15.11.2016

Den Vorwurf der Schweigepflichtverletzung kontern

Als Personalrat unterliegen Sie der Schweigepflicht. Gerade junge Personalratskollegen wissen oft noch nicht so gut über ihre Schweigepflicht Bescheid oder schätzen eine Information auch einfach falsch ein. So kann es dann schnell zum Vorwurf eines Verstoßes gegen die Schweigepflicht kommen. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, was dann für Sie als Personalrat zu tun ist.

 

 

Welchen Umfang Ihre Schweigepflicht hat

Zu schweigen ist über Angelegenheiten und Tatsachen, die Ih­nen bei Ausübung Ihres Amtes bekannt werden. Erfasst werden vor allem

  • 
Tatsachen, die die Persönlichkeitssphäre eines Beschäftig­ten betreffen,
  • konkrete Angaben zur Bezahlung eines Beschäftigten,
  • der Prozess der Willensbildung in einer Personalratssitzung 
(Ihr Ergebnis können Sie mitteilen, aber nicht den Inhalt der Diskussion/Beratung, schon gar nicht die einzelnen Diskussi­onsbeiträge Ihrer Mitglieder).

Die Schweigepflicht bezieht sich nicht auf Angelegenheiten, die offenkundig sind. Also auf Tatsachen oder Angelegenheiten, die jedermann kennt oder die auch außerhalb der Dienststelle be­kannt oder jederzeit erkennbar sind. 
Angelegenheiten oder Tatsachen, bei denen weder der Dienststellenleiter noch ein Beschäftigter ein nennenswertes Inte­resse hat, dass sie geheim bleiben, haben nur ein geringes Ge­ wicht. Sie fallen nicht unter die Schweigepflicht. 
Was ist zu tun, wenn Ihnen ein Schweigepflichtverstoß vorge­worfen wird?

 

So handeln Sie als Gremium richtig 


Schritt 1: Ermitteln Sie den Sachverhalt 


Sollte wirklich ein Personalrat gegen seine Schweigepflicht ver­ stoßen haben, ist es nun am restlichen Gremium, den Sachver­halt präzise zu ermitteln. Versuchen Sie, die Fakten zu recher­chieren. Sprechen Sie mit dem Personalrat, aber auch mit den übrigen Beteiligten. Vielleicht hatten diese ihr Einverständnis zur Weitergabe der Daten gegeben oder vielleicht hatten die Beteiligten den Sachverhalt selbst schon in der Dienststelle pu­blik gemacht. Dann hätte kein Bedürfnis nach Geheimhaltung mehr bestanden. 
Das Ergebnis Ihrer Ermittlungen halten Sie schriftlich fest.

Tipp: An Schweigepflicht erinnern. Sprechen Sie das Thema Schweigepflicht immer wieder an – gerade wenn Sie neue bzw. junge Personalräte im Team haben. Je präsenter das Thema ist, desto eher lassen sich Verstöße vermeiden.

Schritt 2: Beraten Sie im Gremium

Spätestens in der nächsten Sitzung des Personalrats sollte das Thema „Verstoß gegen die Schweigepflicht“ auf die Tagesord­nung. Die in Schritt 1 erlangten Ermittlungsergebnisse sind auch dem restlichen Gremium zugänglich zu machen. Am bes­ten vor der Sitzung. Gemeinsam beraten Sie dann über die fol­genden Punkte:

  • War die Angelegenheit oder Tatsache ihrer Bedeutung nach geheim zu halten? Falls nein, kann keine Verletzung der Schweigepflicht vorliegen.
— Hatte die Angelegenheit nur geringe Bedeutung? Hier wäre ein Verstoß gegen die Schweigepflicht nicht so dramatisch.
  • War die Tatsache offenkundig? Dann durfte über die Sache gesprochen werden.
  • Bezieht sich die Tatsache auf die Persönlichkeitssphäre eines Beschäftigten? Hier wird es brenzlig, denn alles aus der Per­sönlichkeitssphäre unterliegt der absoluten Geheimhaltung.
  • Steht die Angelegenheit im Zusammenhang mit Angaben über die Bezahlung eines Beschäftigten? Auch hierüber darf nicht gesprochen werden.
  • Sind Informationen über den Prozess der Willensbildung in­nerhalb des Personalrats weitergegeben worden? Nur Ihr Beratungsergebnis darf mitgeteilt werden, nicht aber der Inhalt der Besprechungen und der Willensbildung.

Schritt 3: Fassen Sie einen Beschluss

Nachdem Sie die unter Schritt 2 genannten Punkte eingehend diskutiert haben, ist darüber zu beschließen, ob nach Ihrer An­sicht tatsächlich ein Verstoß gegen die Schweigepflicht vorliegt oder nicht. Sind Sie als Gremium der Meinung, dass kein Ver­stoß vorliegt, hat sich die Sache zunächst erledigt. Kommen Sie aber zu dem Schluss, dass eine Verletzung der Verschwiegen­heitspflicht vorliegt, müssen Ihrem Beschluss Konsequenzen folgen.

Schritt 4: Liegt eine grobe Pflichtverletzung vor?

Ein Verstoß gegen die Schweigepflicht ist kein Kavaliersdelikt. Er kann dazu führen, dass ein Mitglied des Personalrats aus dem Gremium ausgeschlossen werden muss. Der Verstoß muss dann aber schwerwiegend sein.

Fragen Sie sich hierzu: Ist der Verstoß von solchem Gewicht, dass er das Vertrauen in eine künftige ordnungsgemäße Amts­führung zerstört oder zumindest stark erschüttert? Gehen Sie bei Beantwortung vom Standpunkt eines objektiv urteilenden, verständigen Beschäftigten aus.

Tipp: Ein Schritt zurück. Erinnern Sie sich an die Fragen von Schritt 2. Hatte die Sache keine herausragende Bedeutung, wird auch kein schwerwiegender Verstoß vorliegen bzw. ist das Vertrauen in die Amtsführung nicht erschüttert. Wurden aber Tatsachen aus dem persönlichen Bereich preisgegeben, wiegt der Verstoß schon schwerer – das Vertrauen in die Amtsführung kann zerrüttet sein.

Voraussetzung für einen Ausschluss ist aber auch ein schuldhaf­tes Verhalten Ihres Personalratskollegen. Er muss vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.

Sind Sie im Gremium der Ansicht, dass ein Ausschluss gerecht­ e fertigt ist, müssen Sie auch hierüber einen formellen Beschluss s fassen. Dann ist beim Verwaltungsgericht ein Ausschlussan­trag zu stellen. Der Ausschlussantrag kann auch von den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften, von 1/4 der Wahlbe­rechtigten oder vom Dienststellenleiter gestellt werden.

Schritt 5: Ausschlussverfahren einleiten

Den Ausschlussantrag müssen Sie in der Amtsperiode stellen, in der auch der Verstoß begangen wurde. Ergeht ein entspre­chender Beschluss vor Gericht, endet das Amt des Personal­ratskollegen mit der Rechtskraft des Beschlusses.

 

Wenn Ihre Dienststellenleitung auf Sie zukommt

Auch Ihre Dienststellenleitung kann den Verstoß gegen die ­ Schweigepflicht des Personalrats wahrnehmen und auf Sie zu­ kommen.

Entweder sie hält die Sache für nicht so dramatisch und spricht den Personalrat erst im Monats­ oder Vierteljahresgespräch an oder aber die Sache ist doch so dringend, dass Ihre Dienststel­lenleitung Ihren Vorsitzenden um ein Gespräch bittet.

Als Personalrat sollten Sie nun genau so vorgehen wie oben be­ schrieben. Stellen Sie fest, dass Ihre Dienststellenleitung recht hat, und sehen Sie den Verstoß Ihres Kollegen auch als schwer­wiegend an, stellt sich die Frage, wer weitere Konsequenzen trifft: Sie oder Ihre Dienststellenleitung?

Beide können Sie ja das Ausschlussverfahren betreiben. Eini­gen Sie sich mit Ihrer Dienststellenleitung, wer die Angelegen­heit weiter verfolgen soll. Wenn Sie schon einer Meinung sind, können Sie auch am selben Strang ziehen. Für das betroffene Personalratsmitglied ist es vielleicht psychologisch gesehen besser, wenn Ihre Dienststellenleitung den Antrag stellt.

Tipp: Erst reden, dann handeln. Bevor das Ausschlussverfahren eingeleitet wird, sollten Sie noch mal mit dem betroffenen Personalrat sprechen. Konfrontieren Sie ihn damit, dass auch das restliche Personalratsgremium einen Verstoß ge­gen die Schweigepflicht annimmt und seinen Ausschluss befürwortet. Vielleicht ist er einsichtig und tritt freiwillig von seinem Amt zurück. So könnten sich beide Seiten den Ärger der gerichtlichen Auseinandersetzung sparen.

 

Vorsicht bei Tätigkeitsberichten!

Als Personalrat haben Sie in der Personalversammlung einen Tätigkeitsbericht zu erstatten (§ 49 Bundespersonalvertre­tungsgesetz). Der Bericht muss einen vollständigen Überblick über Ihre Arbeit als Personalrat geben. Insbesondere auf die Be­teiligungsangelegenheiten ist ausführlich einzugehen. Beach­ten Sie dies immer und sagen Sie dies auch Ihren Kolleginnen und Kollegen im Personalrat.

Und damit wären wir schon beim Problem – denn durch die Be­richterstattung darf kein Rückschluss auf Einzelpersonen mög­lich sein. Achten Sie deshalb auf Folgendes:

  1. Je kleiner die Dienststelle ist, desto abstrakter und vorsichti­ger berichten Sie über personelle Einzelmaßnahmen.
  2. Es muss vermieden werden, dass trotz abstrakter Darstellung eines Sachverhalts jeder weiß, wer gemeint ist. Berichten Sie lapidar von 2 Versetzungen im Mai, sparen Sie sich Äußerun­gen zu den Abteilungen, dem Geschlecht der Versetzten etc.
  3. Stimmen Sie sich mit betroffenen Beschäftigten ab, wie ein Sachverhalt oder Problem im Tätigkeitsbericht dargestellt wird.
  4. Inhalte von Personalakten dürfen Sie nie darstellen.
  5. Im Tätigkeitsbericht dürfen Sie auch keine Aussagen zum personalratsinternen Willensbildungsprozess machen. Ge­gensätzliche Auffassungen einzelner Mitglieder dürfen Sie nicht darstellen – außer wenn diese Mitglieder das ausdrück­lich wünschen.
  6. Auch Angaben, die ein Beschäftigter dem Personalrat ver­traulich mitgeteilt hat, dürfen Sie im Tätigkeitsbericht nicht erwähnen.

Tipp: Checkliste hilft. Halten Sie diese Hinweise auch bei Publi­kationen des Personalrats ein! Dann kann in Sachen Schwei­gepflicht so gut wie nichts mehr schiefgehen!

 

Checkliste: Tätigkeitsbericht und Schweigepflicht

  • Wird so abstrakt und vorsichtig über personelle Einzelmaßnahmen berichtet, dass kein Rückschluss auf Personen möglich ist?
  • Wird neutral berichtet, also keine Äußerungen zu den Abteilungen oder dem Geschlecht des Betroffenen?
  • Erfolgte eine Abstimmung mit dem Beschäftigten, wie ein Sachverhalt oder Problem im Tätigkeitsbericht dargestellt wird?
  • Werden keine Inhalte von Personalakten dargestellt?
  • Werden keine Aussagen zum personalratsinternen Willensbildungsprozess gemacht? Gegensätzliche Auffassungen einzelner Mitglieder wurden von den Mitgliedern ausdrücklich gewünscht?
  • Werden Angaben, die ein Beschäftigter dem Personalrat vertraulich gemacht hat, nicht erwähnt?

Wenn Sie alle Fragen mit Ja beantworten können, sind Sie auf der sicheren Seite. Legen Sie sich die Checkliste beim nächsten Tätig­keitsbericht einfach daneben. Dann haben Sie alle eventuellen Stolpersteine und Fallen bei der Schweigepflicht der Personalräte vor Augen.

Tipp: Liste ins Intranet stellen. Stellen Sie diese Checkliste doch einfach in Ihr Personalrats­Intranet. Dann weiß jeder Ihrer Kolleginnen und Kollegen im Gremium, worauf es wirklich ankommt

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