Die Verdachtskündigung ist eine spezielle Form der verhaltensbedingten Kündigung. Das Besondere daran ist, dass der Betroffene lediglich verdächtig wird, Unrecht begangen zu haben. Deshalb sind Arbeitgeber, die eine Verdachtskündigung aussprechen wollen, verpflichtet, den betroffenen Arbeitnehmer zu den Vorwürfen anzuhören. Außerdem müssen sie ihm eine angemessene Frist zur Stellungnahme einräumen. Tun sie das nicht, ist die Kündigung unwirksam. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein.
Der Fall: Der Arbeitnehmer, ein Entwicklungsingenieur, führte mit seinem Arbeitgeber bereits seit Längerem gerichtliche Auseinandersetzungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese waren unter anderem dadurch hervorgerufen worden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gegen seinen Willen aus der Entwicklungsabteilung in den Außendienst versetzt hatte.
Im Zusammenhang mit dieser Versetzung hatte er den Beschäftigten im Juni 2016 mit einem Laptop ausgestattet. Der Arbeitnehmer war seit der Versetzung durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Der Arbeitgeber behauptete, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit größere Datenmengen über den Laptop heruntergeladen habe. Deshalb verlangte er das Notebook zurück.
Zunächst reagierte der Beschäftigte auf die Aufforderung gar nicht. Anfang August 2016, am 3.8.2016, schickte er dem Arbeitgeber dann einen anderen Computer zurück.
Ob es sich bei der Rückgabe des falschen Geräts um ein Versehen handelte oder nicht, ist streitig zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten. Der Arbeitgeber nahm den Vorfall jedenfalls zum Anlass, dem Arbeitnehmer in einem entsprechenden Schreiben Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das entsprechende Schreiben warf er einen Tag nach der Rückgabe des Computers am 4.8.2016, an einem Donnerstag, in den Briefkasten des Arbeitnehmers ein. In dem Schreiben forderte er den Beschäftigten auf, seine Stellungnahme bis zum folgenden Montag (8.8.2016) um 13 Uhr abzugeben. Die Frist verstrich. Der Arbeitnehmer nahm nicht Stellung. Nach Ablauf der Frist kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich. Der Arbeitnehmer wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage – mit Erfolg.
Die Entscheidung: Das Gericht erklärte die außerordentliche Verdachtskündigung für unwirksam (LAG Schleswig-Holstein, 21.3.2018, Az. 3 Sa 398/17). Das begründeten die Richter vor allem damit, dass die Frist für die Stellungnahme von nicht einmal 2 vollen Arbeitstagen zu kurz sei. Das falle besonders negativ auf, da der Arbeitgeber gewusst habe, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt sei. Er habe deshalb damit rechnen müssen, dass dieser sich nicht durchgehend zu Hause aufhalten würde. Außerdem wertete das Gericht die Tatsache, dass der Arbeitgeber das Schreiben direkt in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen hatte, zu Ungunsten des Arbeitgebers. Schließlich hatte der Arbeitnehmer einen Rechtsanwalt für die gerichtlichen Auseinandersetzungen beauftragt. Diesem hätte der Arbeitgeber das Schreiben zumindest auch zusenden müssen, vor allem vor dem Hintergrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.
Bevor Ihr Arbeitgeber eine Verdachtskündigung ausspricht, muss er alle möglichen Aufklärungsmaßnahmen ergreifen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Kündigung zu Unrecht ausgesprochen wird. So ist die Anhörung des Verdächtigten vor Ausspruch der Kündigung grundsätzlich Voraussetzung einer wirksamen Verdachtskündigung. Dabei muss Ihr Arbeitgeber die Verdachtsgründe gegenüber dem Arbeitnehmer konkret benennen.
Tipp: Prüfen Sie im Rahmen Ihrer Beteiligung immer, ob Ihr Arbeitgeber einen Betroffenen zu dem jeweiligen Vorwurf angehört und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Ist das nicht der Fall, sollten Sie zumindest Bedenken gegen die Kündigung erheben.
Können Sie bei allen Punkten das Ja ankreuzen, müssen Sie damit rechnen, dass eine Verdachtskündigung wirksam ist. Bleibt ein Punkt nicht angekreuzt, sollten Sie Ihre Zustimmung zur Verdachtskündigung verweigern.