10.05.2010

Darf der Betriebsrat über betriebsbedingte Kündigungen informieren?

Der Betriebsrat sitzt zwischen den Stühlen. Zum einen hat er die wirtschaftlichen Belange des Unternehmens zu berücksichtigen und zum anderen die Arbeitnehmerinteressen zu vertreten.

Nun war es zu einem spannenden Fall gekommen: Ein Arbeitgeber will 3 betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Vor dem Ausspruch der Kündigungen muss er seinen Betriebsrat ausführlich über die Kündigungen, die betrieblichen Auswirkungen und über die einzelnen Arbeitnehmer, den gekündigt werden soll, informieren. Ohne eine solche Information ist die Kündigung rechtswidrig.  
Der Betriebsrat seinerseits kann nun den Kündigungen binnen Wochenfrist widersprechen, wenn ein vom Gesetz vorgesehener Grund für den Widerspruch vorliegt. Häufig ist es aber auch so, dass Betriebsräte gerne mit ihren Arbeitnehmern die beabsichtigte Kündigung besprechen wollen. Dieses ist jedoch nicht ohne Weiteres möglich. In dem ganz konkreten Fall hat der Arbeitgeber den Betriebsrat sogar nochmals darauf hingewiesen, dass er die Arbeitnehmer nicht von den beabsichtigten Kündigungen informieren darf.

Ich meine, zu Unrecht. Grundsätzlich hat der Betriebsrat natürlich eine Geheimhaltungspflicht. Das steht in § 79 Betriebsverfassungsgesetz. Danach sind Mitglieder des Betriebsrats verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt werden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren.

Bei einer Mitbestimmung bei Kündigungen sieht es jedoch anders aus. Nach § 102 Abs. 2 Satz 4 Betriebsverfassungsgesetz soll der Betriebsrat, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme die betroffenen Arbeitnehmer hören. Wie soll nun der Betriebsrat den Arbeitnehmer anhören und um eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Kündigung bitten, wenn er ihm nichts von der Kündigung mitteilen darf?

Also muss er den Arbeitnehmer sogar in diesem Fall unterrichten.

Wichtig: Betriebsräte sollten, wenn sie einer Kündigung widersprechen, immer den § 102 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz zu Hilfe ziehen. Ein Widerspruch ist nämlich wirklich nur dann möglich, wenn einer der dort aufgeführten Gründe vorliegt. Begeht der Betriebsrat hierbei Fehler, kann der Arbeitnehmer seinen Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss einer Kündigungsschutzklage nicht durchsetzen!

Weitere Beiträge zu diesem Thema

 

23.10.2017
3-wöchige Klagefrist beachten!

Wieder einmal ist ein Arbeitnehmer über die 3-wöchige Klagefrist gestolpert. Gibt es etwas Ärgerlicheres als Fristen nicht einzuhalten? Grundsätzlich gilt: Wollen Sie gegen eine Kündigung vorgehen, haben Sie dies binnen 3... Mehr lesen

23.10.2017
Unter welchen Umständen kommt eine entgeltliche Freistellung von Arbeitnehmern in Frage?

Ungeachtet Ihrer grundsätzlichen Pflicht zur Erbringung Ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung haben Sie aus unterschiedlichen Gründen einen Anspruch auf vorübergehend entgeltliche Freistellung von der Arbeit. Die... Mehr lesen