14.06.2011

Darf er, oder darf er nicht? Was Sie als Betriebsrat zur Personalakte noch nicht wussten

Der Tipp des Tages dreht sich um einen aktuellen Fall, den das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden hat. Es geht um das Einsichtsrecht von Arbeitnehmern (und Ex-Arbeitnehmern) in ihre Personalakte:

Denn das Bundesarbeitsgericht hat am 16.11.2010 entschieden: „Ein Arbeitnehmer hat auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Recht, in seine Personalakte zu schauen“ (BAG, Urteil v. 16.11.2010, 9 AZR 573/09).

Der Fall:
Nachdem ein Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausgeschieden war, gab es Differenzen über das auszustellende Arbeitszeugnis. Nach Vertragsende hatte eine Personalbearbeiterin dem ehemaligen Arbeitnehmer mitgeteilt, dass Gründe vorhanden seien, die auf seine mangelnde Loyalität schließen ließen. Der Arbeitnehmer verlangte daraufhin Einsicht in die Personalakte, die ihm verwehrt wurde. Begründung: Das Arbeitsverhältnis ist zu Ende, ein Einsichtsrecht besteht nicht mehr.

Die Entscheidung:
Das Einsichtsrecht gilt auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Denn nach § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) müssen Arbeitgeber im Rahmen ihrer vertraglichen Rücksichtnahmepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen. „Hierzu zählt auch das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung.“

Was Sie als Betriebsrat zum Thema Einsichtsrecht wissen müssen

Mit diesem Urteil haben jetzt ehemalige Arbeitnehmer die gleichen Einsichtsrechte in ihre Personalakte, wie Arbeitnehmer, mit denen ein aktives Arbeitsverhältnis besteht. Und das heißt:

Ein Arbeitnehmer hat das Recht, Einsicht in seine Personalakte zu nehmen. Dies ist auch gesetzlich festgelegt und zwar in § 83 Abs. 1 S. 1 BetrVG.

Möchte einer der Arbeitnehmer sein Einsichtsrecht ausüben, dann muss ihm der Arbeitgeber die vollständige Akte vorlegen. Er darf also keinerlei Inhalte sperren oder vorher entfernen.

Tipp: Der Arbeitnehmer hat auch das Recht, sich einzelne Blätter oder auch die ganze Akte (auf eigene Kosten) zu kopieren.

Dies hat folgenden Hintergrund: Ein Arbeitnehmer könnte bei seiner Einsichtnahme in die Personalakte entdecken, dass er möglicherweise falsch beurteilt oder falsch eingruppiert wurde. Dies möchte er dann vielleicht in Ruhe – ggf. mit seinem Anwalt – prüfen. Das wäre ihm aber nicht möglich, wenn er nur ein Einsichtsrecht hätte.

Beachten Sie: Auch wenn sich ein Arbeitnehmer Kopien machen darf, bedeutet dies nicht, dass er auch ein Recht auf Herausgabe der Personalakte hat. Der Arbeitgeber braucht sie ihm also keineswegs die Akte mit nach Hause zu geben.

Was der Arbeitnehmer verlangen darf

Ein Arbeitnehmer ist außerdem berechtigt, den Inhalt seiner Personalakte zu ergänzen oder eine Richtigstellung beizufügen. Dies ergibt sich aus § 83 Abs. 2 BetrVG: Erklärungen des Arbeitnehmers zum Inhalt der Personalakte sind dieser auf sein Verlangen beizufügen.

Relevant wird dies vor allem bei Ermahnungen und Abmahnungen:
Wenn ein Arbeitgeber die Abmahnung schon nicht zurücknehmen will, wird dem Arbeitnehmer zumindest daran gelegen sein, seine Sicht der Dinge zu schildern.

Beachten Sie: Die Stellungnahme Ihres Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber auch dann in die Personalakte aufnehmen, wenn er sie für falsch hält.

Wann der Arbeitgeber Unterlagen entfernen muss

Ein Arbeitnehmer kann der Personalakte nicht nur Ergänzungen hinzufügen, sondern unter Umständen auch vom Arbeitgeber verlangen, dass er Unterlagen aus der Personalakte entfernt. Hat er einem Mitarbeiter etwa zu Unrecht eine Abmahnung erteilt, dann kann er nach § 1004 BGB deren Entfernung aus der Akte verlangen.

Neben ungerechtfertigten Abmahnungen kann ein Arbeitnehmer aber auch die Entfernung von Unterlagen aus der Personalakte verlangen, die missbilligende Äußerungen darstellen, ohne dass sie die Qualität einer Abmahnung haben. Die Unterlagen müssen dabei aber auch zumindest unrichtige oder unzutreffende Vorwürfe enthalten (LAG Köln, 20. 2. 2006, Az. 14 (5) Sa 1401/05)

Darüber hinaus kann ein Arbeitnehmer auch die Entfernung von solchen Unterlagen aus der Akte verlangen, die unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten, welche wiederum seine Rechtsstellung und sein berufliches Fortkommen beeinträchtigen können (BAG, 25. 4.1972, Az. 1 AZR 322/71).

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