09.04.2009

Abmahnung – welcher Vorgesetzter darf abmahnen?

Neulich erhielt ich wieder eine Leseranfrage: Die Arbeitnehmer machen Gruppenarbeit. Innerhalb der Gruppe gibt es zwar einen Sprecher, aber keinen Gruppenleiter. Nun hat der Gruppensprecher den Arbeitnehmer abgemahnt. Der Leser wollte wissen, ob dieses Verhalten seines Kollegen rechtmäßig war. 
Die Abmahnung unterscheidet sich von einer Ermahnung oder Verwarnung. Ermahnung und Verwarnung sind einfache Vertragsrügen. Es fehlt dabei an der Warnfunktion. Deshalb fehlt häufig der Satz: „Im Wiederholungsfall müssen Sie mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.“

Meistens werden Ermahnungen als Vorstufe zu einer Abmahnung genutzt und mündlich ausgesprochen. Abmahnungen haben also eine Hinweis- und eine Warnfunktion. Sie sind letztendlich wiederum die weitere Vorstufe für eine verhaltensbedingte ordentliche oder außerordentliche fristlose Kündigung.

Zur Abmahnung berechtigt sind auf der Seite des Arbeitgebers nicht nur diejenigen Personen, die auch eine Kündigung aussprechen könnten, sondern alle Personen, die dem abgemahnten Arbeitnehmer Weisungen erteilen können.

Weisungen und Abmahnungen kann aber nur ein Vorgesetzter erteilen. Deshalb ist in dem beschriebenen Fall die Abmahnung unwirksam. Der Gruppensprecher war kein Vorgesetzter.

Aber Vorsicht: Erfährt der Arbeitgeber von dem behaupteten Fehlverhalten, könnte er nun seinerseits abmahnen.

Es gibt keine enge zeitliche Begrenzung für die Erteilung einer Abmahnung.
So kommt es zum Beispiel nicht selten vor, dass der Arbeitgeber, nachdem er einen Kündigungsschutzprozess über eine verhaltensbedingte Kündigung geführt und verloren hat, nach Abschluss des Verfahrens die im Prozess streitige Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nachträglich abmahnt. Auch der Arbeitnehmer kann zum Beispiel länger zurückliegende Verzögerungen bei der Lohnzahlung noch zum Anlass für eine Abmahnung nehmen.

Lag aber kein Fehlverhalten vor, sollte sich der Arbeitnehmer das Verhalten seines Kollegen nicht bieten lassen. Er sollte den Arbeitgeber einschalten und vorschlagen, dass nunmehr der Kollege durch den Arbeitgeber abgemahnt wird.

Der Arbeitgeber wird es sich auch nicht bieten lassen, wenn ein „falscher“ Vorgesetzter eine Abmahnung ausspricht.

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