28.08.2018

Keine Männerdiskriminierung: Gleichstellungsbeauftragte muss eine Frau sein

Immer wieder beschäftigen sich die Gerichte damit, inwieweit es zulässig ist, dass ausschließlich Frauen zur Gleichstellungsbeauftragten gewählt bzw. bestellt werden können. So auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung vom 2.11.2017 (Az. 2 Sa 262d/17).

Der Fall: Jurist fordert Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der Behinderung

Ein Jurist bewarb sich um die Stelle einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten nach § 2 Abs. 3 Kreisordnung Schleswig-Holstein bei einer Kreisverwaltung. In der Stellenausschreibung wurden die wichtigsten Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten benannt und die weibliche Form „Gleichstellungsbeauftragte“ verwendet.

Der Jurist wies in seiner Bewerbung darauf hin, dass er vertiefte Kenntnisse im Gleichstellungsrecht besitze. Jedoch die Kreisverwaltung lud ihn nicht zum Auswahlgespräch ein und lehnte seine Bewerbung mit dem Hinweis ab, dass ausschließlich eine Frau zur Gleichstellungsbeauftragten bestellt werden könne.

Das wollte der Jurist nicht hinnehmen; er klagte auf Entschädigung. In der Begründung führte er an, dass er aufgrund seines Geschlechts und zudem aufgrund seiner Behinderung diskriminiert worden sei. Er hätte als Bewerber mit Behinderung zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen.

Die Entscheidung: Jurist geht leer aus – keine Entschädigungsansprüche

Das LAG sah dies anders – der Jurist scheiterte, die Klage wurde ab- gewiesen. Das Gericht führte aus, dass er zwar aufgrund seines Geschlechts benachteiligt sei, dies aber ausnahmsweise erlaubt sei. Als Ausnahmeregelung zog das LAG Schleswig-Holstein § 8 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz heran.

Danach sei es zulässig, ausnahmsweise an das Merkmal Geschlecht anzuknüpfen, wenn davon die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung abhänge. Dies sei vorliegend der Fall, da die kommunale Regelung ausdrücklich vorsehe, dass die Stelle nur mit einer Frau besetzt werden könne.

Strukturelle Benachteiligung von Frauen bekämpfen

Das Gericht führte weiter aus, dass dies auch verfassungsgemäß sei, da mit dieser Regelung die Situation von Frauen im öffentlichen Dienst verbessert werden solle und dem verfassungsrechtlichen Gebot der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen gemäß Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz Rechnung getragen werden solle.

Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass Frauen strukturell benachteiligt seien, sei nicht zu beanstanden. Insoweit entspreche es dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, Männer von der Stellenbesetzung auszunehmen, da hierdurch der Verfassungsauftrag besser erfüllt werden könne. Allein schon die Tatsache, dass weibliche Beschäftigte hierdurch eine Ansprechpartnerin hätten, diene der Förderung von Frauen.

Diskriminierung wegen der Behinderung sei nicht anzunehmen

Zu dem Aspekt, dass der Jurist sich wegen seiner Behinderung benachteiligt fühlte, führte das Gericht aus, dass dies nicht angenommen werden könne, da er nicht über die entsprechende Eignung aufgrund seines Geschlechts für die Stelle verfügt habe. Insoweit habe er nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie in der Praxis

Deutlich geworden ist erneut an diesem Urteil, dass die Entscheidung der (überwiegenden) Gesetzgeber in Bund und Ländern, lediglich Frauen zum Amt der Gleichstellungsbeauftragten zuzulassen, verfassungs- und europarechtlich nicht zu beanstanden ist. Insoweit ist es auch schlüssig, dass in den Ländern, wo nur Frauen zugelassen sind für dieses Amt, auch nur Frauen ihre Gleichstellungsbeauftragte wählen dürfen.

Weisen Sie männliche Beschäftigte auf die Begründung des Gerichts hin

Die Männer fühlen sich davon immer wieder diskriminiert, dass sie nicht zur Wahl der Gleichstellungsbeauftragten zugelassen werden und auch nicht wählbar sind. Weisen Sie sie, falls diesbezüglich Beschwerden von Männern kommen, darauf hin, dass der Grund hierfür in der immer noch existierenden strukturellen Diskriminierung von Frauen liegt. Und dass Frauen diese Diskriminierungen eher selbst erfahren haben oder auch erfahren und insoweit in der Regel sensibilisierter sind.

Fazit: Entscheidung entspricht der bisherigen Rechtsprechung

In den Ländern, in denen Männer auch zum Gleichstellungsbeauftragten gewählt werden können – z. B. in Thüringen oder Bayern –, sind die Regelungen gleichermaßen nicht zu beanstanden. Die Gesetzgeber können entscheiden, ob sie beide Geschlechter zum Amt der Gleichstellungsbeauftragten zulassen wollen oder nicht. Es ist dort nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass Frauen dieses Amt bekleiden müssen, sondern es ist lediglich nicht verboten. Die Gesetzgeber der jeweiligen Länder können selbst regeln, dass dieses Amt nur mit Frauen besetzt wird.

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