19.08.2009

Ihr Kündigungsschutz als schwerbehinderter Arbeitnehmer

Als schwerbehinderter Arbeitnehmer genießen Sie einen besonderen Kündigungsschutz (§§ 85 ff. SGB IX).Sie müssen jedoch mindestens 6 Monate beschäftigt sein. Erst dann greift der besondere Kündigungsschutz.

Ihr Arbeitgeber muss sich Ihre Kündigung genehmigen lassen

Ihr Arbeitgeber benötigt für Ihre Kündigung die Zustimmung

  • des Betriebsrats,
  • falls vorhanden der Schwerbehindertenvertretung und zudem
  • des Integrationsamts.

Falls nicht:

Hört Ihr Arbeitgeber den Betriebsrat nicht an, wird die Kündigung unwirksam.
Hört er dagegen nur die Schwerbehindertenvertretung nicht zuvor an und den Betriebsrat schon, bleibt die Kündigung wirksam. Der Arbeitgeber muss die Einbindung der Schwerbehindertenvertreter aber innerhalb von sieben Tagen nachholen und möglicherweise getroffene Maßnahmen aussetzen.

Ohne das Integrationsamt geht nichts

Die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers setzt zudem die vorherige Zustimmung des Integrationsamts voraus (§ 85 SGB IX). Ihr Arbeitgeber darf eine Kündigung also erst aussprechen, wenn diese vorliegt.

Falls nicht:

Kündigt Ihr Arbeitgeber vorher, ist die Kündigung unwirksam. Sie kann auch nicht nachträglich durch das Integrationsamt genehmigt werden.
Erteilt das Integrationsamt Ihrem Arbeitgeber die gewünschte Zustimmung, dann hat er einen Monat Zeit, die Kündigung zu erklären. Verpasst er den Termin, muss er erneut die Zustimmung einholen.

Achtung: Die Zustimmung ist sowohl für die ordentliche als auch für die außerordentliche Kündigung notwendig. Im Unterschied zur ordentlichen Kündigung muss Ihr Arbeitgeber bei der fristlosen Kündigung aber innerhalb von zwei Wochen nach dem Ereignis handeln, das die Kündigung ausgelöst hat.

Wenn Sie mit der Zustimmung des Amts nicht einverstanden sind?

Sind Sie mit der Zustimmung des Integrationsamts zu Ihrer Kündigung nicht einverstanden, können Sie sich mit einem Widerspruch oder einer Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Zustimmung wehren.
Ein eventuell parallel anhängiger Kündigungsschutzprozess muss allerdings in der Zeit, in der das Verwaltungsgericht über die Anfechtung entscheidet, nicht ausgesetzt werden. Es ist Sache des Arbeitsgerichts zu entscheiden, ob es das Urteil des Verwaltungsgerichts abwartet oder nicht.

Wann greift der Kündigungsschutz?

Während der ersten sechs Monate unterstehen auch schwerbehinderte Arbeitnehmer keinem Kündigungsschutz.
Bei einer Kündigung in dieser Zeit ist die Zustimmung des Integrationsamts deshalb entbehrlich.

Voraussetzung, damit der besondere Kündigungsschutz greift

Auf Ihren besonderen Kündigungsschutz können Sie sich als Arbeitnehmer nicht immer berufen. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit Sie davon profitieren.

  • So muss Ihrem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft zum Zeitpunkt der Kündigung nicht bekannt gewesen sein – Haben Sie die Schwerbehinderung zuvor beantragt, steht diese jedoch noch nicht fest, gelten Besonderheiten.
  • Darüber hinaus profitiert ein Arbeitnehmer, der seinen Arbeitgeber über seine körperlichen Beeinträchtigungen informiert und über die beabsichtigte Antragstellung in Kenntnis gesetzt hat (BAG, 7. 3. 2002, Az. 2 AZR 612/00).
  • Unter Umständen kommt ein schwerbehinderter Arbeitnehmer aber auch in den Genuss des besonderen Kündigungsschutzes, wenn der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderteneigenschaft wusste. Und zwar, wenn
    • der schwerbehinderte Kollege spätestens zum Zeitpunkt der Kündigung einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Arbeitnehmer oder auf Gleichstellung gestellt hat und
    • das Integrationsamt hierüber im Nachhinein entschieden hat.

Beachten Sie: Der besondere Kündigungsschutz gilt auch für Gleichgestellte (§ 68 Abs. 3 SGB IX) und solche Arbeitnehmer, die vor Ausspruch der arbeitgeberseitigen Kündigung bei der Agentur für Arbeit einen Gleichstellungsantrag gestellt haben. Schwerbehinderten gleichgestellt sind Behinderte mit einem Behinderungsgrad von 30 bis 50 Prozent.

Voraussetzung für krankheitsbedingte Kündigung: Eingliederungsmanagement

Will Ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen, weil Sie innerhalb eines Jahres sechs Wochen oder mehr ununterbrochen krank waren, ist er verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement vorzunehmen (§ 84 Abs. 2 SGB IX).

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