14.06.2011

Das sollten Sie zum Thema Zeugnis wissen

Das Arbeitszeugnis spielt seit jeher eine sehr wichtige Rolle bei der Bewerberauswahl. So gibt ein gutes Zeugnis häufig den Ausschlag dafür, dass ein Bewerber die Stelle bekommt. Alle Arbeitnehmer sind deshalb stets an einem guten Zeugnis oder auch Zwischenzeugnis interessiert. Insoweit sitzt der Arbeitgeber allerdings am längeren Hebel. Auseinandersetzungen um Arbeitszeugnisse zwischen einem Arbeitgeber und seinen Beschäftigten sind daher programmiert. Um Ihre Kollegen, die ein Zwischenzeugnis oder aber auch ein Abschlusszeugnis anfordern, in Streitfällen so gut wie möglich zu beraten und um Ihr Mitspracherecht bei Einstellungen optimal nutzen zu können, habe ich für Sie hier einmal zusammengestellt, welche Angaben in einem Zeugnis wie gemacht werden müssen und was welche Formulierungen bedeuten.

Vorab: Die Erteilung eines Zeugnisses ist grundsätzlich eine Angelegenheit, die Ihr Arbeitgeber mit dem jeweiligen Kollegen allein regelt. Sie als Betriebsrat haben insoweit kein Mitspracherecht. Dennoch haben Sie häufig mit Zeugnissen zu tun. Ist ein Arbeitnehmer unzufrieden mit einem Zeugnis, sind Sie als Betriebsrat die erste Anlaufstelle. Unzufriedene Kollegen werden sich an Sie mit der Bitte wenden, ihnen zu einem besseren Zeugnis zu verhelfen.Das können Sie zwar nicht unmittelbar tun. Denn Ihr Arbeitgeber hat hinsichtlich der Beurteilung einen Ermessenspielraum. Die entsprechende Beurteilung spiegelt also letztlich seine subjektive Sichtweise. Hat sich ein Arbeitgeber erst mal eine Meinung gebildet, wird es in der Regel schwer sein, ihn dazu zu bewegen, wieder von seiner Position abzurücken.

Sie sollten es sich aber zur Aufgabe machen, Ihre Kollegen in Streitfällen gut beraten zu können. Dazu müssen Sie prüfen können, ob Ihr Arbeitgeber die zahlreichen formalen und inhaltlichen Kriterien beim Erstellen des Zeugnisses beachtet hat. Denn nur, wenn Sie das beherrschen, können Sie Ihre Kollegen auf eventuelle Fehler hinweisen. Und die sind in der Praxis bei der Erstellung von Zeugnissen durchaus häufig gegeben.

Tipp: Nehmen Sie diese Aufgabe sehr ernst. Ein schlechtes Zeugnis kann einem Kollegen seine berufliche Zukunft sehr erschweren bzw. diese unter Umständen sogar beenden. Am besten stellen Sie sofort ein Merkblatt ins Intranet, aus dem Ihre Kollegen bereits vorab die wichtigsten Informationen entnehmen können.

Was die einzelnen Formulierungen bedeuten

Als Betriebsrat haben Sie zudem im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zur Einstellung (§ 99 Abs. 1 BetrVG) mit Zeugnissen zu tun. Denn Ihr Arbeitgeber muss Ihnen in diesem Rahmen alle Unterlagen zu den jeweiligen Kandidaten aushändigen, damit Sie sich selbst ein Bild machen können. Um allerdings gut über einen Bewerber urteilen zu können, müssen Sie die Zeugnisse richtig interpretieren können. Denn die Formulierungen in Zeugnissen bedeuten nicht immer das, was man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Beachten Sie: Um diese verdächtigen Formulierungen entdecken und interpretieren zu können, müssen Sie sie natürlich kennen. Hier hilft ein Check mit dem Zeugnis-Manager 2.0.

Tipp: Versuchen Sie zudem mit Ihrem Arbeitgeber zu vereinbaren, dass er Ihnen auch die Unterlagen der abgelehnten Bewerber aushändigt. Sie haben zwar keinen Anspruch. Allerdings können Sie natürlich am besten urteilen, wenn Sie sich einen groben Überblick über alle Bewerber verschaffen können.

Diese Zeugnisarten gibt es

Man unterscheidet einerseits zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis und andererseits zwischen einem Zeugnis bei Beschäftigungsende und einem Zwischenzeugnis. Ein einfaches Zeugnis muss mindestens Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Ein solches Zeugnis erhalten allerdings in der Regel nur Arbeitnehmer, die lediglich kurzzeitig im Betrieb beschäftigt waren.

Sobald ein Arbeitnehmer mehrere Monate bei Ihrem Arbeitgeber tätig war, kann er ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Inhalt dessen sind zudem Angaben über die Leistung und das  erhalten während des Arbeitsverhältnisses. Die Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses ist der Regelfall.

Beachten Sie:
Ist einer Ihrer Kollegen an einem qualifizierten Zeugnis interessiert, muss er dies ausdrücklich verlangen (§ 630 BGB, §109 Abs.1 Satz 3 GewO). Ihr Arbeitgeber muss erst auf den ausdrücklichen Wunsch hin tätig werden.

Wann der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis ausstellen muss, ist allerdings nicht eindeutig festgelegt. Denn ein solcher Anspruch ist nicht gesetzlich geregelt. Allerdings gibt es zahlreiche Tarifverträge, die Vorgaben zur Erteilung enthalten. Sind Sie tarifgebunden, prüfen Sie zunächst, ob Ihr Tarifvertrag eine solche Regelung enthält. Ist das nicht der Fall, können interessierte Kollegen ein Zwischenzeugnis verlangen, wenn ein triftiger Grund vorliegt. Das ist   beispielsweise bei beträchtlichen betrieblichen Veränderungen der Fall. Zudem eröffnen persönliche Veränderungen  des Arbeitnehmers einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis.

Worauf Sie als Betriebsrat besonders achten sollten

Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, das Zeugnis wohlwollend zu formulieren. Es muss aber natürlich auch wahrheitsgemäß sein. Folgende Umstände dürfen wegen der wohlwollenden Formulierungen deshalb nicht erwähnt werden:

  • Gründe, die Ihren Arbeitgeber veranlasst haben, eine Kündigung auszusprechen. Sogar eine gerechtfertigte fristlose Kündigung darf Ihr Arbeitgeber lediglich durch die Angabe des Beendigungszeitraums zum Ausdruck bringen.
  • der Verdienst des Kollegen
  • Behinderungen und Krankheiten; abgesehen von dem Fall, dass der ausgeübte Beruf auf Grund einer Krankheit nicht mehr ausgeübt werden kann.
  • krankheitsbedingte Fehlzeiten
  • Eine Gewerkschaftszugehörigkeit bzw. im Hinblick auf Sie: Auch Ihre Tätigkeit als Betriebsrat darf grundsätzlich nicht erwähnt werden. Lediglich, wenn Sie dies von Ihrem Arbeitgeber verlangen, ist er dazu berechtigt.
  • Auch der Verdacht einer strafbaren Handlung darf nicht ausdrücklich genannt werden.
  • Elternzeit: Die Elternzeit darf ausnahmsweise erwähnt werden, wenn sie einen so großen Bestandteil des Arbeitsverhältnisses ausmacht, dass ohne deren Erwähnung bei einem potenziellen neuen Arbeitgeber ein völlig falscher Eindruck entstehen würde.
Tipp: Enthält das Zeugnis eines Ihrer Kollegen auch nur einen der hier aufgezählten Punkte, raten Sie dem Betroffenen, umgehend Berichtigung zu verlangen.

Diese Formalien müssen Sie kennen

Die folgenden formalen Kriterien muss Ihr Arbeitgeber bei der Erstellung von Zeugnissen beachten:

In jedem Zeugnis müssen Angaben zum Aussteller, zum Ausstellungsort und Ausstellungszeitpunkt gemacht werden. Zudem muss ein Zeugnis vollständig sein. Das setzt voraus, dass das Zeugnis eine Einleitung mit den persönlichen Daten des Kollegen sowie eine Aufgabenbeschreibung enthält. Im Anschluss daran folgen im qualifizierten Zeugnis die Leistungsbeurteilung, Verhaltensbeurteilung sowie eine Schlussformulierung.

Wann Ihr Kollege ein Zeugnis spätestens verlangen muss

Der Anspruch auf ein Zeugnis kann verwirken. Das hat zur Folge, dass ein Zeugnisanspruch ersatzlos entfällt. Rührt sich ein Arbeitnehmer etwa ein Jahr gar nicht, kann der Anspruch verwirken.

Wenn ein Zeugnis fehlerhaft ist

Erfüllt ein Arbeitszeugnis nicht die notwendigen Anforderungen, weist es also formale oder inhaltliche Fehler auf (Beispiel: Es ist nicht wohlwollend geschrieben), kann Ihr Kollege eine entsprechende Änderung verlangen.

Da der Arbeitgeber aber bei der Erstellung eines Zeugnisses einen Ermessensspielraum hat, müssen an einer Berichtigung interessierte Kollegen den Berichtigungsanspruch gut begründen.

Sollte ein Kollege wegen eines fehlerhaften Zeugnisses erst viel später oder unter Umständen gar keine neue Stelle finden, kann der Kollege zudem versuchen, einen Schadensersatzanspruch gegen Ihren Arbeitgeber geltend zu machen. Weisen Sie Kollegen mit einem vergleichbaren Problem darauf hin.

Und wichtig: Sollte einmal ein Zeugnis aus Ihrer Sicht „verbesserungsbedürftig“ sein, zeugt die Erfahrung, dass es in diesem Fall vorteilhaft ist, dem Arbeitgeber gleich eine unterschriftsreife Alternative zu präsentieren. Muss er nicht selbst arbeiten, ist seine Zustimmung leichter zu erhalten.

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