg.
Bundesarbeitsgericht sagt „Nein“

Die Richter sprachen dem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich keinen Anspruch auf Zahlung des tariflichen Urlaubsgelds zu. Sie grenzten ihre Entscheidung vor allem vom kürzlich ergangenen BAG-Urteil zu den Abgeltungsansprüchen ab. Sie sagten, dass die Ausgangssituation eine andere gewesen sei. Die Richter entschieden vor einigen Wochen, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Urlaub nicht verliere, wenn er ihn krankheitsbedingt nicht in Anspruch nehmen könne. Der nicht genommene Urlaub müsse in einem solchen Fall abgegolten werden. Der Arbeitnehmer war bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen.

Hier sei der Fall jedoch anders gelagert. In diesem Fall bestehe das Arbeitsverhältnis fort. Ihre Entscheidung, dass der Arbeitgeber keine Urlaubsabgeltung schulde, begründeten die Richter mit § 7 Abs. 4 BUrlG. Danach sei der Urlaub nur dann abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

Fazit: Tariflich vereinbartes Urlaubsgeld muss nur gezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub antritt. Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig verhindert, hat er keinen Zahlungsanspruch.

Haben Sie arbeitsrechtlich Anspruch auf Urlaubsgeld?

Das Urlaubsgeld zahlt Ihr Arbeitgeber grundsätzlich zusätzlich. Und zwar aufgrund einer arbeits- und tarifvertraglichen Regelung. Auch die Zahlung auf Basis einer Betriebsvereinbarung, einer sogenannten betrieblichen Übung oder freiwillig ist möglich.

Wichtig: Hat Ihr Arbeitgeber Ihnen und Ihren Kollegen 3-mal vorbehaltlos Urlaubsgeld in gleicher Höhe gewährt, ist er auch im 4. Jahr verpflichtet, die Zahlung zu leisten. Denn Sie als Betriebsrat und Ihre Kollegen haben einen Anspruch aus betrieblicher Übung.

Etwas anderes gilt allerdings, wenn Ihr Arbeitgeber bei jeder Zahlung erklärt hat, dass die Zahlung freiwillig erfolgt und auch durch mehrmalige Gewährung kein Rechtsanspruch auf eine zukünftige Leistung begründet wird.

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