Stellen Sie sich folgende Situation einmal vor: Es kommt zu einem Anstieg der Überstunden in Ihrem Unternehmen. Zuvor ist Personal abgebaut worden. Das ist unter Umständen ein Zeichen, dass zu viel Personal entlassen wurde. Eine solche Unternehmenspolitik sollten Sie als Betriebsrat mithilfe Ihres Mitbestimmungsrechts bei Überstunden nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) versuchen abzuwehren. Ziel sollte es sein, Überstunden durch Neueinstellungen zu ersetzen.
Auf jeden Fall aber sollten Sie Ihre Zustimmung zu Überstunden von Gegenforderungen zur Verbesserung der Lage der Arbeitnehmer abhängig machen.
Überstunden sind alle Arbeitsstunden, die Sie und Ihre Kollegen über ihre „reguläre“, also einzelvertraglich, tarifvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung festgelegte Arbeitszeit hinaus erbringen. (Übrigens: Auch der Bereitschaftsdienst zählt zur Arbeitszeit.)
Arbeitnehmer sind nur verpflichtet, Überstunden zu leisten, wenn
Achtung: Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind schwerbehinderte Arbeitnehmer auf ihr Verlangen hin von Bereitschaftsdiensten freizustellen (21.11.2006, Az. 9 AZR 176/06). Denn schwerbehinderte Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Mehrarbeit zu leisten.
Um Rechtssicherheit zu gewinnen, vereinbaren viele Arbeitgeber mit den Beschäftigten eine Regelung, nach der sich die Arbeitnehmer bereit erklären, im Bedarfsfall Überstunden zu leisten. Das macht die Anordnung für den Arbeitgeber leichter. Für Sie als Betriebsrat macht es die Sache aber komplizierter. Denn beliebig viele Überstunden darf Ihr Arbeitgeber auch nach der Vereinbarung einer solchen Regel nicht anordnen. Er muss bei der Anordnung vielmehr die gegenläufigen Interessen Ihres Kollegen prüfen und so weit wie möglich berücksichtigen.
Bei der Anordnung der Überstunden kommt es auf 2 Punkte an:
Auch die Anordnung von zusätzlicher Arbeit für Teilzeitbeschäftigte ist eine Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit und unterliegt daher der Mitbestimmung des Betriebsrats. Ihr Mitbestimmungsrecht erstreckt sich dabei darauf,
Achtung: Ihr Mitbestimmungsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mehrarbeit von den betroffenen Beschäftigten freiwillig geleistet wird. Sogar vom Arbeitgeber nicht ausdrücklich angeordnete, sondern lediglich geduldete Überstunden unterliegen Ihrer Mitbestimmung.
Verweigern Sie die Zustimmung und hält Ihr Arbeitgeber an seiner Absicht fest, muss er die Einigungsstelle anrufen. Diese entscheidet dann verbindlich über den Fall. Keinesfalls – auch nicht in Eilfällen – darf Ihr Arbeitgeber die Überstunden einseitig ohne Ihre Zustimmung oder eine zustimmungersetzende Entscheidung der Einigungsstelle anordnen oder dulden.
Überstunden müssen grundsätzlich extra vergütet werden. Bei tarifgebundenen Unternehmen ist das meist einfach. Denn fast immer regelt der Tarifvertrag, wie die Mehrarbeit vergütet werden muss. Nichttarifgebundene Arbeitgeber müssen für eine Überstunden mindestens den normalen Bruttostundenverdienst zahlen. Ein zusätzlicher Überstundenzuschlag fällt aber nur dann an, wenn
Branchenübliche Zuschläge variieren zwischen 25 und 100% des Bruttostundenverdienstes – abhängig davon, ob die Überstunden werktags, am Wochenende oder nachts geleistet wurden.
Was Sie bei einer pauschalen Überstundenvergütung beachten sollten
Grundsätzlich kann Ihr Arbeitgeber Überstunden auch durch eine etwas höhere Vergütung pauschal abdecken. In der Regel hält er dann im Vertrag fest: „Etwaige Überstunden sind durch das gezahlte Bruttogehalt abgegolten.“ Bei einer solchen Formulierung sollten Sie als Betriebsrat aufmerksam werden. Denn überschreitet ein Mitarbeiter die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche, müssen die darüber hinausgehenden Stunden gesondert vergütet werden (BAG, 28.9.2005, Az. 5 AZR 52/05).