06.04.2011

Lehrerin erstattet Strafanzeige – Jetzt darf sie wieder unterrichten!

Wie würden Sie sich in einem solchen Fall verhalten? Sie erfahren von einem Schüler, dass dieser Terroranschläge plant. Würden Sie in einem solchen Fall eine Strafanzeige stellen? Sicherlich. Aber wie ist es, wenn Sie von dem Schüler erfahren, dass er sich einer extremistischen Gruppe angeschlossen hat? Auch dann? Und was ist, wenn Sie es nicht genau beweisen können, Sie es aber nur vermuten? 
Kommen wir einmal zum Fall der Lehrerin, die einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Hannover eingelegt hat (Beschluss vom 04.03.2011, Az.: 2 B 583/11).

Der Fall: Eine erfahrene Lehrerin unterrichtete in Niedersachsen das Fach „Werte und Normen“. In einer Klausur hat ein türkischstämmiger Schüler verdächtige Äußerungen getätigt. Daraufhin entschloss sie sich, ihn bei der Polizei anzuzeigen. Er habe nach ihrer Ansicht Kontakt zu einer extremistischen-islamischen Gruppe.

Sie entschloss sich zu diesem Schritt, ohne mit der Schulleitung oder anderen Kollegen Kontakt aufzunehmen.

Dann kam es, wie es kommen musste: Die Ermittlungen gegen den Schüler verliefen erfolglos und wurden eingestellt. Aber auch ein Ermittlungsverfahren gegen die Lehrerin wegen des Verdachts der Verleumdung und ähnlicher Straftaten wurde eingestellt.

Das von der Schule eingeleitete Disziplinarverfahren wurde ebenfalls eingestellt und eine Strafe nicht verhängt.

Der Schulleiter versetzte dann die Lehrerin und sie musste in anderen Fächern unterrichten. Ihr fehle die charakterliche Eignung für den Unterricht in dem Fach „Werte und Normen“. Dieses habe sie insbesondere dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie ihr Fehlverhalten nicht genügend entschuldigt habe.

Dann riss der Lehrerin der Geduldsfaden und sie beantragte die einstweilige Anordnung, dass sie wieder im Fach „Werte und Normen“ einzusetzen ist.

Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag auch stattgegeben. Zwar sei die Kritik an der Lehrerin nachvollziehbar, eine Rechtfertigung, sie von dem Unterricht zu entbinden, liege jedoch nicht vor.

Die charakterliche Eignung liegt entweder vor oder sie liegt nicht vor. Wenn, dann muss sie für alle Fächer vorliegen und nicht nur für ein bestimmtes. Außerdem ist es nach den Verwaltungsrichtern sachwidrig, das Verhalten der Lehrerin auf diese Art und Weise zu sanktionieren, und disziplinarisch keine Maßnahme durchzusetzen. Insgesamt sei die gesamte Persönlichkeit der Lehrerin und ihr beruflicher Werdegang zu berücksichtigen und nicht nur dieser einzelne Vorfall.

Das Verwaltungsgericht hat allerdings eine Einschränkung gemacht: Damit der Schulbetrieb während des laufenden Jahres nicht völlig durcheinander gerät, hat die Lehrerin erst mit Beginn des nächsten Schuljahres einen Anspruch wieder das Fach „Werte und Normen“ zu unterrichten.

Wie denken Sie über diese Entscheidung? Hat das Verwaltungsgericht richtig gehandelt?

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