10.08.2018

Wann spricht man von einer Versetzung? Der Betriebsrat bestimmt mit

Versetzungen gehören heute zum Alltag. Sei es, um Personalengpässe auszugleichen oder um Arbeitnehmer vor neue Herausforderungen zu stellen. Als Betriebsrat bestimmen Sie bei personellen Angelegenheiten und damit auch bei Versetzungen in vielen Fällen mit, § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Das lässt sich auch einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf entnehmen.

Wechsel vom Privatkunden- in den Geschäftskundenbereich

Der Fall: Der Arbeitgeber, ein Callcenter, hatte den Auftrag, die Kundenbetreuung eines Postdienstleisters zu übernehmen. Im Auftrag enthalten war sowohl die Übernahme des Privat- wie auch des Geschäftskundenbereichs. Diese Bereiche sind strikt voneinander getrennt organisiert. Das zeigt sich bereits dadurch, dass sie unterschiedliche Software verwenden. Zudem werden sie von unterschiedlichen Beschäftigten organisiert.

Im Privatkundenbereich erledigen die zuständigen Arbeitnehmer ausschließlich eingehende Anfragen. Sie nehmen z. B. Meldungen von Paketverlusten entgegen. Im Geschäftskundenbereich nehmen die Beschäftigten einerseits Anfragen und Beschwerden von außen entgegen, agieren also passiv, werden aber andererseits auch selbst aktiv, z. B. indem sie den Kontakt zu den Kunden herstellen.

Arbeitgeber setzt Arbeitnehmer um

Im Betriebsablauf kam es immer wieder zu Personalengpässen. In solchen Fällen setzte der Arbeitgeber dann Arbeitnehmer aus dem einen Bereich im anderen Bereich ein. Einige Arbeitnehmer hatten auch längere Einsätze im jeweils anderen Bereich. Vor den Einsätzen beteiligte der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht.

Das missfiel diesem. Da der Arbeitgeber nicht bereit war, sein Vorgehen zu ändern, zog der Betriebsrat vor Gericht. Er wollte feststellen lassen, dass es sich bei den Umsetzungen der Arbeitnehmer von einem in den anderen Bereich um Versetzungen handelt, bei denen er mitbestimmen darf.

Umsetzung ist zustimmungsbedürftige Versetzung

Die Entscheidung: Das Gericht sah ein Mitbestimmungsrecht gegeben (LAG Düsseldorf, 31.1.2018, Az. 4 TaBV 113/16). Der Arbeitgeber hatte eine seiner Pflichten gegenüber dem Betriebsrat verletzt. In ihrer Begründung stellten die Richter darauf ab, dass es sich bei den Umsetzungen der Arbeitnehmer um zustimmungsbedürftige Versetzungen nach § 99 BetrVG handle.

Voraussetzungen einer Versetzung

Eine solche ist immer dann gegeben, wenn Ihr Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts das Aufgabengebiet eines Ihrer Kollegen ändert. Dabei kann es um eine Änderung der Art, des Orts oder des Umfangs der Tätigkeit gehen.

Hier war zu entscheiden, ob es sich bei den Umsetzungen um eine Änderung des jeweiligen Arbeitsbereichs handelte. Dafür kam es darauf an, ob sich das gesamte Bild der Tätigkeit verändert hat. Das Gericht hatte also festzustellen, ob es sich bei der jeweils neuen Tätigkeit objektiv um eine neue handelte.

Das hielten die Richter bei einem Wechsel vom Privatkunden- in den Geschäftskundenbereich und umgekehrt für gegeben. Und zwar mit der Begründung, dass an die Arbeitnehmer unterschiedliche Anforderungen gestellt werden, wie z. B. gute englische Sprachkenntnisse im Geschäftskundenbereich. Zudem wird für die Tätigkeit unterschiedliche Software genutzt.

Tipp: Auswahlrichtlinie vereinbaren

Leider kommt es in der Praxis immer wieder zu Streit über Versetzungen zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern. Versuchen Sie, mit Ihrem Arbeitgeber eine Auswahlrichtlinie zur Versetzung zu vereinbaren. Regeln Sie darin vor allem das Verfahren. So können Sie unnötige Auseinandersetzungen vermeiden. Sollten Sie der Versetzung einer Kollegin oder eines Kollegen widersprechen wollen, können Sie folgendes Muster zur Orientierung nutzen.

Muster-Schreiben: Widerspruch gegen Versetzung

Der Betriebsrat … (Name des Unternehmens)

An die Geschäftsleitung Ort, Datum …

Beabsichtigte Versetzung von Herrn …

Sehr geehrte Frau …, / Sehr geehrter Herr …,

am … haben Sie dem Betriebsrat mitgeteilt, dass Sie beabsichtigen, Herrn … aus dem Geschäftskundenbereich in den Privatkundenbereich zu versetzen.

Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, die Zustimmung zur Versetzung zu verweigern. Denn mit Herrn … wurde im Arbeitsvertrag keine Versetzungsklausel vereinbart. Herr … ist an der dauerhaften Versetzung in den Privatkundenbereich nicht interessiert. Mangels einer entsprechenden Vereinbarung kann er deshalb nicht verpflichtet werden, den Bereich zu wechseln.

Bei der Prüfung, ob möglicherweise ein anderer Arbeitnehmer in Betracht kommt, haben wir festgestellt, dass Herr … auch für die Besetzung der Stelle infrage kommt. Er hat bereits in der Zeit von … bis … in dem Bereich gearbeitet.

Wegen der genannten Gründe widerspricht der Betriebsrat der Versetzung.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift Betriebsratsvorsitzende(r)

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