Als Betriebsrat haben Sie nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Mitbestimmungsrecht bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften. Wie Sie dieses Recht effektiv umsetzen, lesen Sie im Folgenden.
Sie kennen alle die Regelungen zum Arbeitsschutz, das Arbeitssicherheitsgesetz, die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) etc. Diese Regelungen sind nicht abschließend. Mit anderen Worten: Sie bilden nur einen Rahmen für den Arbeitsschutz. Soweit dieser Rahmen besteht, haben Sie kein Mitbestimmungsrecht (Gesetzesvorrang). Soweit er aber auszufüllen ist, schon. Zunächst müssen Sie bei jeder Maßnahme also prüfen, welche Spielräume Ihnen das Gesetz lässt. In § 87 BetrVG heißt es außerdem, dass Sie nur ein Mitbestimmungsrecht haben, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht.
Beispiel: § 4 BildscharbV
Nach § 4 Abs. 1 BildscharbV hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die Bildschirmarbeitsplätze den Anforderungen des Anhangs zu diesem Gesetz und sonstiger Rechtsvorschriften entsprechen. Das heißt, dass sich Ihr Mitbestimmungsrecht darauf bezieht, welche Maßnahmen ergriffen werden. Dass der Arbeitgeber tätig werden muss, sagt aber das Gesetz.
Mitbestimmung heißt immer eins: Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich einigen. Folglich ist Ihr Ziel, eine Einigung auf eine nutzwertige Regelung für die Beschäftigten zu erreichen.
Beispielsweise müssen Sie also wissen, was die Beschäftigten wollen. Dies erfahren Sie nur, wenn Sie im ständigen Kontakt zu Ihren Kolleginnen und Kollegen bleiben. Fragen Sie sie regelmäßig nach möglichen Gefahrenquellen (Hitze, Überlastung etc.).
Folglich sollten Sie von sich aus tätig werden und Ihr Initiativrecht nutzen. Die Rechtsgrundlage: § 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BetrVG. Sie können hier Regelungen, etwa eine Betriebsvereinbarung, verlangen.
Bestreitet Ihr Arbeitgeber Ihr Mitbestimmungsrecht oder informiert er Sie über geplante Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend, können Sie beim Arbeitsgericht eine Klage auf Feststellung Ihres Mitbestimmungsrechts erheben (§ 23 Abs. 3 BetrVG). Sollten sich bei der konkreten Umsetzung der Maßnahmen Streitigkeiten ergeben, können Sie die Einigungsstelle anrufen.
Alles in allem klingt das nach einem umfassenden Mitbestimmungsrecht. Das haben Sie auch. Trotzdem wird Ihnen ohne ausreichende Strategie eine effektive Umsetzung nicht gelingen. Oft werden auch beschlossene Verbesserungen, die zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber vereinbart wurden, einfach nicht umgesetzt. Sowohl von Führungskräften als auch von den Beschäftigten.
Deswegen müssen Sie sich einen Plan machen:
Gehen Sie in den folgenden 5 Schritten vor:
Im 1. Schritt geht es darum zu ermitteln, wo im Betrieb Verbesserungsbedarf besteht. Zuerst müssen Sie die Ausgangsposition ermitteln, um dann überhaupt beurteilen zu können, wo im Betrieb Verbesserungsbedarf besteht.
Ganz wichtig ist es auch, sich die Unterstützung der Beschäftigten zu sichern. Dies schaffen Sie durch umfassende Information über Ihre Ziele und die geplante Vorgehensweise. Zeigen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen, dass es um sie geht. Dies erreichen Sie etwa durch Besuche am Arbeitsplatz oder Umfragen. So schaffen Sie auch bei Ihren Kollegen ein Bewusstsein für das Thema und fördern die Eigeninitiative und das Engagement der Beschäftigten.
Gehen Sie ruhig mal von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz. So erhalten Sie vor Ort Einblick und können direkt Informationen einholen.
Haben Sie noch nicht genug Anhaltspunkte oder wollen Sie sich noch weiter in Ihrer Planung absichern, dann vereinbaren Sie mit Ihrem Arbeitgeber, eine Gefährdungsbeurteilung für die betroffenen Bereiche durchzuführen. Hier müssen Sie zunächst festlegen,
Jetzt geht es darum, Ihre Planung in die Tat umzusetzen:
Schließen Sie am besten mit Ihrem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung, in der Sie die Ziele und durchzuführenden Maßnahmen festlegen. Nehmen Sie auch das konkrete Informations- und Beteiligungsverfahren der Beschäftigten auf. Denn dann können Sie Ihren Arbeitgeber auf seine Durchführungspflicht festnageln.
Der letzte Schritt: die Information der restlichen Belegschaft in Ihrem Betrieb. Die Information der Kolleginnen und Kollegen ist sehr wichtig. Immerhin dient sie doch dazu, umfassende Transparenz über die geplanten Maßnahmen herzustellen. Nur so werden Sie Akzeptanz für verhaltensbezogene Präventionsmaßnahmen schaffen, wie z. B. für ergonomisches Sitzen.
Unterrichten Sie alle Beschäftigten arbeitsplatzbezogen über die festgestellten möglichen Gesundheitsgefährdungen. Zeigen Sie dabei auch gleich auf, wie sie die Gesundheitsgefährdungen an ihrem Arbeitsplatz vermeiden können.
Wenn Sie nun eine Mitarbeiterbefragung durchführen wollen, dann können Sie die folgenden Eckpunkte abklopfen:
Was wird am konkreten Arbeitsplatz als besonders belastend empfunden?
Zu welchen Beschwerden ist es in den letzten 6 Monaten gekommen?
Um den Arbeitsschutz wirklich umzusetzen, müssen Sie sich unbedingt gründlich in dieses komplexe Thema einarbeiten. Gehen Sie dabei am besten so vor:
Wollen Sie einen Externen hinzuziehen, müssen Sie hierüber zunächst beschließen. Bevor Sie den Sachverständigen dann beauftragen, treten Sie an Ihren Arbeitgeber heran und verlangen Sie die Kostenübernahme. So sehen Sie gleich, ob es hier zu Differenzen kommen wird oder nicht.
Vergessen Sie als Betriebsrat nicht, dass alle Maßnahmen und Regelungen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes Ihrer Mitbestimmung unterliegen. So sieht es auch das Gesetz, § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Da es sich hierbei um eines Ihrer Initiativrechte handelt, können Sie als Betriebsrat solche Maßnahmen (z. B. die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen) von Ihrem Arbeitgeber verlangen.
Verweigert Ihr Arbeitgeber Ihre Beteiligung, verhindert er sie oder informiert er Sie nicht über geplante Maßnahmen, dann können Sie gegen ihn vorgehen. Ferner können Sie Ihr Mitbestimmungsrecht
gerichtlich im Rahmen einer Feststellungsklage beim Arbeitsgericht einklagen. Sollten sich Streitigkeiten aus der Umsetzung oder dem Verfahren ergeben, so sind diese durch eine Einigungsstelle zu klären.
Wie Sie sehen, sind Sie nicht rechtlos und können Ihrem Arbeitgeber Paroli bieten.