14.07.2011

Ohne diese Betriebsvereinbarung geht es 2011 nicht. Unbedingt beachten!

„Unser Arbeitgeber setzt bei der Arbeitssicherheit den Rotstift an, was können wir als Betriebsrat tun?“. Mit dieser Frage wurde ich kürzlich als Herausgeber des Praxishandbuchs Betriebsrat informiert. Ich habe mich über dieses Thema ausführlich mit der Anwältin Maria Markatou unterhalten, die seit einigen Jahren zu DER Expertin in Sachen Arbeitsschutz und Mitbestimmung avanciert ist.

„Das Problem ist mir bekannt“, erzählte sie mir. „In der nun zurückliegenden Wirtschaftskrise haben zahlreiche Unternehmen den Rotstift angesetzt – auch beim Arbeitsschutz. Leider denken sie jetzt nicht im Geringsten daran, etwas zu ändern.“

Doch zum Glück sind Sie als Betriebsrat in dieser Situation alles andere als machtlos!

Als Betriebsrat haben Sie beim Gesundheitsschutz und der Beurteilung gefährdeter Arbeitsplätze ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) schon vor längerer Zeit festgestellt (Az: 1 ABR 4/03 und 1 ABR 13/03). Das BAG wurde sogar noch konkreter:

Arbeitgeber und Betriebsrat müssen eine Betriebsvereinbarung schließen. Diese Betriebsvereinbarung kann auch ein detailliertes Konzept enthalten, auch zur Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz. Doch vorher gilt:

Machen Sie eine Analyse

Bevor Sie eine konkrete Betriebsvereinbarung schließen, müssen Sie eine Analyse der derzeitigen Situation machen. Nur so können Sie feststellen, wo Sie ansetzen müssen.

  • Machen Sie eine Fehlzeitenstatistik. In dieser notieren Sie, welche krankheitsbedingten Ausfälle es in den einzelnen Abteilungen gab.
  • Dann notieren Sie, wie lange die Mitarbeiter erkrankt waren und ob sich ein Zusammenhang zur Tätigkeit feststellen lässt.
  • Gab es sogar Arbeitsunfälle?

So können Sie feststellen, ob es in einzelnen Abteilungen gehäuft zu Erkrankungen kommt bzw. ob sich sogar parallele Krankheitsbilder abzeichnen (etwa auffällig viele Mitarbeiter mit Arthrose…).

Das Ganze hat aber noch einen anderen positiven Nebeneffekt:

Sehen Vorgesetzte mal schwarz auf weiß, dass es gerade in einer Abteilung immer wieder zu den gleichen Krankheitsverläufen kommt, wächst vielleicht das Bewusstsein für Ursachen und den Umgang mit den betroffenen Beschäftigten.

Mitarbeiterbefragung gibt weiteren Aufschluss

Keinesfalls sollten Sie aber auf eine Befragung Ihrer Kollegen verzichten. Diese stehen Tag für Tag am Arbeitsplatz und wissen, ob es dort zieht, ob sie zu lange über Kopf arbeiten müssen, ob der Zeitplan kaum einzuhalten ist … Bei der Mitarbeiterbefragung haben Sie zudem die Chance zu erfahren, ob es im sozialen Bereich am Arbeitsplatz hapert.  Anfeindungen von Kollegen, der dumme Spruch vom Chef – all das baut Stress auf, der auch krank machen kann.

Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze

Daneben ist eine Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze nach § 5 ArbSchG unverzichtbar. Damit werden die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefahren ermittelt.

Eine Gefährdung kann sich ergeben durch:

  • die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
  • physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
  • die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
  • die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
  • unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten.
  • Achten Sie insbesondere auf die Untersuchung dieser Punkte!

Als Betriebsrat können Sie ein starker Motor bei der Durchsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen sein. Für die Belegschaft bringt so eine Betriebsvereinbarung in jedem Fall eine Verbesserung und Ihnen damit die Stimmen der Belegschaft.

Gefährdungsbeurteilung nicht ohne Ihre Mitbestimmung

Nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) soll die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit gewährleistet und verbessert werden. Durch Arbeitsschutz werden nicht nur Unfälle verhütet, sondern auch arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren vermieden.

Erfolgreiche Arbeitsschutzmaßnahmen tragen dazu bei, die Leistungsfähigkeit, aber auch die Leistungsbereitschaft der Beschäftigten zu erhalten. Arbeitsschutz aktiv mitzugestalten ist also einer Ihrer wichtigsten Aufgaben als Betriebsrat. Um die Sicherheit und den Arbeitsschutz zu verbessern, muss aber zunächst festgestellt werden wo Gefährdungen sind bzw. Sicherheitsmängel liegen. Dies kann nur durch eine, Gefährdungsbeurteilung geschehen. Und Sie haben hier ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Hier ist die Verhütung von Arbeitsunfällen geregelt.

Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz

Nach dem Arbeitsschutzgesetz ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet zu beurteilen, welchen Gefährdungen und Belastungen seine Mitarbeiter ausgesetzt sind und welche Arbeitsschutzmaßnahmen ergriffen werden müssen.

Doch das ist noch nicht alles. Er ist auch verpflichtet die Maßnahmen des Arbeitsschutzes auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und bei Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung schriftlich zu dokumentieren.

Hinweis: Die Gefährdungsbeurteilung, also eine Überprüfung und Dokumentation möglicher Gefahrenquellen, dürfen Sie überprüfen und einfordern und durchleuchten! Also zieren Sie sich bei Mängeln nicht!

Bei der Gefährdungsbeurteilung sind Gefahren und Belastungen für jeden einzelnen Arbeitsplatz zu ermitteln, wobei gleichartige Arbeitsplätze zusammengefasst werden können. Das erleichtert die Arbeit für Ihren Arbeitgeber, aber auch für Sie. Denn warum sollten Sie gleiches 2 mal kontrollieren müssen?

Anlass für eine neue Gefährdungsbeurteilung kann z.B. sein:

  • neue Arbeitsverfahren,
  • neue Maschinen,
  • neue Arbeitsstoffe,
  • Änderung des „Standes der Technik“,
  • Auftreten von Unfällen oder Beinaheunfällen.
  • Bei erstmaliger Arbeitsaufnahme oder Einrichtung eines neuen Arbeitsplatzes ist eine Erstbeurteilung durchzuführen.

Verantwortlich ist immer ihr Arbeitgeber, der aber die Aufgabe an andere Führungskräfte delegieren kann. Merken Sie sich, dass die Gefährdungsbeurteilung als kontinuierlicher Prozess anzusehen ist, nicht als einmalige Aktion. Fordern Sie also Ihren Arbeitgeber auch immer regelmäßig zu neuen Beurteilungen auf!

Tipp: Listen Sie die  verschiedenen Arbeitsbereiche und Tätigkeiten im Betrieb auf. Diesen Arbeitsplätzen ordnen Sie dann die möglichen Risiken zu und gewichten diese in ihrer Gefährlichkeit. Dann können Sie gezielt Maßnahmen überlegen. Das ist eigentlich Aufgabe Ihres Arbeitgebers, aber je besser Sie hier vorbereitet sind, um so mehr können Sie erreichen – und anschließend in eine Betriebsvereinbarung gießen.

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