Dem Europäischen Gerichtshof liegt ein Fall zur Entscheidung vor, der die deutsche Rechtsprechung umkrempeln wird. Der Europäische Gerichtshof soll entscheiden, ob Arbeitgeber auch weiterhin einem abgelehnten Bewerber nicht mitzuteilen brauchen, ob die Stelle anderweitig besetzt worden ist und welche Auswahlkriterien dabei zugrunde gelegt wurden. Denn schließlich hat ein abgelehnter Bewerber so keine Möglichkeit zu überprüfen, ob der Arbeitgeber bei seiner Auswahl einen Verstoß gegen die Antidiskriminierungsrichtlinie begangen hat.
Der zugrunde liegende Fall, den die Richter am Bundesarbeitsgericht (BAG) nach Brüssel „überwiesen“ haben, dreht sich um eine 49jährige, aus Russland stammende Frau, die sich erfolglos auf eine ausgeschriebene Stelle als Softwareentwickler/in beworben hat. Nachdem sie die Absage erhalten hatte, wollte sie vom Arbeitgeber erfahren, ob und aufgrund welcher Kriterien ein anderer Bewerber eingestellt worden war. Nachdem der Arbeitgeber die Auskunft verweigerte klagte sie. Ihre Begründung: Sie sei wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht berücksichtigt worden ist. Das stelle eine Diskriminierung nach dem AGG dar. Sie verlangte Schadenersatz.
Da die Arbeitnehmerin den Beweis einer Diskriminierung nicht führen konnte, wurde ihr kein Schadenersatz zugestanden. Aber möglicherweise hätte sie den Beweis führen können, wenn der Arbeitgeber verpflichtet sei, seine Entscheidungskriterien offen zu legen. Doch dies ist nach deutschem Recht nicht vorgesehen. Und nun müssen die EU-Richter entscheiden, ob es im deutschen Recht hier eine Lücke gibt, die es zu schließen gilt (BAG, Beschluss vom 20.05.2010, Az. 8 AZR 287/08 (A)).