Das Arbeitszeugnis spielt seit jeher eine sehr wichtige Rolle bei der Bewerberauswahl. So gibt ein gutes Zeugnis häufig den Ausschlag dafür, dass ein Bewerber die Stelle bekommt. Alle Arbeitnehmer sind deshalb stets an einem guten Zeugnis oder auch Zwischenzeugnis interessiert. Insoweit sitzt der Arbeitgeber allerdings am längeren Hebel. Auseinandersetzungen um Arbeitszeugnisse zwischen einem Arbeitgeber und seinen Beschäftigten sind daher programmiert. Um Ihre Kollegen, die ein Zwischenzeugnis oder aber auch ein Abschlusszeugnis anfordern, in Streitfällen so gut wie möglich zu beraten und um Ihr Mitspracherecht bei Einstellungen optimal nutzen zu können, habe ich für Sie hier einmal zusammengestellt, welche Angaben in einem Zeugnis wie gemacht werden müssen und was welche Formulierungen bedeuten.
Vorab: Die Erteilung eines Zeugnisses ist grundsätzlich eine Angelegenheit, die Ihr Arbeitgeber mit dem jeweiligen Kollegen allein regelt. Sie als Betriebsrat haben insoweit kein Mitspracherecht. Dennoch haben Sie häufig mit Zeugnissen zu tun. Ist ein Arbeitnehmer unzufrieden mit einem Zeugnis, sind Sie als Betriebsrat die erste Anlaufstelle. Unzufriedene Kollegen werden sich an Sie mit der Bitte wenden, ihnen zu einem besseren Zeugnis zu verhelfen.Das können Sie zwar nicht unmittelbar tun. Denn Ihr Arbeitgeber hat hinsichtlich der Beurteilung einen Ermessenspielraum. Die entsprechende Beurteilung spiegelt also letztlich seine subjektive Sichtweise. Hat sich ein Arbeitgeber erst mal eine Meinung gebildet, wird es in der Regel schwer sein, ihn dazu zu bewegen, wieder von seiner Position abzurücken.
Sie sollten es sich aber zur Aufgabe machen, Ihre Kollegen in Streitfällen gut beraten zu können. Dazu müssen Sie prüfen können, ob Ihr Arbeitgeber die zahlreichen formalen und inhaltlichen Kriterien beim Erstellen des Zeugnisses beachtet hat. Denn nur, wenn Sie das beherrschen, können Sie Ihre Kollegen auf eventuelle Fehler hinweisen. Und die sind in der Praxis bei der Erstellung von Zeugnissen durchaus häufig gegeben.
Als Betriebsrat haben Sie zudem im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zur Einstellung (§ 99 Abs. 1 BetrVG) mit Zeugnissen zu tun. Denn Ihr Arbeitgeber muss Ihnen in diesem Rahmen alle Unterlagen zu den jeweiligen Kandidaten aushändigen, damit Sie sich selbst ein Bild machen können. Um allerdings gut über einen Bewerber urteilen zu können, müssen Sie die Zeugnisse richtig interpretieren können. Denn die Formulierungen in Zeugnissen bedeuten nicht immer das, was man auf den ersten Blick vermuten könnte.
Beachten Sie: Um diese verdächtigen Formulierungen entdecken und interpretieren zu können, müssen Sie sie natürlich kennen. Hier hilft ein Check mit dem Zeugnis-Manager 2.0.
Man unterscheidet einerseits zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis und andererseits zwischen einem Zeugnis bei Beschäftigungsende und einem Zwischenzeugnis. Ein einfaches Zeugnis muss mindestens Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Ein solches Zeugnis erhalten allerdings in der Regel nur Arbeitnehmer, die lediglich kurzzeitig im Betrieb beschäftigt waren.
Sobald ein Arbeitnehmer mehrere Monate bei Ihrem Arbeitgeber tätig war, kann er ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Inhalt dessen sind zudem Angaben über die Leistung und das erhalten während des Arbeitsverhältnisses. Die Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses ist der Regelfall.
Beachten Sie: Ist einer Ihrer Kollegen an einem qualifizierten Zeugnis interessiert, muss er dies ausdrücklich verlangen (§ 630 BGB, §109 Abs.1 Satz 3 GewO). Ihr Arbeitgeber muss erst auf den ausdrücklichen Wunsch hin tätig werden.
Wann der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis ausstellen muss, ist allerdings nicht eindeutig festgelegt. Denn ein solcher Anspruch ist nicht gesetzlich geregelt. Allerdings gibt es zahlreiche Tarifverträge, die Vorgaben zur Erteilung enthalten. Sind Sie tarifgebunden, prüfen Sie zunächst, ob Ihr Tarifvertrag eine solche Regelung enthält. Ist das nicht der Fall, können interessierte Kollegen ein Zwischenzeugnis verlangen, wenn ein triftiger Grund vorliegt. Das ist beispielsweise bei beträchtlichen betrieblichen Veränderungen der Fall. Zudem eröffnen persönliche Veränderungen des Arbeitnehmers einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis.
Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, das Zeugnis wohlwollend zu formulieren. Es muss aber natürlich auch wahrheitsgemäß sein. Folgende Umstände dürfen wegen der wohlwollenden Formulierungen deshalb nicht erwähnt werden:
Die folgenden formalen Kriterien muss Ihr Arbeitgeber bei der Erstellung von Zeugnissen beachten:
In jedem Zeugnis müssen Angaben zum Aussteller, zum Ausstellungsort und Ausstellungszeitpunkt gemacht werden. Zudem muss ein Zeugnis vollständig sein. Das setzt voraus, dass das Zeugnis eine Einleitung mit den persönlichen Daten des Kollegen sowie eine Aufgabenbeschreibung enthält. Im Anschluss daran folgen im qualifizierten Zeugnis die Leistungsbeurteilung, Verhaltensbeurteilung sowie eine Schlussformulierung.
Der Anspruch auf ein Zeugnis kann verwirken. Das hat zur Folge, dass ein Zeugnisanspruch ersatzlos entfällt. Rührt sich ein Arbeitnehmer etwa ein Jahr gar nicht, kann der Anspruch verwirken.
Erfüllt ein Arbeitszeugnis nicht die notwendigen Anforderungen, weist es also formale oder inhaltliche Fehler auf (Beispiel: Es ist nicht wohlwollend geschrieben), kann Ihr Kollege eine entsprechende Änderung verlangen.
Da der Arbeitgeber aber bei der Erstellung eines Zeugnisses einen Ermessensspielraum hat, müssen an einer Berichtigung interessierte Kollegen den Berichtigungsanspruch gut begründen.
Sollte ein Kollege wegen eines fehlerhaften Zeugnisses erst viel später oder unter Umständen gar keine neue Stelle finden, kann der Kollege zudem versuchen, einen Schadensersatzanspruch gegen Ihren Arbeitgeber geltend zu machen. Weisen Sie Kollegen mit einem vergleichbaren Problem darauf hin.
Und wichtig: Sollte einmal ein Zeugnis aus Ihrer Sicht „verbesserungsbedürftig“ sein, zeugt die Erfahrung, dass es in diesem Fall vorteilhaft ist, dem Arbeitgeber gleich eine unterschriftsreife Alternative zu präsentieren. Muss er nicht selbst arbeiten, ist seine Zustimmung leichter zu erhalten.