29.07.2011

Xing, Facebook und Co.: So sprechen Sie als Betriebsrat bei Stellenausschreibungen mit

Grundsätzlich gilt auch weiterhin: Will Ihr Arbeitgeber in Ihrem Betrieb einen Arbeitsplatz neu besetzen und hat er eine Stelle auf Ihr Verlangen hin zunächst intern ausgeschrieben – darauf sollten Sie als Betriebsrat immer bestehen; zurren Sie dieses Verlangen in einer entsprechenden Betriebsvereinbarung fest –, kann er danach grundsätzlich frei darüber entscheiden, welchen Weg er wählt. Es bleibt also ihm überlassen, ob er sich an das Arbeitsamt wendet, eine Anzeige schaltet, einen Personalvermittler bzw. Personalberater beauftragt oder das Internet nutzt.

ACHTUNG: Auch der Inhalt einer Stellenanzeige ist grundsätzlich mitbestimmungsfrei. Als Betriebsrat können Sie Ihre Mitsprache auch nicht mit dem Argument, dass es sich bei der Stellenanzeige bzw. dem Anforderungsprofil um Auswahlrichtlinien (§95 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)) handelt, verlangen (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 31.5.1983, Az. 1 ABR 6/80). Wenn Ihrem Arbeitgeber allerdings eine gute Zusammenarbeit wichtig ist, wird er Sie stets vorab informieren.

Dass aber Social Media bei der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmersuche einen immer höheren Stellenwert einnimmt, ist unstrittig und durch eine Studie von Jobvite, einem internationalen Recruiting-Portal, bestätigt.

Zurzeit sind folgende Plattformen im Trend:

  • Facebook
  • Xing
  • LinkedIn
  • StudiVZ
  • Twitter

Die Rekrutierung von Bewerbern über soziale Netzwerke funktioniert etwas anders als die bisherige Suche per Anzeige. Wer soziale Netzwerke nutzt, lässt sich auf eine offene, echte Auseinandersetzung mit den Interessenten aus dem Internet ein.

Um diese sinnvoll zu führen, muss Ihr Arbeitgeber die Kommunikation mit den potenziellen Kandidaten täglich pflegen. Denn die Nutzer des Internets sind aktiv. Nur wenn Ihr Arbeitgeber sich entsprechend agil zeigt, wird er erfolgreich sein.

Und noch etwas ändert sich für Ihren Arbeitgeber bei der Nutzung sozialer Netzwerke gegenüber der herkömmlichen Personalsuche:

Bisher wollten in den meisten Fällen lediglich die Bewerber etwas von Ihrem Arbeitgeber, nämlich einen Arbeitsplatz. Ihr Arbeitgeber konnte deshalb etwaige Informationen gezielt herausgeben bzw. zurückhalten. Das haben die sozialen Netzwerke schlagartig geändert: Bewerber können sich jetzt ein vollständiges Bild Ihres Arbeitgebers verschaffen und mit dem Betrieb in einen direkten Dialog treten.

Wenn Ihr Arbeitgeber selbst in Netzwerken recherchieren will – Darauf sollten Sie achten

Viele Arbeitgeber nutzen die sozialen Netzwerke auch, um eigene Recherchen über potenzielle Kandidaten durchzuführen. Dabei sollten sie sich allerdings unbedingt an die Spielregeln halten: Grundsätzlich dürfen Ihr Arbeitgeber und auch Sie selbst in Online-Netzwerken aktiv suchen. Denn was im Internet veröffentlicht wurde, ist allgemein zugänglich und darf von jedermann genutzt werden. Sie und Ihr Arbeitgeber dürfen deshalb ohne Weiteres den Namen einer Person bei Google eingeben. Auf welche so gewonnenen Informationen Sie letztlich auch zurückgreifen dürfen, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.
Achtung:
Der Recherche sind Grenzen gesetzt. So darf Ihr Arbeitgeber sich z.B. nicht unter falschem Namen in einem der Netzwerke einloggen, um herauszufinden, wie sie das jeweilige Netzwerk nutzen, welche Interessen sie haben und wer ihre Freunde sind.

Tipp: Ausspionieren ist tabu

Ehrlichkeit zählt auch im Internet. Bekommen Sie Wind davon, dass Ihr Arbeitgeber Bewerber auf diese Art und Weise ausspioniert, dann weisen Sie ihn darauf hin, dass dieses Verhalten missbräuchlich ist. Führen Sie ihm vor Augen, dass ein solches Vorgehen strafrechtlich verfolgt werden kann. Zudem sollten Sie selbst auch die Finger von Recherchen unter falschem Namen lassen. Wenn Sie also im Zusammenhang der Zustimmung zu einer Einstellung einen Bewerber unter die Lupe nehmen wollen, dann beschränken Sie sich auf eine Google-Recherche.

Tipp: Unterstützen Sie Ihren Arbeitgeber beim Personalmarketing

Vor allem bei der Personalrekrutierung via soziale Netzwerke ist es wichtig, dass Ihr Arbeitgeber sich für die Öffentlichkeit als attraktiver Arbeitgeber darstellt. Das sollte er aber auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung tun. Denn bereits jetzt müssen Arbeitgeber ihre Attraktivität als Arbeitgeber gut präsentieren, um Bewerbungen von Topqualifizierten zu erhalten. In Zukunft wird es aller Wahrscheinlichkeit nach noch mehr darauf ankommen. Als Betriebsrat sollten Sie Ihren Arbeitgeber dabei unterstützen, wirkungsvolles Personalmarketing zu betreiben. Das heißt, Sie sollten sich dafür einsetzen, dass Ihr Arbeitgeber Maßnahmen ergreift, die ihn als guten Arbeitgeber dastehen lassen.

Die Möglichkeiten sind dabei vielfältig:
Setzen Sie sich für sinnvolle Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten ein. Das lockt neue Kollegen an und erfreut auch Ihre Kollegen in der Belegschaft.
Sorgen Sie für eine angemessene Vergütung aller Arbeitnehmer.
Je nach Position der Kollegen sollten durch einen Bonus oder Provisionen Leistungsanreize geschaffen werden.
Setzen Sie sich zudem für soziale Leistungen, vor allem gute Altersvorsorge-Regelungen und Kinderbetreuungsmöglichkeiten, ein.
Um Ihren Arbeitgeber zum Handeln zu bewegen, ist vermutlich Ihr vollstes Fingerspitzengefühl gefragt. Denn Sie können nur begrenzt auf Mitbestimmungsrechte zurückgreifen.

Im Hinblick auf die Personalplanung haben Sie zwar ein Informations-, Beratungs- und Vorschlagsrecht (§92 BetrVG). Das wird jedoch nicht immer greifen. Auch Ihr Mitbestimmungsrecht bei Berufsbildungsmaßnahmen (§§96–98 BetrVG) wird nur in Sonderfällen zum Tragen kommen.

Tipp: Partnerschaftliche Zusammenarbeit
Greifen Sie auf Ihre Mitbestimmungsrechte zurück, wo Sie können. Überzeugen Sie Ihren Arbeitgeber zudem, Sie auch bei allen nicht mitbestimmungspflichtigen Aspekten einzubeziehen. Argumentieren Sie dabei damit, dass ein Teil der Maßnahmen auch die bestehende Belegschaft betrifft, die Sie vertreten. Weisen Sie Ihren Arbeitgeber außerdem darauf hin, dass ein gutes Betriebsklima wichtig für eine gute Außendarstellung ist. Um ein solches zu erreichen, sei eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber förderlich.

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