13.08.2009

Für Versehen haftet Ihr Arbeitgeber

Fehler können den talentiertesten Mitarbeitern unterlaufen. Das ist normal. Hierfür haftet Ihr Arbeitgeber. Allerdings gibt es Abstufungen, und die sollten Sie als Arbeitnehmer kennen.

Steht die betrieblich veranlasste Tätigkeit fest, sieht es für Sie in diesen Fällen folgendermaßen aus:

1. Leichteste Fahrlässigkeit: keine Haftung

Bei Schäden durch leichteste Fahrlässigkeit brauchen Sie als Mitarbeiter nicht zu haften. Ein Schadensersatz steht Ihrem Arbeitgeber nicht zu. Vielmehr muss er den Schaden selbst tragen.

Was bedeutet leichteste Fahrlässigkeit?

Diese liegt vor, wenn es sich um geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten handelt, die jedem Arbeitnehmer unterlaufen können: wenn Sie sich beispielsweise vergreifen, versprechen oder sonst wie vertun – klassische Versehen also.

2. Mittlere Fahrlässigkeit: Der Schaden wird geteilt

Entsteht der Schaden durch mittlere beziehungsweise normale Fahrlässigkeit, wird er grundsätzlich zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber anteilig aufgeteilt, im Rahmen des so genannten innerbetrieblichen Schadensausgleichs.

Was bedeutet mittlere beziehungsweise normale Fahrlässigkeit?

Mittlere beziehungsweise normale Fahrlässigkeit ist dann anzunehmen, wenn Sie ohne den Vorwurf besonderer Schwere die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen haben, § 276 Absatz 1 Satz 2 BGB. Die Nichtbeachtung der erforderlichen Sorgfalt darf daher weder besonders geringfügig noch besonders schwer wiegend gewesen sein.

Ob der Schaden aufgeteilt wird und in welchem Umfang jeder von Ihnen einen Anteil des Schadens zu tragen hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Entscheidend für die Haftungsquote sind

  • der Grad Ihres Verschuldens,
  • die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, (Das beinhaltet eine Abschätzung nach der Größe der Gefahr, der Häufigkeit und der Schwere dieser Tätigkeit sowie der Monotonie der Arbeitsleistung und sich daraus ergebende Unaufmerksamkeiten.)
  • die Höhe des entstandenen Schadens,
  • ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch eine Versicherung abdeckbares Risiko,
  • Ihre Position im Betrieb,
  • die Höhe Ihres Gehalts, aus der sich eine Risikoprämie entnehmen lässt und das Verhältnis der Höhe des Gehalts zum Schadensrisiko,
  • unter Umständen auch Ihre persönliche Situation, also die Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit, Ihr Lebensalter, Ihre Familienverhältnisse und Ihr bisheriges Verhalten im Betrieb (BAG, Urteil vom 16.02.1995, Aktenzeichen: 8 AZR 493/93; in: DB 1995, Seite 1179).

3. Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit: Sie haften voll

Haben Sie einen Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften Sie grundsätzlich voll für den Schaden.

Was ist eine vorsätzliche Pflichtverletzung?

Wenn Sie bewusst gegen arbeitsvertragliche und / oder gesetzliche Pflichten verstoßen und den Schaden zumindest bewusst in Kauf nehmen (BAG, Urteil vom 18.04.2002, Aktenzeichen: 8 AZR 348/01; in: DB 2002, Seite 2050), ist das eine vorsätzliche und fahrlässige Pflichtverletzung.
Ob Sie eine arbeitsvertragliche oder gesetzliche Pflichtverletzung begangen haben, richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen in Ihrem Arbeitsvertrag einschließlich der Zusatzvereinbarungen sowie etwaigen Arbeitsanweisungen.

Mögliche Verstöße

Zur so genannten Nichterfüllung oder die Schlechterfüllung der von Ihnen geschuldeten Arbeit gehören insbesondere:

  • Beschädigung von Arbeitsmaterial, Maschinen, Werkzeug, Fahrzeugen, Produktionsteilen und sonstigen Arbeitsmitteln,
  • fehlerhafte und / oder unbrauchbare Arbeitsergebnisse.

Zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gehören für Sie auch ohne ausdrückliche Vereinbarung oder Anweisung die folgenden:

  • Obhuts- und Bewahrungspflichten,
  • besondere Auskunftspflichten,
  • Überwachungspflichten,
  • Rechnungslegungspflichten und die Verpflichtung, die einschlägigen Gesetze, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten.

Und was bedeutet grob fahrlässig?

Grobe Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn Sie in besonders schwer wiegendem Maß die erforderliche Sorgfalt außer Acht lassen. Das ist etwa der Fall bei

  • Fahruntüchtigkeit infolge Alkoholgenusses,
  • Handybenutzung während der Autofahrt ohne Freisprechanlage,
  • mangelnder Fahrpraxis, wenn  das dem Arbeitgeber verschwiegen wurde,
  • Nichtbeachtung einer auf rot geschalteten Ampel,
  • Übermüdung,
  • unangemessener Geschwindigkeit,
  • einer Vorfahrtsverletzung.

Im Gegensatz zum Werkvertragsrecht – den bekommen in der Regel vor allem freie Mitarbeiter oder Unternehmer, also Selbstständige beispielsweise für ein umfangreicheres Projekt oder die längerfristige Abwicklung bestimmter Tätigkeiten – kennt das Arbeitsvertragsrecht keine Gewährleistungsvorschriften. Sie schulden Ihrem Arbeitgeber also Ihre Dienste, nicht aber einen konkreten Arbeitserfolg. Im Streitfall würden Richter wohl Ihre so genannte individuelle Normalleistung als Maßstab heranziehen, um zu entscheiden, ob Sie Ihre Pflicht erfüllt haben.

Haben Sie diese erbracht, also so gearbeitet, wie Sie das bei angemessenem Einsatz Ihrer individuellen Kräfte und Fähigkeiten konnten, haften Sie nicht für eine zu geringe oder schlechte Arbeitsleistung. Schadensersatzansprüche und / oder eine Kürzung des Arbeitsentgelts scheiden daher hier grundsätzlich aus (BAG, Urteil vom 11.12.2003, Aktenzeichen: 2 AZR 667/02).

Achtung: Folgeschäden können Sie trotzdem teuer zu stehen kommen
Das gilt allerdings nicht für so genannte Folgeschäden, etwa durch notwendige teure Nachlieferungen an einen Kunden oder hohe Ausschüsse. Diese kann Ihr Arbeitgeber Ihnen durchaus anlasten.

Außerdem hat er die Möglichkeit, Ihr Fehlverhalten, das den Schaden verursacht hat, zum Gegenstand einer Abmahnung zu machen. Wiederholt sich Ihr Fehlverhalten, kann er Ihnen damit kündigen.

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