Der Gerichtsalltag zeigt es immer wieder: Verhaltensbedingte Kündigungen nehmen einen Großteil der gerichtlichen Entscheidungen ein. Auf entsprechende Rüge der Prozessbevollmächtigten der betroffenen Mitarbeiter (Kläger) hin prüfen die Gerichte dabei auch stets die vorherige ordnungsgemäße Beteiligung der zuständigen Personalvertretung. Denn der MAV steht bei jeder ordentlichen Kündigung ein Beteiligungsrecht zu.
Ihr Dienstgeber kommt daher auch bei verhaltensbedingten Kündigungen an Ihnen nicht vorbei. Um Ihren Kollegen zu helfen, sollten Sie folglich die Details dieser Kündigung kennen und auch wissen, was Sie bei der Anhörung vortragen können und sollten.
Lesen Sie in dem folgenden Artikel welche Fragen zur Abmahnung, zum Kündigungsgrund und zur Interessanabwägung Sie beantworten können sollten.
Der Gerichtsalltag zeigt es immer wieder: Verhaltensbedingte Kündigungen nehmen einen Großteil der gerichtlichen Entscheidungen ein. Auf entsprechende Rüge der Prozessbevollmächtigten der betroffenen Mitarbeiter (Kläger) hin prüfen die Gerichte dabei auch stets die vorherige ordnungsgemäße Beteiligung der zuständigen Personalvertretung. Denn der MAV steht bei jeder ordentlichen Kündigung ein Beteiligungsrecht zu. Ihr Dienstgeber kommt daher auch bei verhaltensbedingten Kündigungen an Ihnen nicht vorbei. Um Ihren Kollegen zu helfen, sollten Sie folglich die Details dieser Kündigung kennen und auch wissen, was Sie bei der Anhörung vortragen können und sollten. Ich empfehle Ihnen dafür folgendes Vorgehen:
Eine der wichtigsten Voraussetzungen der verhaltensbedingten Kündigung ist – sofern der Mitarbeiter den allgemeinen Kündigungsschutz genießt – das Vorliegen einer einschlägigen Abmahnung. Das bedeutet: Ein Dienstgeber kann einem Mitarbeiter aus verhaltensbedingten Gründen nur kündigen, wenn
er ihm zuvor eine Abmahnung ausgesprochen hat. Das steht in keinem Gesetz, sondern dieser Grundsatz ist vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entwickelt worden. Dieses steht auf dem
Standpunkt, dass die Kündigung immer das letzte Mittel sein muss.
Also hat der Dienstgeber – wenn er wirksam kündigen will – zuvor nachzuweisen, dass er andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht gegriffen hat. Zu diesen weniger einschneidenden Maßnahmen gehört die Abmahnung. Diese soll dem betroffenen Kollegen als Hinweis und vor allem als Warnung dienen, dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung
rechnen muss.
Viele Dienstgeber kennen diesen Grundsatz, werfen ihn allerdings im Eifer des Gefechts dann doch verhängnisvoll schnell über Bord. Nun, erkennen Sie das Verhalten wieder?
Beispiel:
Mitarbeiter Schlau kommt – weil er eine neue Freundin hat – seit dem 4.1.2016 montags anstatt um 7 Uhr erst um 7.30 Uhr zum
Dienst. Er hat den Zug verpasst. Er ist der Ansicht, dass der Dienstgeber dies nicht bemerkt.
Weit gefehlt! Seit dem 4.1.2016 weiß der Dienstgeber um das Fehlverhalten des Schlau und ärgert sich schwarz. Er spricht ihn auf sein Fehlverhalten an, erteilt ihm aber keine Abmahnung.
Als Schlau dann am 25.1.2016 wieder zu spät kommt, platzt dem Dienstgeber der Kragen und er kündigt dem Schlau ordentlich zum 31.3.2016.
Ergebnis:
Diese Kündigung ist mangels zuvor ausgesprochener Abmahnung(en) unwirksam. Da wird es dem Dienstgeber auch nicht helfen, dass Schlau sein Fehlverhalten über Wochen fortsetzte. Der Dienstgeber hätte das Verhalten sofort abmahnen müssen.
Hinweis für das Anhörungsverfahren:
Fehlt eine Abmahnung, sollten Sie in der Anhörung auf die Rechtsprechung des BAG und die Unwirksamkeit der Kündigung allein schon aus diesem Grunde hinweisen.
Denken Sie daran, dass der Grund, der aktuell zur Kündigung führte, bereits verbraucht sein kann. Das ist einer der häufigsten Fehler, die aufseiten der Dienstgeber gemacht werden.
Beispiel:
Der Dienstgeber mahnt den Schlau am 25.1.2016 wegen seines Zuspätkommens an den letzten Montagen im Januar schriftlich ab. Dabei ist er so in Zorn geraten, dass er beschließt, sich doch von ihm zu trennen. Er spricht ihm also am 26.1.2016 wegen derselben Vorwürfe zusätzlich die Kündigung aus.
Ergebnis:
Der Kündigungsgrund „Fehlverhalten“ ist durch die zuvor erteilten Abmahnung(en) verbraucht worden. Wegen desselben Vorfalls kann der Dienstgeber entweder abmahnen oder kündigen – jedoch niemals beides. Im vorliegenden Fall hatte sich der Dienstgeber – richtigerweise – erst für die Abmahnungen entschieden.
Um zu kündigen, hätte der Dienstgeber auf eine Wiederholung des Zuspätkommens warten müssen. Als Kündigungsgrund waren die abgemahnten Verfehlungen verbraucht.
Nicht allein die Anzahl der Abmahnungen ist entscheidend. Wichtig ist auch der jeweilige Inhalt des Vorwurfs. Denn im Grundsatz gilt: Verschiedene Pflichtverletzungen erfordern jeweils eine eigene Abmahnung. Hat also der Dienstgeber einen Kollegen wegen eines Vorfalls abgemahnt, setzt der Ausspruch einer wirksamen Kündigung voraus, dass das abgemahnte Verhalten und die Kündigung gleichartig sind bzw. in einem engen Zusammenhang stehen.
Beispiel:
Schlau hat von seinem Dienstgeber am 25.1.2016 3 Abmahnungen wegen „Zuspätkommens an den Montagen“ erhalten. Darauf hin fehlt Schlau und reicht erst nach einer Woche die Arbeits-unfähigkeitsbescheinigung ein. Eine vorherige Krankheitsanzeige unterblieb ebenfalls. Der Dienstgeber will kündigen.
Ergebnis:
Sie als MAV können bei der Anhörung den Einwand erheben, dass für die jetzt vorliegende Kündigung keine einschlägigen Abmahnungen vorliegen. Denn eine Verletzung von Anzeige- und Nachweispflichten gemäß Abschnitt XII a der Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) Caritas bzw. nach § 10 Abs. 2 AVR-DW.EKD ist eine andere Pflichtverletzung als die des Nichteinhaltens von Arbeitszeiten.
Hinweis für das Anhörungsverfahren:
Sie müssen das Fehlen einer einschlägigen Abmahnung rügen, das ist eine wegen der Nichtanzeige bzw. des Nichtnachweises der Arbeitsunfähigkeit. Die Kündigung ist unwirksam.
Beachten Sie die Ausnahme:
Eine Abmahnung kann ausnahmsweise entbehrlich sein. Dann nämlich, wenn es zu Störungen im sogenannten Vertrauensbereich kommt. Das ist dann anzunehmen, wenn Straftaten im Spiel sind und das Vertrauen so missbraucht wurde, dass es „unrettbar zerstört ist“ und nicht wiederhergestellt werden kann. Hier geht es um Situationen, die regelmäßig im Rahmen der außerordentlichen Kündigung diskutiert werden müssen.