17.08.2009

5 Tipps, falls Sie eine fristlose (außerordentliche) Kündigung bekommen

1. Reagieren Sie auf eine Kündigung

Wenn Sie eine fristlose Kündigung bekommen, werden Sie in aller Regel reagieren müssen, d.h. gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht klagen. Denn eine fristlose Kündigung zieht in der Regel eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld nach sich. Und Ihre Chancen sind gut.

Oft wird im Kündigungsschutzprozess im Wege des Vergleichs aus einer fristlosen Kündigung eine fristgemäße betriebsbedingte Kündigung. Die Vorteile für Sie liegen auf der Hand:

  1. Sie erhalten auch während der Kündigungsfrist Gehalt.
  2. In der Regel gibt es keine Sperrfrist.
  3. Weder im Zeugnis noch im Lebenslauf erscheint ein unüblicher Beendigungstermin. Dieser bringt viele Personalverantwortliche schnell zu der Erkenntnis, dass eine fristlose Kündigung vorgelegen hat.

Sie müssen die Klage gegen die fristlose Kündigung innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht einreichen.

2. Prüfen Sie die allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen

Auch bei einer fristlosen Kündigung müssen die allgemeinen Anforderungen an Kündigungen erfüllt sein. Dazu gehören insbesondere das Schriftformerfordernis für Kündigungen (§ 623 BGB) und die Pflicht zur vorherigen Anhörung des Betriebsrates (§ 102 BetrVG).

3. Achten Sie auf die Frist

Ihr Arbeitgeber muss eine fristlose Kündigung innerhalb von 2 Wochen nach dem er von den Tatsachen erfahren hat, die seiner Ansicht nach die Kündigung rechtfertigen, aussprechen. Es reicht allerdings nicht, wenn er es grob fahrlässig versäumt hat, die Umstände zu kennen. Er muss sie wirklich kennen.

Nach Ablauf dieser in § 626 BGB vorgesehenen Frist, kann er seine fristlose Kündigung nicht mehr auf diesen Umstand stützen. Eine fristgemäße Kündigung ist allerdings evtl. möglich.
Tipp: Stellen Sie fest, wann Ihr Arbeitgeber Kenntnis in diesem Sinne bekommen hat und dokumentieren Sie das zu Beweiszwecken. Sichern Sie sich z.B. Zeugenaussagen.

4. Verlangen Sie eine Begründung

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, von sich aus im Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund anzugeben. Sie können (und sollten) ihn allerdings dazu auffordern und dann muss er Ihnen diesen Grund auch nennen. So können Sie herausbekommen, was ihr Chef in der Hand hat und wie groß Ihre Chancen sind, gegen die Kündigung vorzugehen.

Musterformulierung

Ich fordere Sie hiermit gem. § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB auf, mir unverzüglich den Grund mitzuteilen, auf den Sie die fristlose Kündigung vom … stützen.

5. Akzeptieren Sie nicht jeden Grund

Eine fristlose Kündigung ist nur möglich, wenn dem Arbeitgeber das Abwarten der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Hierbei geht es um eine sorgfältige Interessenabwägung. Entsprechende Gründe liegen nach Ansicht der Gerichte deut-lich seltener vor als nach Ansicht der Arbeitgeber. Damit haben Sie oftmals gute Chancen gegen eine fristlose Kündigung vorzugehen.

Hier einige Beispielfälle, in denen Gerichte einen Grund für eine fristlose Kündigung angenommen haben. Sie können diese zur Orientierung nutzen.

Beispielfälle für wichtige Gründe nach § 626 BGB
Situation Erläuterung / Beispiel
Verstoß gegen Alkoholverbot Der angestellte Fahrer wird schuldlos in einen Unfall verwickelt. Allerdings wird ihm ein Blutalkoholwert von 0,46 Promille nachgewiesen. Der Transport von Personen unter Alkoholeinfluss stellt eine massive Vertragsverletzung dar (BAG, Az. 2 AZR 649/94).

Achtung: Liegt eine Alkoholerkrankung vor, ist eine fristlose Kündigung nicht möglich.

Unberechtigte Anzeige Der Mitarbeiter zeigt den Arbeitgeber an, weil dieser angeblich gesetzwidrig gehandelt hat. Diese Anzeige beruht nachweislich auf unwahren oder leichtfertig falschen Angaben, um den Chef zu schädigen (BAG, Az. 2 AZR 60/56).
Bedrohungen des Arbeitgebers oder von Kollegen Ein Mitarbeiter bedroht den Arbeitgeber oder Kollegen verbal "Ich bringe dich um" oder "Ich mache dich fertig" oder er wird handgreiflich (LAG Düsseldorf, Az. 18 Sa 1390/97).
Eigenmächtige Urlaubsverlängerung Ein Arbeitnehmer fragt, ob er seinen Urlaub um eine Woche verlängern könne. Der Chef lehnt ab. Daraufhin verlängert der Mitarbeiter seinen Urlaub ohne Erlaubnis um eine Woche (LAG Köln, Az. 11 Sa 1479/00, 16.3.2001).
Geschäftsschädigendes Verhalten Ein Mitarbeiter beschuldigt seinen Arbeitgeber gegenüber einem wichtigen Geschäftspartner grundlos unsauberer Machenschaften (AG Frankfurt a. M., Az. 7 Ca 690/01, 8.8.2001).
Sexuelle Belästigung des Arbeitgebers oder von Kollegen Es müssen keine körperlichen Übergriffe sein, schon verbale sexuelle Belästigungen rechtfertigen die fristlose Kündigung (ArbG Lübeck, Az. 1 Ca 2479/00, 2.11.2000).
Missachtung des Wettbewerbsverbots Der angestellte Außendienstmitarbeiter verkauft privat Produkte eines Wettbewerbers an die Kunden des Unternehmens, bei dem er angestellt ist (LAG Schleswig-Holstein, Az. 5 Sa 299 b/02).
Straftaten zu Nachteil des Arbeitgebers Insbesondere Diebstahl und Unterschlagung sind hier die häufigsten Fälle. Achtung: Weder lange Betriebszugehörigkeit noch die Höhe des Schadens spielen in der Regel eine Rolle.

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