Mit dieser Frage setzte sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem kürzlich veröffentlichten Urteil auseinander (30.9.2008, Az. 2 TaBV 25/08). Die Richter legten § 74 Abs. 2 Satz 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dabei zu Ihren Gunsten aus. In dem Fall ging es um einen mehrjährigen Konflikt zwischen einem Arbeitgeber und seinem Betriebsrat. Der Arbeitgeber gehörte zu einem amerikanischen Mutterkonzern. Dieser stellte Rüstungsgüter her. Diese kamen unter anderem im Irak-Krieg zum Einsatz.
Im Jahr 2003 veröffentlichte der Betriebsrat einen Aufruf. Mit diesem forderte er die Mitarbeiter auf, eine Aktion des Europäischen Betriebsrats gegen den Irak-Krieg zu unterstützen. Zudem nahm der Betriebsrat im Oktober 2007 betriebsöffentlich Stellung zu einem regionalen Volksentscheid. In seiner Stellungnahme bewertete er die Haltung des CDU-Politikers zu diesem Thema sehr negativ.
Der Arbeitgeber war der Meinung, der Betriebsrat habe durch diese Aktivitäten gegen das Gesetz des Verbots parteipolitischer Aktivitäten verstoßen (§ 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Er verlangte deshalb vom Betriebsrat eine Unterlassungserklärung. Als dieser sich weigerte, leitete er ein Verfahren beim Arbeitsgericht ein. Damit hatte er jedoch nur teilweise Erfolg.
Das Arbeitsgericht stellte in seinem Urteil klar, der Arbeitgeber könne nicht vom Betriebsrat verlangen, dass dieser Äußerungen zu Themen wie dem Irak-Krieg unterlasse. Die Richter entschieden allerdings auch, dass der Betriebsrat die Mitarbeiter während der Arbeitszeit nicht dazu aufrufen dürfe, an einem Volksentscheid teilzunehmen.
Maßgeblich für die Entscheidung war eine Auslegung des § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Danach müssen Arbeitgeber und Betriebsrat grundsätzlich parteipolitische Betätigungen unterlassen. Darunter sei jede Betätigung für oder gegen eine Partei im Sinne des Grundgesetzes (GG) (§ 21 GG i.V. m. § 2 Abs. 1 Parteigesetz) zu verstehen. Die Richter wiesen zudem darauf hin, dass auch das Eintreten für oder gegen eine bestimmte politische Richtung verboten sei.
Aber: Die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer, umweltpolitischer und wirtschaftlicher Art sei vom Verbot der parteipolitischen Betätigung ausnahmsweise ausgenommen. Und zwar, wenn sie die Mitarbeiter unmittelbar betreffe.
Danach handelt es sich bei den Äußerungen des Betriebsrats zum Irak-Krieg nicht um eine parteipolitische Betätigung i. S. d. § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Die Äußerung habe die Mitarbeiter unmittelbar betroffen. Denn der Betriebsrat hatte einen konkreten Bezug zu den betrieblichen Belangen hergestellt.
Beim Aufruf des Betriebsrats zur Beteiligung an dem Volksentscheid handele es sich hingegen um eine unzulässige parteipolitische Aktivität.