Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (§ 618 Bürgerliches Gesetzbuch) muss ihr Arbeitgeber für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz seiner Mitarbeiter sorgen. Hierzu gehört in erster Linie, dass er schon in einem möglichst frühen Stadium alle Unfall- und Gesundheitsgefahren erkennt und beseitigt. Damit vermeidet er nicht nur unnötige Ausfallzeiten ihrer Kolleginnen und Kollegen; durch optimierte Arbeitsplätze verbessert er die Mitarbeiterzufriedenheit und auch die Qualität seiner Produkte und Dienstleistungen.
Betriebsrat gibt den Ton an
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gehört es zu Ihren Aufgaben als Betriebsrat, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.
Schön und gut, doch damit Sie dieser Pflicht nachkommen können, müssen Sie natürlich zunächst mal wissen, welche Pflichten Ihr Arbeitgeber in Sachen Arbeits- und Gesundheitsschutz hat. Seine wesentlichen Pflichten habe ich Ihnen nachstehend zusammengestellt:
6 Gesetze, die ihr Arbeitgeber kennen und anwenden muss
Nachstehend finden Sie die wichtigsten Vorschriften im Überblick:
1. Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG)
Dieses Gesetz regelt, wann Ihr Arbeitgeber einen Betriebsarzt und/oder FachkräftefürArbeitssicherheit bestellen müssen.
Ein Betriebsarzt hat die Aufgabe, Ihren Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen (§3 Abs. 1 Satz 1 ASiG).
Insbesondere hilft der Arzt bei folgenden Aufgaben (die Aufzählung ist nicht abschließend):
Ihr Arbeitgeber muss einen Betriebsarzt (schriftlich) bestellen, soweit dies aufgrund Ihrer Betriebsgröße, der Zusammensetzung Ihrer Belegschaft (Jugendliche, schwerbehinderte Menschen) sowie Ihrer Betriebsart und der damit verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren erforderlich ist (§ 2 Abs. 1 ASiG).
Tipp: Fragen Sie nach
Wenn Sie nicht sicher sind, ob Ihr Arbeitgeber einen Betriebsarzt bestellen muss, sollten Sie sich immer bei der für Sie zuständigen Berufsgenossenschaft oder in der Redaktionssprechstunde bei mir danach erkundigen. Fragen Sie Ihre Berufsgenossenschaft auch, ob sich im Einzelfall bei Ihnen die Notwendigkeit zu einer Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit ergibt.
Unter den gleichen Voraussetzungen muss Ihr Arbeitgeber nämlich auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellen.
Die Fachkräfte haben die Aufgabe, ihn beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen der Arbeitssicherheit – einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit – zu unterstützen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 ASiG).
So haben sie Ihren Arbeitgeber etwa
Ihr Arbeitgeber hat übrigens ein Wahlrecht, ob er eigene Fachkräfte einsetzt oder freie oder überbetriebliche Dienste in Anspruch nehmen will.
2. Sozialgesetzbuch (SGB)
Wenn Ihr Arbeitgeber regelmäßig mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt, muss er zudem einen Sicherheitsbeauftragten bestellen (§ 22 SGB VII). Dessen Aufgabe besteht darin, Ihren Arbeitgeber bei der Durchführung des Unfallschutzes zu unterstützen. Er soll auf Gefahren und Sicherheitsmängel hinweisen und sich davon überzeugen, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen die Schutzvorschriften beachten.
Der Sicherheitsbeauftragte hat aber weder Entscheidungskompetenzen noch Weisungsbefugnis. Auch haftet er nicht für Fehler und Versäumnisse.
3. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Das ArbSchG regelt den technischen Arbeitsschutz, also die Sicherheit am Arbeitsplatz. Zweck des Gesetzes ist nicht nur der Schutz Ihrer Kolleginnen und Kollegen, sondern auch der allgemeine Schutz von Mensch und Umwelt. Die Aufgabe Ihres Arbeitgebers ist es hier, die Arbeit der Mitarbeiter so zu gestalten, dass eine Gefährdung möglichst gering gehalten wird.
Damit er eventuelle Gefahren beurteilen kann, muss er eine Gefahranalyse durchführen, das heißt, er muss die Arbeitsplatzbedingungen analysieren. So muss er beispielsweise
Ihnen als Betriebsrat fallen aus Ihrer täglichen Praxis sicher noch ein paar Beispiele ein. Und auch die Sifa weiß sicher einige.
In Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten muss er das Ergebnis seiner Analyse auch dokumentieren (§ 6 ArbSchG). Teilzeitbeschäftigte zählen hierbei anteilig mit, und zwar:
Wie Ihr Arbeitgeber seiner Dokumentationspflicht nachkommt, bleibt allerdings ihm überlassen; am besten ist natürlich eine schriftliche Aufstellung.
4. Bildschirmarbeitsverordnung (BildschArbV)
Die BildschArbV gilt generell für die Arbeit an Bildschirmgeräten. Sie gilt aber nur für Arbeitsplätze, die vorwiegend durch Bildschirmarbeit geprägt sind, und nicht für solche Arbeitsplätze, an denen die Bildschirmarbeit nur einen kleinen Teil ausmacht, z. B. Kassiererin mit einer Bildschirmkasse (§ 1 BildschArbV).
Die BildschArbV enthält Kriterien, wie Ihr Arbeitgeber einen Bildschirmarbeitsplatz nach ergonomischen Kriterien einrichten soll. Etwa:
Wichtig: Arbeitgeber muss organisieren
Ihr Arbeitgeber muss die Tätigkeit seiner Mitarbeiter so organisieren, dass die Bildschirmtätigkeit durch andere Tätigkeiten oder Pausen unterbrochen wird, damit die Belastung durch die Bildschirmarbeit so gering wie möglich ausfällt (§ 5 BildschArbV).
Außerdem muss er Ihren Kolleginnen und Kollegen am Bildschirm in regelmäßigem Abstand Augenuntersuchungen ermöglichen und ggf. spezielle Sehhilfen zur Verfügung stellen (§ 6 BildschArbV). Dokumentieren Sie immer, wann und wie Ihr Arbeitgeber den Mitarbeitern eine Augenuntersuchung angeboten hat. Nur so kann kontrolliert werden, ob er diese Untersuchung wirklich regelmäßig anbietet.
Tipp: Ordnungsgeld droht
Falls Ihr Arbeitgeber den Mitarbeitern mit einem Bildschirmarbeitsplatz diese Untersuchung nicht anbietet, kann er mit einem Ordnungsgeld von bis zu 5.000 € bestraft werden!
5. Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
In Betrieben mit sogenannten Gefahrstoffen – giftigen, entzündbaren, krebserzeugenden oder ähnlich gefährlichen Materialien (§ 4 GefStoffV) – muss Ihr Arbeitgeber eine Arbeitsplatzanalyse durchführen und die zur Gefahrenabwehr notwendigen Schutzmaßnahmen einleiten.
6. Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Die DGUV und die jeweiligen Berufsgenossenschaften erlassen in ihrer Zuständigkeit, teilweise in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitsschutzbehörden, branchenspezifische Vorgaben im Bereich des Arbeitsschutzes.
Tipp: DGUV oder Berufsgenossenschaft gibt Auskunft
Welche Vorgaben hier für Sie einschlägig sein können, erfahren Sie bei Ihrer Berufsgenossenschaft oder DGUV. Fragen Sie immer von Zeit zu Zeit nach, da die Vorschriften stetigen Änderungen unterworfen sind.
Wie Sie Gefahrenquellen auf die Spur kommen und ausschalten
Das A und O einer effektiven Unfall- und Gefahrenvermeidung ist, dass Sie und Ihr Arbeitgeber sich zunächst darüber einen Überblick verschaffen, wo die gefahrträchtigen Schwachstellen in Ihrem Betrieb liegen könnten. Erst dann können Sie geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen.
Nehmen Sie sich für diese Analyse folgende Checkliste zur Hand und führen Sie die Beurteilung mit den oben angesprochenen Fachkräften durch:
Checkliste: Gefahrenalyse
Tipp: Netzwerken schadet nicht
Setzen Sie sich ganz unabhängig davon einmal mit Ihrer Berufsgenossenschaft in Verbindung. Denn diese hat die Aufgabe, Sie bei der Erfüllung Ihrer arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen zu beraten und zu unterstützen.
Die Berufsgenossenschaften bieten dazu auch eine Vielzahl kostenloser Informationsveranstaltungen und Seminare an.
Arbeitgeber muss Sicherheitsunterweisung kontrollieren
Es reicht beim Arbeits- und Gesundheitsschutz auch nicht, wenn Ihr Arbeitgeber nur Sicherheitsunterweisungen vornimmt. Er muss die Einhaltung der Vorschriften auch kontrollieren:
Beispiel: Ein 37-jähriger Kranführer wollte mit seinem Kran eine 1.700 kg schwere Palette mit Steinen von einem Lkw abladen, obwohl das Hebegerät nur eine (zulässige) Tragkraft von 1.300 kg hatte. Der Kran kippte um und verletzte dabei den Bauleiter tödlich.
Der Kranführer wurde zu einer Geldstrafe von 1.200 € verurteilt. Und auch sein Arbeitgeber wurde mit 200 € zur Kasse gebeten – nur weil er den Kranführer nicht ausreichend kontrolliert hatte (Arbeitsgericht München, 22.12.2005, Az. 51 Ds 4 JS 4984/04).
Tipp: Raten Sie ihrem Arbeitgeber: unterweisen, unterweisen, unterweisen
Nehmen Sie den Vorfall und das Urteil zum Anlass, Ihren Arbeitgeber an eine Unterweisung nach dem Arbeitsschutz zu erinnern. Vereinbaren Sie nach der Unterweisung dann gleich den nächsten Auffrischungstermin mit Ihrem Arbeitgeber.
Fragen Sie auch Ihre Kolleginnen und Kollegen, wo noch Bedarf besteht. Oft sieht man die Dinge nicht so wie der Kollege vor Ort. Fragen kann sich lohnen! Grundsätzlich sollten Sie in Sachen Arbeitsschutz immer bei Ihren Kollegen nachfragen, wo ihnen Mängel auffallen. Oft kommt man so erst auf Dinge, an die man als Außenstehender gar nicht gedacht hat