In „Die Tageszeitung“, kurz „taz“, bin ich über einen interessanten Artikel gestolpert. Dort will nämlich ein Leser wissen:
„Ich arbeite seit ein paar Monaten als IT-Berater in einem mittelständischen Unternehmen. Zur Zeit haben wir besonders viel zu tun und Überstunden sind die Regel. Nun habe ich erfahren, dass es dafür weder Freizeitausgleich noch Überstundenvergütung gibt. In meinem Arbeitsvertrag heißt es dazu, dass Überstunden ohne Extra-Vergütung zu leisten sind.“
Die Frage lässt sich weder mit einem klarem Ja noch Nein beantworten. Es kommt auf die Differenzierungen an. Grundsätzlich kann der Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer pauschal zur Leistung von Überstunden im Bedarfsfall oder auf Anordnung des Arbeitgebers verpflichten: Die Voraussetzungen sind dann in jedem Einzelfall zu prüfen.
In Betrieben mit Betriebsrat hat der Betriebsrat dabei mitzubestimmen. Ist im Vertrag – oder in einem anwendbaren Tarifvertrag – nichts Weiteres geregelt, sind diese Überstunden nicht mit der normalen Vergütung abgegolten, sondern gesondert zu bezahlen. Doch ein Arbeitgeber ist nicht unter allen Umständen verpflichtet, Überstunden zu bezahlen. Denn auch arbeitsvertragliche Klauseln, nach denen Überstunden Pflicht sind, aber nicht gesondert vergütet werden, sind durchaus zulässig.
Enthält der Arbeitsvertrag eine Klausel, nach der Überstunden mit dem normalen Gehalt abgegolten sind, besteht kein zusätzlicher Vergütungsanspruch. Ähnliches gilt, wenn laut Vertrag Überstunden in Freizeit ausgeglichen werden sollen. Dann kann aber ein „Abbummeln“ gefordert werden.
Allerdings vereinbaren rechtlich unerfahrene Arbeitgeber gerne: „Alle Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“. Eine solche Regelung ist komplett unwirksam. Denn sie erfassen auch Situationen, in denen ein Arbeitnehmer regelmäßig eine erhebliche Zahl von Überstunden leisten muss und mit der pauschalen Abgeltung faktisch sein normaler Stundenlohn erheblich herabgesetzt wird.
Klauseln zur Überstundenabgeltung sind daher nur bis zu einer Höchstgrenze an Überstunden und nur dann zulässig sind, wenn diese in der Klausel selbst erkennbar ist, indem etwa die Klausel selbst festlegt, dass doch zusätzliche Vergütung ab einer bestimmten Zahl wöchentlicher oder monatlicher Überstunden gezahlt wird. 10 bis (maximal 20) Stunden wären dann wohl vertretbar.
Überstunden sind alle Arbeitsstunden, die Sie und Ihre Kollegen über ihre „reguläre“, also einzelvertraglich, tarifvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung festgelegte Arbeitszeit hinaus erbringen. Auch der Bereitschaftsdienst zählt zur Arbeitszeit.
Gerade in Zeiten eines Aufschwungs kommt zu einem Anstieg der Überstunden in Ihrem Unternehmen. Zuvor ist Personal abgebaut worden. Das ist unter Umständen ein Zeichen, dass zu viel Personal entlassen wurde. Eine solche Unternehmenspolitik sollten Sie als Betriebsrat mithilfe Ihres Mitbestimmungsrechts bei Überstunden nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) versuchen abzuwehren. Ziel sollte es sein, Überstunden durch Neueinstellungen zu ersetzen.
Auf jeden Fall aber sollten Sie Ihre Zustimmung zu Überstunden von Gegenforderungen zur Verbesserung der Lage der Arbeitnehmer abhängig machen.
Achtung: Um Rechtssicherheit zu gewinnen, vereinbaren viele Arbeitgeber mit den Beschäftigten eine Regelung, nach der sich die Arbeitnehmer bereit erklären, im Bedarfsfall Überstunden zu leisten. Das macht die Anordnung für den Arbeitgeber leichter. Für Sie als Betriebsrat macht es die Sache aber komplizierter. Denn beliebig viele Überstunden darf Ihr Arbeitgeber auch nach der Vereinbarung einer solchen Regel nicht anordnen. Er muss bei der Anordnung vielmehr die gegenläufigen Interessen Ihres Kollegen prüfen und so weit wie möglich berücksichtigen.
Achtung: Ihr Mitbestimmungsrecht erstreckt sich dabei darauf,
werden dürfen.
Ihr Mitbestimmungsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mehrarbeit von den betroffenen Beschäftigten freiwillig geleistet wird. Sogar vom Arbeitgeber nicht ausdrücklich angeordnete, sondern lediglich geduldete Überstunden unterliegen Ihrer Mitbestimmung.
Verweigern Sie die Zustimmung und hält Ihr Arbeitgeber an seiner Absicht fest, muss er die Einigungsstelle anrufen. Diese entscheidet dann verbindlich über den Fall. Keinesfalls – auch nicht in Eilfällen – darf Ihr Arbeitgeber die Überstunden einseitig ohne Ihre Zustimmung oder eine zustimmungersetzende Entscheidung der Einigungsstelle anordnen oder dulden.
Nutzen Sie Ihr Mitbestimmungsrecht konsequent. Denn dadurch können Sie einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Überstunden so gering wie möglich gehalten werden und möglichst durch Neueinstellungen ersetzt werden. Am besten vereinbaren Sie – sofern das nicht aufgrund eines Tarifvertrags ausgeschlossen ist –die entsprechenden Modalitäten in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung.
Überstunden müssen grundsätzlich extra vergütet werden. Bei tarifgebundenen Unternehmen ist das meist einfach. Denn fast immer regelt der Tarifvertrag, wie die Mehrarbeit vergütet werden muss. Nichttarifgebundene Arbeitgeber müssen für eine Überstunde mindestens den normalen Bruttostundenverdienst zahlen. Ein zusätzlicher Überstundenzuschlag fällt aber nur dann an, wenn
Branchenübliche Zuschläge variieren zwischen 25 und 100% des Bruttostundenverdienstes abhängig davon, ob die Überstunden werktags, am Wochenende oder nachts geleistet wurden.
Was Sie bei einer pauschalen Überstundenvergütung beachten sollten
Grundsätzlich kann Ihr Arbeitgeber Überstunden auch durch eine etwas höhere Vergütung pauschal abdecken. In der Regel hält er dann im Vertrag fest: „Etwaige Überstunden sind durch das gezahlte Bruttogehalt abgegolten.“ Bei einer solchen Formulierung sollten Sie als Betriebsrat aufmerksam werden. Denn überschreitet ein Mitarbeiter die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche, müssen die darüber hinausgehenden Stunden gesondert vergütet werden (BAG, 28.9.2005, Az. 5 AZR 52/05).
Außerdem: Am besten schließen Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zum Thema Überstunden ab. Dadurch schaffen Sie Rechtsklarheit für Ihre Kollegen.