25.04.2016

Pflegezeit / Familienpflegezeit – Ankündigungsfristen

Sind die gesetzlichen Voraussetzungen alle erfüllt, können Mitarbeiter eine pflegebedingte Freistellung verlangen, ohne auf die Zustimmung ihres Arbeitgebers angewiesen zu sein. Damit der Rechtsanspruch greift, muss er aber angemeldet werden. Und dafür gelten unterschiedliche Anforderungen.

Welche das genau sind und was im Detail zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Artikel

Schriftform beachten!
Lediglich im Fall der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung (§ 2 Pflegezeitgesetz – PflegeZG), also im Akutpflegefall, reicht eine „unverzügliche“ formlose Mitteilung an den Dienstgeber. Mitarbeiter können in diesem Fall also auch eine SMS oder eine E-Mail schicken mit der Information, dass eine akute Pflegesituation eingetreten ist und um welchen pflegebedürftigen nahen Angehörigen es sich handelt. Im Fall der Pflege- und Familienpflegezeit ist die schriftliche Ankündigung vom Gesetz dagegen zwingend vorgeschrieben.

Pflegezeit: 10 Arbeitstage vor Beginn
Soll eine Pflegezeit in Anspruch genommen werden, hat der Mitarbeiter dies seinem Arbeitgeber schriftlich, und zwar spätestens 10 Arbeitstage vor deren gewünschtem Beginn, mitzuteilen (§ 3 Abs. 3 PflegeZG). Dabei kommt es auf den Eingang des Schreibens an.


Beispiel:

  • Geplanter Beginn der Pflegezeit: 1.12.2015
  • Eingang der schriftlichen Mitteilung (bei 5-Tage-Woche von Montag bis Freitag) spätestens am: 17.11.2015

Wird das Schreiben erst am 17.11. weggeschickt und geht am Folgetag beim Arbeitgeber ein, wäre dies verspätet!

Denken Sie daran, in Ihrem Schreiben die voraussichtliche Dauer und den gewünschten Umfang der Arbeitsfreistellung (vollständige Freistellung oder Arbeits-zeitreduzierung?) anzugeben. Legen Sie Ihrem Schreiben eine ärztliche Bescheinigung zur Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen bei.


Beachte:
Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat einer vollständigen Arbeitsfreistellung im Rahmen der Pflegezeit um 1/12 kürzen (vgl. § 4 Abs. 4 PflegeZG)!

Erweiterte Ankündigungsfrist beachten!
Die 10-Tage-Frist verlängert sich auf 8 Wochen, wenn Sie die Pflegezeit in unmittelbarem Anschluss an eine Familienpflegezeit nehmen wollen.

Beispiel:
Denken Sie daran, dass Pflegezeit und Familienpflegezeit gemeinsam die Gesamtdauer von 24 Monaten für eine pflegebedürftige Person nicht überschreiten dürfen!

Familienpflegezeit: 8 Wochen vor Beginn
Für die Anmeldung einer Familienpflegezeit gilt eine 8-Wochen- Frist (§2a Abs. 1 Familienpflegezeitgesetz – FpPfZG). Geben Sie hier unbedingt auch die gewünschte Neuverteilung der noch verbleibenden Arbeitszeit an, also an welchen Arbeitstagen Sie wie lange arbeiten wollen.

Vereinbarung mit dem Arbeitgeber schließen
Aus Gründen der Rechtssicherheit verlangt das Gesetz, dass Sie mit dem Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit treffen.

Beachte:
Grundsätzlich muss sich der Arbeitgeber hier nach Ihren Wünschen richten. Er kann aber geltend machen, dass diesen Wünschen dringende betriebliche Gründe entgegenstehen (vgl. § 2a Abs. 2 FPfZG). Die Rechtsprechung legt für das Merkmal „dringend“ hohe Maßstäbe an. Es genügt dafür also nicht schon jeder organisatorische Einwand des Arbeitgebers. Und er trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der von ihm vorgetragene Grund so gravierend ist, dass ihm der Vorrang einzuräumen ist.

Wollen Sie nach einer Pflegezeit in eine Familienpflegezeit wechseln, dann gilt eine erweiterte Ankündigungsfrist von 3 Monaten.

Verlängerung nur bei Zustimmung!
Für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen kann längstens 6 Monate Pflegezeit gewährt werden. Haben Sie z. B. nur 3 Monate in Anspruch genommen und wollen Sie die Dauer der Pflegezeit nachträglich verlängern, brauchen Sie dafür regelmäßig die Zustimmung Ihres Arbeitgebers. Eine Stückelung der Pflegezeit in mehrere getrennte Zeitabschnitte erkennt die Rechtsprechung nicht an (Bundesarbeitsgericht,

15.11.2011, Az. 9 AZR 348/10). Auch einer vorzeitigen Beendigung muss der Dienstgeber im Regelfall zustimmen. Das gilt aber z. B. nicht, wenn der Angehörige stirbt oder eine stationäre Aufnahme in ein Pflegeheim notwendig wird. Dann endet die Pflegezeit 4 Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände (§ 4 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG).

Sonderfall: Keine eindeutige Festlegung
Was, wenn ein Mitarbeiter die gesetzlichen Anforderungen für beide Freistellungen erfüllt und aus seiner Ankündigung nicht klar hervorgeht, ob er eine Pflegezeit oder eine Familienpflegezeit verlangt? Für diesen Fall legt das Gesetz fest, dass im Zweifel die Erklärung als Ankündigung einer Pflegezeit gilt (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 3 PflegeZG).

Beachte:
Legen Sie sich in Ihrem Antrag klar und deutlich fest, ob Sie Pflegezeit oder Familienpflegezeit beanspruchen.

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