11.03.2016

Urlaubsabgeltungsanspruch und Ausschlussklausel

Einen sehr interessanten Fall hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf zu entscheiden (12.9.2014, Az. 10 Sa 1329/13). Es ging in erster Linie um die Frage, ob der Urlaubsabgeltungsanspruch verfallen kann.

Zur Erinnerung: Bei der Bezahlung müssen Sie im Urlaubsrecht 3 Begriffe unterscheiden:

  • Urlaubsentgelt – Das Urlaubsentgelt ist die „normale Bezahlung“ des Urlaubs, also letztendlich eine Entgeltfortzahlung.
  • Urlaubsgeld – Das Urlaubsgeld wird zusätzlich gezahlt. Zur Zahlung von Urlaubsgeld kann ein Dienstherr wiederum aufgrund von Regelungen im Arbeitsvertrag verpflichtet sein. Er kann ein Urlaubsgeld auch freiwillig zahlen. Die Jahressonderzahlung ist in § 20 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst geregelt, in dem das sogenannte Weihnachtsgeld sowie das Urlaubsgeld als Sonderzahlung in einem Auszahlungsbetrag zusammengefasst werden. Eine begriffliche Differenzierung wird nicht mehr vorgenommen.
  • Urlaubsabgeltung – Eine Urlaubsabgeltung wird gezahlt, wenn ein Kollege wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub mehr nehmen kann.
    Eine Arbeitnehmerin war in der Zeit vom 1.10.2011 bis einschließlich 31.3.2013 als Krankenschwester beschäftigt. Mit handschriftlich ergänztem Formularvertrag hatten Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin unter anderem Folgendes vereinbart:

 

 

§ 10 Vergütung – 
(1) Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung von monatlich 1.900 € brutto […].
 (2) Die Auszahlung des Gehaltes erfolgt im Nachhinein bis zum 15. des Folgemonats. […]

§ 18 Verfallklausel
 – Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit ihm in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für solche Ansprüche, die durch strafbare oder unerlaubte Handlungen entstanden sind.

Ab dem 5.11.2012 war die Krankenschwester bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.3.2013 und darüber hinaus durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Unstreitig standen ihr für das Jahr 2012 und anteilig für das Jahr 2013 jeweils noch 5 Urlaubstage zu, die sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht nehmen konnte. Eine Urlaubsabgeltung zahlte die Arbeitgeberin aber nicht. Mit ihrer am 28.6.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Arbeitgeberin am 4.7.2013 zugestellten Klage verlangte die Arbeitnehmerin die Zahlung und Abrechnung der Urlaubsabgeltung.

Die Arbeitgeberin lehnte das ab. Sie vertrat die Auffassung, dass der Anspruch der Arbeitnehmerin auf Zahlung der Urlaubsabgeltung verfallen sei. Eine erstmalige Geltendmachung sei erst mit Zugang der Klageschrift am 4.7.2013 erfolgt. Da die Urlaubsabgeltung aber mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, hier also am 31.3.2013, entstanden und fällig geworden sei, sei die arbeitsvertraglich vereinbarte Verfallfrist mit dem 30.6.2013 abgelaufen.

 

Arbeitnehmerin ist im Recht

Das LAG entschied:

  1. Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterfällt als reiner Geldanspruch einer arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussklausel.
  2. Dem steht auch nicht entgegen, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) von den Bestimmungen des BUrlG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Denn wie tarifliche Ausschlussfristen betrifft auch die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist nicht den Inhalt des Anspruchs, sondern regelt lediglich dessen Folgen.
  3. Die arbeitsvertragliche Klausel, dass „die Auszahlung des Gehalts im Nachhinein bis zum 15. des Folgemonats erfolgt“, ist regelmäßig dahin gehend auszulegen, dass eine umfassende Fälligkeitsregelung geschaffen werden sollte. Diese erfasst auch den Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Die Frist für die Geltendmachung der Urlaubsabgeltung begann damit erst am 15.4.2013. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsteht der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung des ihm nicht gewährten Urlaubs als reiner Geldanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird – soweit nicht eine Sonderregelung einen anderen Fälligkeitszeitpunkt bestimmt – auch zu diesem Zeitpunkt fällig. Bei Anwendung dieser Rechtsprechung begann die vereinbarte Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Urlaubs hier nicht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.3.2013, sondern erst am 15.4.2013. Denn die Parteien hatten eine entsprechende Sonderregelung getroffen.
  4. Die arbeitsvertraglich im Rahmen einer Ausschlussklausel vereinbarte Schriftform für die fristgebundene Geltendmachung von Ansprüchen kann auch durch eine Klage gewahrt werden.

Weitere Beiträge zu diesem Thema

 

23.10.2017
Die Pflicht Ihres Chefs zur Wiedereingliederung schützt Sie vor Kündigung

Seit Mai 2004 müssen Arbeitgeber Eingliederungsmaßnahmen ergreifen, wenn ein Mitarbeiter sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig ist – ununterbrochen oder auch mehrfach hintereinander. Verankert ist die Vorgabe im § 84 des... Mehr lesen

23.10.2017
Rechtsirrtümer des Arbeitsrechts – Teil 5

Irrtum: Bei Eigenkündigung gibt es immer eine Sperrfrist Heute und in den nächsten Tagen werde ich Ihnen die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Rechtsirrtümer im Arbeitsrecht vorstellen: Damit Sie die Fehler anderer... Mehr lesen