28.04.2017

Krummer Rücken oder Tunnelblick? Nicht mit Ihnen!

Bei Fensterputzern beispielsweise, die wagemutig die Glasscheiben an Hochhäusern reinigen, denkt man sofort an den Arbeits­schutz. Doch auch Schreibtischtäter sind vor Gefahren am Arbeitsplatz und daraus resultierenden Erkrankungen nicht gefeit. Also denken Sie ab und an auch an Ihre Büroarbeiter!

 

 

Wo lauern Gefahren?

Achten Sie hier besonders auf die folgenden Punkte:

  • Falsche Sitzhaltung bringt Rückenschmerzen

Rückenschmerzen und Verspannungen sind das Leid der Büroarbeiter. Und vor allen Dingen: Sie sind ein häufiger Grund für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Mit Rückenschmerzen sitzt keiner gern.

  • Stress

Noch vor einigen Jahren wurde Stress nicht als krank machender Faktor im Arbeitsleben registriert. Mittlerweile hat sich das geändert. Wir leben in Zeiten des Burnouts.

  • (Unbekannte) Schadstoffquellen

Tonerstaub: Noch immer ist nicht geklärt, wie gefährlich er wirklich ist. Und selbst Möbel oder Teppiche entpuppen sich immer wieder als Schadstoffquelle – wenn sie giftige Substanzen ausgasen. Die Folgen sind Kopfschmerzen, Migräne und Allergien.

Wir alle müssen etwas tun, um Stress, Fehlhaltungen oder andere Krankmacher in unserem Berufsalltag zu vermeiden. Was Sie konkret unternehmen können, lesen Sie nachstehend:

Setzen Sie sich richtig hin!

Unsere Lehrer haben uns in der Schule immer wieder zum richtigen Sitzen ermahnt. Und sie hatten recht. Achten Sie auf Folgendes:

  • Füße auf den Boden

Die Sitzfläche hat die richtige Höhe, wenn die Fußsohlen beim Sitzen vollständig den Boden berühren und die Knie mindestens im 90°-Winkel gebeugt sind.

  • Keine Schlafhaltung

Die Rückenlehne soll in der Höhe so eingestellt werden, dass sie den Rücken besonders im Bereich der Beckenoberkante gut stützt. Die Sitztiefe muss so gewählt sein, dass die Lendenwirbel an der Rückenlehne anliegen, zwischen Sitzvorderkante und Kniekehle jedoch ein Abstand von mindestens 2 Fingerbreiten bestehen bleibt.

Armlehnen sind nur dann sinnvoll, wenn sie die Schultern unterstützen können. Dazu müssen die Lehnen so eingestellt sein, dass die Unterarme aufliegen und die Schultern locker herabhängen.

  • Wippen erwünscht!

Sitzen Sie auch nicht starr, sondern achten Sie darauf, dass der Bürostuhl eine federnde Rückenlehne hat. Die Feder der Rückenlehne ist richtig eingestellt, wenn man für die Bewegung nach hinten schon etwas Druck ausüben muss – nicht zu leicht, nicht zu fest.

  • „Hans, guck in die Luft“ vermeiden

Die Höhe Ihres Schreibtischs sollten Sie immer nach Ihrem Stuhl einstellen. Idealerweise liegen Ihre Hände und Unterarme beim Sitzen flach auf dem Tisch.

Die obere Kante bzw. oberste Lesezeile Ihres Bildschirms darf in keinem Fall oberhalb Ihrer Augenhöhe liegen – eher niedriger: Das optimale Blickfeld liegt in einem Winkel von 20 bis 50° nach unten. Müssen Sie beim Lesen den Kopf in den Nacken legen, starr nach unten gucken oder sich endlos strecken, dann justieren Sie Ihren Bildschirm nach.

Das geht oft auch ganz leicht. Ein Buch unter einen zu niedrigen Bildschirm legen kann jeder. Zudem kostet die Maßnahme nichts. Es reicht ja z. B. schon ein ausrangiertes Telefonbuch.

Der Abstand zu Ihrem Bildschirm muss mindestens 50 cm, bei 17-Zoll-Monitoren besser 60 cm, bei 21-Zoll-Monitoren sogar 80 cm betragen.

Ihr Arbeitsplatz und PC-Monitor sollten im 90°-Winkel zur Fensterfront positioniert sein. So treten am wenigsten Reize durch Blendungen und Lichtreflexe auf.

Tipp! Fotoshooting ist angesagt: Fotografieren Sie sich einfach mal gegenseitig bei Ihrer PC-Arbeit, am besten seitlich. Sie werden erschrecken, wie krumm und schief so manche Kollegin oder Kollege sitzt.

Sitzposition mit einfachen Mitteln verbessern

Um die Sitzposition zu verbessern, schwören viele Arbeitnehmer auf ein Keilkissen. Aber es gibt auch noch andere gängige Methoden. Welche das sind und wie sinnvoll diese sind, habe ich Ihnen hier zusammengestellt:

  • Keilkissen als Ergänzung zu gängigen Stühlen

Durch das Keilkissen wird die Sitzfläche zu einer schiefen Ebene. Das Becken neigt sich etwas nach vorne. Dadurch fällt es leichter, die gesamte Wirbelsäule aufrecht zu halten – zumindest für einen gewissen Zeitraum.

Zwar entsteht eine veränderte, aber ebenfalls statische Sitzposition. Das Kreuz bleibt starr. Auch in einer idealen aufrechten Position ist das starre Sitzen für den Rücken jedoch auf Dauer eine Belastung. Gewöhnlich sollte man Keilkissen nicht länger als eine halbe Stunde am Stück nutzen.

Wichtig: Alternativen kombinieren. Als Alternative zum Keilkissen gibt es kleine Gummikissen. Diese sind rund und mit Luft gefüllt. Der Vorteil dieser Kissen ist, dass sie kleine Bewegungen im Becken zulassen und sogar fördern. Dies wiederum entlastet die Wirbelsäule. Der Nachteil ist aber, dass man auf diesen Gummikissen schwitzt. Im Sommer sind sie keine gute Variante. Kombinieren Sie doch einfach Gummi- und Keilkissen.

  • Der Kniehocker


Derselbe Effekt wie beim Keilkissen wird durch den Kniehocker erzielt. Dabei liegen die Knie auf einer gepolsterten Stütze. Auch hierbei bleibt die Sitzposition statisch. Eine dauerhafte Nutzung ist also nicht empfehlenswert.

Nehmen Sie einfach Keilkissen und Kniehocker als Ergänzung. , Mal sitzen Sie ein bisschen mit dem Kissen, mal mit dem Kniehocker. Das ist sicher besser als ein ganz normaler Stuhl.

  • Sitzball als Stuhlersatz 


Beim federnden Sitzball wiederum ist eine starre Haltung gar nicht möglich. Der Rücken ist ständig gezwungen, den Körper in Balance zu halten. Das wiederum trainiert die Rückenmuskulatur und hält die Bandscheiben in Schwung.

Auch hierbei kommt es aber nach 20 bis 30 Minuten zu Ermüdungserscheinungen. Das Kreuz droht dann zu erschlaffen und der Oberkörper fällt in einer ungünstigen Position in sich zusammen. Außerdem muss der Sitzball in einer Schale fixiert sein, damit durch ein Wegrollen keine Unfälle passieren.

Was muss Ihr Dienstherr zahlen?

Die wohl wichtigste Frage für Sie und Ihre Kollegen ist, was Ihr Dienstherr von diesen Maßnahmen bezahlen muss. Leider gibt es hier kein Gesetz, in dem steht, dass er für 3 Stehpulte, 4 Sitzbälle etc. aufkommen muss. Das würde Ihnen und mir die Arbeit erleichtern.

Aber zum Glück sind wir ja nicht rechtlos gestellt, sondern können uns unsere Ansprüche quasi erarbeiten:

Nehmen wir die Computerbrille. Hier ist es so: Haben Sie ein Attest vom Amtsarzt oder vom Augenarzt, das bescheinigt, dass Sie eine Computerbrille benötigen, dann muss Ihr Dienstherr hierfür die Kosten tragen (§ 6 Abs. 2 Bildschirmarbeitsplatzverordnung). Er trägt die Kosten für die Grundausstattung inklusive Entspiegelung. Extras (2-fache Entspiegelung, Härtung etc.) 
gehen auf Arbeitnehmerkosten. 
Diesen Grundsatz würde ich übertragen: Beispielsweise haben Sie als anerkannter mit ärztlichem Attest Anspruch auf einen orthopädischen Bürostuhl oder andere Hilfsmittel am Arbeitsplatz. Die Kostenübernahme wird über die örtliche Fürsorgestelle erfolgen.

Gibt es keine Anerkennung, fällt die Entscheidung über die Beschaffung in das Ermessen des Dienstherrn. Zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht muss er im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung prüfen, welche Ausstattung oder Hilfsmittel für die Beschäftigten erforderlich sind. Rückengerechte Bürostühle etwa wird er meines Erachtens zahlen müssen – wenn Sie ein entsprechendes Attest haben.

Allerdings gilt es, hier immer maßzuhalten. Einen rückenge- rechten Stuhl muss Ihr Dienstherr zahlen, aber nicht den teuersten.


Tipp! Geiz ist nicht geil: Ihr Dienstherr sollte hier nicht zu geizig sein. Denn jede Gesundheitsmaßnahme macht sich für ihn bezahlt. Gesunde Mitarbeiter produzieren nämlich keine Entgeltfortzahlungskosten. Zudem: Seit einigen Jahren gibt es wirklich gute Outlets für Büromöbel – hier kann Ihr Dienstherr hochwertige Möbel zum kleinen Preis kaufen. Gutes muss nicht immer teuer sein!

Nutzen Sie den steuerfreien Bonus

Viele wissen nicht, dass es über § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz eine Steuerbefreiung gibt, die dem Gesundheitsschutz dient. Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung, die der Dienstherr zusätzlich zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbringt, sind von der Lohnsteuer und auch von Sozialversicherungsbeiträgen befreit, soweit sie den Betrag von 500 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Unter die Steuerbefreiung fallen insbesondere:

  • Maßnahmen zur Vorbeugung/Reduzierung arbeitsbedingter Belastungen
  • Gewährung einer gesundheitsgerechten betrieblichen Gemeinschaftsverpflegung (z. B. Salatbar in der Kantine)
  • Förderung individueller Kompetenzen der Stressbewältigung am Arbeitsplatz
  • Maßnahmen gegen Suchtmittelkonsum (Alkohol, Tabakwaren)

Auch Barzuschüsse des Dienstherrn an seine Mitarbeiter für extern durchgeführte Maßnahmen sind begünstigt (etwa Rückenschule bei der Krankenkasse). Die Übernahme oder die Bezuschussung von Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine und Fitnessstudios ist jedoch nicht steuerbefreit.

Tipp! Bewegung hält gesund: Wer sich aber nicht aufraffen kann, ins Fitnessstudio zu gehen, der tut sich eventuell in einer Dienstsportgruppe leichter. Einmal in der Woche gemeinsam kicken, das ist doch nicht schlecht und hält fit. Ganz nebenbei lernt man sich noch besser kennen und mögen und verbessert so das Arbeitsklima. Also überlegen Sie sich’s

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