09.10.2018

So rügen Sie in Hessen einen Verstoß gegen das AGG

Praxis: Eine Gleichstellungsbeauftragte aus Hessen ist auch für geschlechtsbezogene Benachteiligungen zuständig. Kann sie von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen, wenn sie einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) feststellt. Ja und nein. In Hessen ist dies tatsächlich trickreich. Warum, haben wir hier für Sie zusammengestellt.

 

Frage einer Seminarteilnehmerin: Ich bin Gleichstellungsbeauftragte in einer Dienststelle in Hessen, in der das Hessische Gleichberechtigungsgesetz (HGlG) anzuwenden ist. Mein Aufgabenbereich umfasst auch die Überwachung, ob das AGG in Bezug auf Geschlechtsdiskriminierungen umgesetzt wird. – Kürzlich stellte ich einen solchen Verstoß fest. Ich frage mich nun, ob ich Widerspruch einlegen kann. In unserem Gesetz steht nämlich, dass ein Widerspruch nur eingelegt werden kann, wenn gegen das HGlG verstoßen wird. Und hier handelt es sich ja um das AGG. Was kann ich hier tun?

Rechtsanwältin Inge Horstkötter: Es ist völlig richtig, dass Sie auch die Umsetzung des AGG in Bezug auf Geschlechtsdiskriminierungen gemäß § 17 Abs. 1 HGlG überwachen sollen. Und richtig ist auch, dass Sie nur Widerspruch einlegen können, wenn Sie einen Verstoß gegen das HGlG feststellen. Auf den ersten Blick sieht dies so aus, als wolle der Gesetzgeber sagen: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“ Aus meiner Sicht ist hier nicht konsequent zu Ende gedacht worden: Wenn Sie überwachen sollen, müssen Sie auch Instrumente zur Verfügung gestellt bekommen, die Sie nutzen können, wenn Sie Verstöße feststellen.

Über einen Umweg können Sie aber auch Verstöße gegen das AGG mit einem Widerspruch rügen. In § 4 Abs. 3 HGlG findet sich in den Grundsätzen der Sinngehalt des AGG in Bezug auf Geschlechtsdiskriminierungen wieder, das heißt, auch danach sind Geschlechtsdiskriminierungen verboten. Das HGlG hat insoweit ein eigenes Verbot geregelt, das sogar noch über das AGG hinausgeht, aber auch den Sinngehalt des AGG aufnimmt. Nach § 4 HGlG sind ebenso mittelbare und unmittelbare Geschlechtsdiskriminierungen verboten.

Sie können daher einen Verstoß gegen § 4 HGlG rügen und sich hierbei auf die Rechtsprechung zur Geschlechtsdiskriminierung nach dem AGG beziehen, da der Sinngehalt beider Regelungen weitestgehend gleich ist. Wenn Sie Widerspruch einlegen möchten, können Sie das folgende Muster­-Schreiben nutzen:

Muster-Schreiben (Hessen): Widerspruch gemäß § 19 HGlG

 

Widerspruch wegen des Verstoßes gegen § 4 HGlG in Verbindung mit §§ 7, 3 AGG

Sehr geehrte Dienststellenleitung,

am 5.10.2018 fanden Vorstellungsgespräche zu der Stelle … statt. Bei der vergleichenden Bewertung der Qualifikation der Bewerber*innen wurde bei Frau M lange diskutiert, inwieweit die ausgeschriebene Leitungsfunktion tatsächlich in Teilzeit wahrgenommen werden kann. Dies wurde allgemein abgelehnt und damit auch die Bewerbung von Frau M.

Nunmehr liegt mir Ihr Vorschlag vor, Herrn K für die offene Position einzustellen. Diese Auswahlentscheidung benachteiligt Frau M aufgrund des Geschlechts und stellt einen Verstoß gegen § 4 HGlG in Verbindung mit §§ 7,3 AGG dar. Ich erhebe daher Widerspruch gegen diese Auswahlentscheidung.

Mit freundlichen Grüßen,

die Gleichstellungsbeauftragte

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