14.11.2017

Eine Versetzungsklausel geht immer vor Änderungskündigung

Arbeitgeber müssen die Arbeitsbedingungen heutzutage dauernd an wirtschaftliche Veränderungen sowie technische Neuerungen anpassen. Das hat immer wieder auch zur Folge, dass sie die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer ändern wollen. Will Ihr Arbeitgeber den Arbeitsort eines Kollegen ändern, muss er allerdings damit rechnen, dass der Kollege versuchen wird, sich dagegen zu wehren. So auch im folgenden Fall. Für Ihren Arbeitgeber stellt sich dann die Frage, ob er die Änderung dennoch vornehmen kann. Welche Möglichkeiten er dabei hat – Versetzungsklausel oder Änderungskündigung – und in welcher Reihenfolge er diese prüfen sollte, lesen Sie in der folgenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Der Fall: Ein Arbeitgeber war seit dem Jahr 1999 als Ingenieur bei dem Arbeitgeber tätig. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Versetzungsklausel. Zudem sah der Arbeitsvertrag vor, dass der Tätigkeitsort die jeweiligen Geschäftsräume des Arbeitgebers sein sollten.

Im Jahr 2013 beschloss der Arbeitgeber, die Betriebsstätten von 6 auf 2 zu reduzieren. Mit Schreiben vom 23.12.2013 erklärte er deshalb gegenüber dem Arbeitnehmer die Kündigung zum 31.7.2014, verbunden mit dem Angebot, die Arbeit an einem anderen Standort fortzusetzen.

Der Arbeitnehmer war damit nicht einverstanden. Er nahm das Angebot deshalb nicht an, sondern klagte stattdessen gegen die Kündigung. In seiner Begründung stützte er sich darauf, dass die Kündigung unverhältnismäßig sei. Denn der Arbeitgeber hätte die Versetzung per Direktionsrecht anordnen können.

 

Die Versetzungsklausel zu nutzen ist das mildere Mittel

Die Entscheidung: Das Gericht urteilte zugunsten des Arbeitnehmers. Es sei unverhältnismäßig, eine Kündigung auszusprechen, um den Beschäftigungsort zu ändern. Für das unterbreitete Änderungsangebot habe es keiner Änderung der Vertragsbedingungen bedurft. Denn der Arbeitgeber hätte die mit der Änderungskündigung angestrebte Änderung des Beschäftigungsorts durch die Ausübung seines Direktionsrechts vornehmen können (BAG, 26.1.2017, Az. 2 AZR 514/15).

Was Ihr Arbeitgeber einseitig ändern darf

Was Ihr Arbeitgeber einseitig ändern darf, ist in § 106 Gewerbeordnung geregelt. Danach kann er Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie Fragen der Ordnung und des Verhaltens im Betrieb nach billigem Ermessen bestimmen, soweit sie nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Das heißt in der Praxis: Sind die Tätigkeiten, die Ihre jeweiligen Kollegen erledigen sollen, im Arbeitsvertrag genau festgelegt, ist eine

Änderung nur möglich, wenn der jeweilige Kollege sich damit einverstanden erklärt. Alternativ bleibt Ihrem Arbeitgeber allerdings die Möglichkeit, eine entsprechende Änderungskündigung auszusprechen.

Ist das Tätigkeitsfeld hingegen im Arbeitsvertrag nur grob umrissen (z. B. „als Controller“), kann Ihr Arbeitgeber innerhalb des so gesteckten Rahmens kraft seines Direktionsrechts bestimmen, welche Aufgabe genau der Kollege erledigen soll. Das gilt grundsätzlich auch, wenn Ihr Kollege bereits seit Jahren dieselben Tätigkeiten verrichtet.

Anspruch auf eine unveränderte Weiterbeschäftigung hat er nur, wenn Ihr Arbeitgeber durch entsprechende konkrete Äußerungen den Eindruck erweckt hat, dass es niemals Änderungen geben wird (BAG, 11.4.2006, Az. 9 AZR 557/05).

Zudem darf Ihr Arbeitgeber Kollegen keine Tätigkeiten zuweisen, die sie in einen vermeidbaren Gewissenskonflikt bringen. Auch die Zuweisung von geringwertigeren Arbeiten ist – selbst wenn Ihr Arbeitgeber keine Abstriche bei der Vergütung macht – nicht erlaubt.

Welche Rolle Sie als Betriebsrat spielen

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) müssen Sie bereits beteiligt werden, wenn Ihr Arbeitgeber das Direktionsrecht ausübt. Und zwar immer dann, wenn es um Veränderungen im Bereich der Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG), Fragen der Ordnung des Betriebs (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) oder um eine Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG geht, wenn also Ihre im BetrVG geregelten Beteiligungsrechte berührt sind.

Fazit

Hat Ihr Arbeitgeber die Möglichkeit, die Versetzungsklausel per Direktionsrecht durchzusetzen, darf er keine Änderungskündigung aussprechen. Eine solche wäre unwirksam.

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