09.10.2017

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Diese Rechte stehen Ihren Kollegen zu

Gesetzliche Vorgaben sind nur sinnvoll, wenn Verstöße dagegen auch geahndet werden können. Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind deshalb auch einige Rechte festgelegt, die benachteiligte Kolleginnen und Kollegen bzw. natürlich auch Sie in Ihrer Funktion als Arbeitnehmer bei Verstößen wahrnehmen können.

Beschwerderecht

Ihre Kollegen haben das Recht, sich zu beschweren, wenn sie sich durch Ihren Arbeitgeber, Vorgesetzte oder andere Kollegen benachteiligt fühlen (§ 13 AGG).

Achtung: Ihr Arbeitgeber ist deshalb verpflichtet, eine Beschwerdestelle einzurichten. Allerdings steht Ihnen als Schwerbehindertenvertretung diesbezüglich kein Mitbestimmungsrecht zu. Wenn Ihr Arbeitgeber schlau ist, holt er Sie aber ins Boot. Denn von einer Besetzung durch z. B. einen Personaler, ein Mitglied aus dem Betriebsrat und Sie profitiert auch er. Wenn Sie ein Gespräch zum Thema AGG planen, sprechen Sie ihn am besten gleich mal darauf an.

Wann und wo sich Kollegen beschweren können

Das Beschwerderecht beruht auf subjektiven Wahrnehmungen. Es reicht deshalb aus, dass sich einer Ihrer Kollegen benachteiligt fühlt. Seine Beschwerde kann er bei Ihrem Arbeitgeber, Ihrer Personalabteilung oder seinem direkten Chef vortragen. Er kann natürlich auch auf Sie als Schwerbehindertenvertretung oder Ihren Betriebsrat zurückgreifen. Im Rahmen der §§ 84, 85 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) kann Letzterer sogar der gesetzliche Adressat einer Beschwerde sein. Außerdem muss jeder Arbeitgeber eine Beschwerdestelle einrichten.

Tipp: Strategisch vorgehen

Sofern Sie es schaffen, Ihren Arbeitgeber davon zu überzeugen, die Beschwerdestelle mit einem Personaler und einem Ihrer Kollegen aus dem Betriebsratsgremium zu besetzen, sollten Sie Ihren Kollegen raten, sich bei der Beschwerdestelle zu beschweren. Besteht Ihr Arbeitgeber aber auf einer Besetzung der Beschwerdestelle allein durch Personen aus den eigenen Reihen, machen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass sie sich auch an Sie wenden können.

Was Ihr Arbeitgeber zu tun hat

Ihr Arbeitgeber bzw. die Beschwerdestelle und damit unter Umständen auch Sie müssen die Beschwerde dann prüfen und dem Betroffenen mitteilen, ob Sie sie für berechtigt halten oder nicht. Ihr Betriebsrat muss im Rahmen der §§ 84, 85 BetrVG prüfen, ob er eine Beschwerde für berechtigt hält, und Ihren Arbeitgeber ggf. auffordern, Abhilfe zu schaffen.

Unterlassungsanspruch

Ein benachteiligter Kollege kann nicht nur verlangen, dass die Diskriminierung beendet wird. Befürchtet er weitere Beeinträchtigungen, kann er auch auf Unterlassung beim Arbeitsgericht klagen (§ 21 Abs. 1 AGG).

Leistungsverweigerungsrecht

Ergreift Ihr Arbeitgeber keine oder ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Belästigung, kann ein benachteiligter Kollege seine Arbeit einstellen (§ 14 AGG). Und zwar ohne dass Ihr Arbeitgeber seinen Lohn kürzen darf. Das Leistungsverweigerungsrecht gilt aber nur für Belästigungen (auch sexuelle Belästigungen). Will einer Ihrer Kollegen seine Arbeit aus anderen Gründen verweigern, müssen die Voraussetzungen des § 273 Bürgerliches Gesetzbuch erfüllt sein.

Tipp: Nicht zu schnell die Arbeit verweigern!

Raten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit nicht vorschnell einzustellen. Beschwert sich ein Kollege über eine Anordnung, sollte er dieser auf jeden Fall zunächst immer nachkommen. Er kann sich nicht sicher sein, ob er ein Leistungsverweigerungsrecht hat. Insoweit gibt es auch keine Richtschnur, da es bisher an entsprechenden gerichtlichen Entscheidungen fehlt.

Kommt ein Kollege einer Pflicht nicht nach, setzt er sich der Gefahr aus, seine Leistung zu Unrecht zu verweigern. Das hat dann Folgen. Denn unterliegt ein Arbeitnehmer einer Fehleinschätzung, trägt er das Risiko dafür. Er verliert also für die Zeit der Leistungsverweigerung seinen Entgeltanspruch. Zudem riskiert er eine Abmahnung und sogar eine Kündigung.

Schadenersatzanspruch: Wann sich die Geltendmachung lohnt

Arbeitnehmer, die sich diskriminiert fühlen, können auch den Ersatz des ihnen entstandenen Schadens fordern (§ 15 Abs. 1 AGG). Ihr Arbeitgeber muss aber nur zahlen, wenn tatsächlich ein Schaden entstanden ist und er die zugrunde liegende Pflichtverletzung zu vertreten hat, also ein Verschulden vorliegt. Die Höhe der Ersatzansprüche ist nicht gesetzlich geregelt.

Amerikanische Verhältnisse sind zwar nicht zu erwarten. Die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs kann sich aber dennoch lohnen. In Einzelfällen sind Ansprüche von mehreren Monatsgehältern durchaus realistisch. Neben einem Schadenersatzanspruch könnte ein Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf eine Entschädigung haben. Das ist immer dann der Fall, wenn einem Arbeitnehmer nicht nur ein materieller Schaden entstanden ist, sondern er in seiner Ehre und Würde so verletzt wurde, dass Ihr Arbeitgeber dafür zahlen muss. Bei der Entschädigung handelt es sich also um einen Schmerzensgeldanspruch.

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