27.07.2018

Beurteilungskriterien für Arbeitnehmer: Denken Sie als Betriebsrat an diese 3 Aspekte

Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen werden immer wieder Beurteilungen vorgenommen, mal versteckt, mal offen, mal unsystematisch und dann wieder auch in Form eines förmlichen abgestuften Beurteilungsverfahrens. Beobachten Sie als Betriebsrat etwaige Beurteilungen mit Argusaugen. Fordern Sie Ihren Arbeitgeber im Zweifel auf, klare Beurteilungsgrundsätze zu erstellen. Was Sie dabei beachten sollten und welche Mitbestimmungsrechte Sie haben, lesen Sie im Folgenden.

1. Beurteilungskriterien helfen, Verhalten und Leistung gerecht zu beurteilen

Beurteilungskriterien sind Regelungen, mit deren Hilfe das Verhalten und die Leistung von Arbeitnehmern beurteilt werden. Ziel ist dabei eine möglichst objektive Betrachtung. Um diese zu erreichen, werden einheitliche Maßstäbe festgelegt.

Dadurch wird nicht nur eine einheitliche Vorgehensweise vorgegeben, sondern auch die Vergleichbarkeit von Beurteilungsergebnissen ermöglicht. Außerdem soll gewährleistet werden, dass die Beurteilung nicht in das Belieben einzelner Vorgesetzter gestellt wird.

Beispiele für Beurteilungskriterien

Zur Veranschaulichung hier ein paar Kriterien: Qualität der Arbeit, Sorgfalt der Arbeitsführung, Einsatzbereitschaft, Selbstständigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein sowie Führungsqualität.

2. Beurteilungskriterien werden in unterschiedlicher Form vereinbart

Beurteilungskriterien kommen in unterschiedlicher Form zur Anwendung. Dazu zählen auch die jeweiligen Methoden und Verfahren, mit denen der einer Beurteilung zugrunde liegende Sachverhalt ermittelt wird.

Beispiele für Arten von Beurteilungsverfahren

Das können sein: Beurteilungsformulare, Führungsrichtlinien, Personalfragebogen, psychologischer Test und Zielvereinbarungen, wenn sie die Grundlage für eine Leistungsbeurteilung sind.

3. Beurteilungsgrundsätze unterliegen der Mitbestimmung

Bei den Beurteilungsgrundsätzen nach § 94 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geht es nicht um eine konkrete Beurteilung im Einzelfall. Es geht vielmehr darum, dass Ihr Arbeitgeber allgemeine und abstrakte Grundsätze aufstellt, nach denen die Beurteilungen erfolgen sollen.

Solche Beurteilungsgrundsätze sind ein wichtiges Hilfsmittel bei der Personalplanung. Zudem gehören dazu die Beurteilungskriterien in Zielvereinbarungen.

Die Beurteilungsgrundsätze unterliegen Ihrer Mitbestimmung nach § 94 Abs. 2 in Verbindung mit § 94 Abs. 1 BetrVG. Bei diesem Mitbestimmungsrecht handelt es sich um ein Zustimmungsverweigerungsrecht. Das heißt: Ihr Arbeitgeber entscheidet allein, ob er Beurteilungsgrundsätze einführen bzw. verwenden will.

Sie als Betriebsrat können die Einführung der Grundsätze nicht erzwingen. Hat sich Ihr Arbeitgeber für die Einführung solcher Grundsätze entschieden, bestimmen Sie über den Inhalt mit.

Das heißt darüber, welche Grundsätze tatsächlich eingeführt werden und welchen Inhalt sie haben sollen. Dabei geht es um die Bestimmung, welche Kriterien gelten, welche Gewichtung sie haben und welche Beurteilungsverfahren angewendet werden.

Tipp: Hat Ihr Arbeitgeber Beurteilungsgrundsätze eingeführt und entscheidet er sich, diese zu ändern, ist er ebenfalls auf Sie angewiesen. Auch hier kommt Ihr Mitbestimmungsrecht zum Tragen. Sie sind zu beteiligen, wenn es darum geht, ob etwaige Kriterien überhaupt geändert werden sollen, und, wenn ja, wie dies erfolgen soll.

Betriebsvereinbarung schließen

Auch bei Beurteilungen gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Sie als Betriebsrat haben unter Umständen doch die Möglichkeit, die Initiative zu ergreifen. Und zwar dann, wenn die Beurteilungsgrundsätze in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Entlohnungsfragen stehen, z. B. bei Zielvereinbarungen.

Am besten können Sie Ihre Beteiligung absichern, indem Sie eine Betriebsvereinbarung zu Beurteilungsgrundsätzen mit Ihrem Arbeitgeber schließen.

Muster Betriebsvereinbarung

Beurteilungsgrundsätze

Zwischen der … (Name des Unternehmens), vertreten durch die Geschäftsleitung, und dem Betriebsrat der … (Name des Unternehmens), vertreten durch den Vorsitzenden, wird die folgende Betriebsvereinbarung zur Regelung des Verfahrens zur Mitarbeiterbeurteilung geschlossen:

Präambel
Ziel dieser Betriebsvereinbarung ist es, in der Firma mithilfe des Beurteilungssystems ein modernes, strategisches und integrales Führungsinstrument zu implementieren, das zu einer fairen Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter führt.

§1 Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter der Firma …, die länger als 12 Monate im Betrieb sind.

§2 Zielvereinbarung, Beurteilung
Alle Mitarbeiter werden jährlich beurteilt. Die Beurteilung findet im Rahmen der jährlichen Mitarbeitergespräche mit dem direkten Vorgesetzten statt. Das Gespräch ist bis zum 31.3. eines Jahres durchzuführen.
Die Beurteilung wird schriftlich auf dem dafür vorgesehenen Bogen festgehalten. Dem Mitarbeiter ist der Termin für das Gespräch mindestens eine Woche im Voraus mitzuteilen.

§3 Beurteilungsbogen
Der Mitarbeiter wird anhand eines Beurteilungsbogens beurteilt. Dabei erhält er Noten von 1 bis 4. Ab der Note 3 haben sich Mitarbeiter und Vorgesetzter zu überlegen, wie die Leistung verbessert werden kann.
Beurteilt werden im Rahmen der sozialen Kompetenz die Teamfähigkeit, das Verhalten der Mitarbeiter gegenüber Kunden, Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten sowie die Verbesserung gegenüber dem Vorjahr.

Bei der fachlichen Kompetenz werden folgende Aspekte beurteilt:

  • ggf. Zielerreichung,
  • Fortbildungs- und Lernbereitschaft,
  • Umsetzung von neu Erlerntem,
  • Anpassung an die geänderten betrieblichen Bedingungen,
  • Führungskompetenz.

§4 Beurteilungsprozess
In dem Mitarbeitergespräch werden sowohl die Leistungen des vergangenen Jahres beurteilt wie auch die Ziele für die kommenden Monate festgelegt.
Während des Geschäftsjahrs sollen alle 4 Monate Gespräche zwischen dem direkten Vorgesetzten und dem Mitarbeiter über die erzielten Fortschritte erfolgen.

Wird ersichtlich, dass keine Fortschritte gemacht werden, wird analysiert, ob der Stillstand aus dem Verhalten des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers resultiert. Gegenmaßnahmen, beispielsweise Schulungen, werden in die Wege geleitet.

Der Vorgesetzte bespricht die Beurteilungsergebnisse mit dem Mitarbeiter. Der Mitarbeiter erhält Gelegenheit, sich abschließend zu äußern oder eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

§5 Inkrafttreten und Beendigung
Diese Betriebsvereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft.
Die Betriebsvereinbarung kann einseitig durch Kündigung mit einer Frist von 3 Monaten jeweils zum Jahresende oder einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag zu jeder Zeit beendet werden.
Sie gilt dann bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden neuen Betriebsvereinbarung fort.

§6 Salvatorische Klausel
Sollten einzelne Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung nicht berührt.

Ort, Datum / Unterschrift Arbeitgeber / Unterschrift Betriebsratsvorsitzende(r)

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