25.06.2016

Rückzahlung von Weiterbildungskosten: So wenden Sie finanziellen Schaden von Mitarbeitern ab

Die Zahl der Berufe, in denen heute eine einmalige Ausbildung oder ein einmaliges Anlernen für eine 30- bis 40-jährige Tätigkeit ausreicht, tendiert gegen null. Beruf und Alltag fordern vielmehr heute von jedem permanente Anpassung und Weiterentwicklung. Die Antwort hierauf ist ein Konzept. Es heißt: lebenslanges Lernen. Finanziert wird es – unter anderem auch bei länger- und langfristigen Maßnahmen – durch die Dienstgeber.

Neben den Anstrengungen, die eine solche Fort- und Weiterbildungsmaßnahme mit sich bringt, weil sie neben der beruflichen Tätigkeit erfolgt, hat der sich weiterbildende Mitarbeiter eine zeitliche Beschränkung seiner beruflichen Freizügigkeit von regelmäßig ca. 36 Monaten hinzunehmen. Mitarbeiter, die – angelockt von höheren Vergütungen oder besseren Arbeitsbedingungen – innerhalb dieser Bindungszeit das Arbeitsverhältnis beendeten, können ein Lied davon singen, welche enormen finanziellen Belastungen dann auf sie zukamen.

Hier sind Sie als MAV gefragt. Helfen können Sie jedoch nur mit Detailwissen. Das finden Sie in diesem ausführlichen Artikel.

Die Zahl der Berufe, in denen heute eine einmalige Ausbildung oder ein einmaliges Anlernen für eine 30- bis 40-jährige Tätigkeit ausreicht, tendiert gegen null. Beruf und Alltag fordern vielmehr heute von jedem permanente Anpassung und Weiterentwicklung. Die Antwort hierauf ist ein Konzept. Es heißt: lebenslanges Lernen. Finanziert wird es – unter anderem auch bei länger- und langfristigen Maßnahmen – durch die Dienstgeber.

Neben den Anstrengungen, die eine solche Fort- und Weiterbildungsmaßnahme mit sich bringt, weil sie neben der beruflichen Tätigkeit erfolgt, hat der sich weiterbildende Mitarbeiter eine zeitliche Beschränkung seiner beruflichen Freizügigkeit von regelmäßig ca. 36 Monaten hinzunehmen. Mitarbeiter, die – angelockt von höheren Vergütungen oder besseren Arbeitsbedingungen – innerhalb dieser Bindungszeit das Arbeitsverhältnis beendeten, können ein Lied davon singen, welche enormen finanziellen Belastungen dann auf sie zukamen.

Hier sind Sie als MAV gefragt. Helfen können Sie jedoch nur mit Detailwissen. Hier ist es:

1. Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR),

konkret § 10a AVR-Caritas und § 3a AVR-DW.EKD, haben in ihren Vertragsordnungen Grundsätze aufgestellt, die festlegen, wann und in welchem Umfang Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen vom Dienstgeber finanziert und Rückforderungen an den Mitarbeiter gestellt werden dürfen. Darüber hinaus entwickelte die im folgenden dargestellte Rechtsprechung Bedingungen, die bei der Rückforderung zu berücksichtigen sind, aber im Wortlaut – vor allem von § 10a AVR – nicht enthalten sind. Diese Rechtsprechung muss beachtet werden.

2. Grundsätzlich sind Rückzahlungsvereinbarungen nur wirksam, wenn die 4 nachfolgenden Prüfungsschritte erfüllt sind:

1. Durch die Fortbildungsmaßnahme haben sich für den Mitarbeiter neue berufliche Chancen eröffnet.
2. Die Rückzahlungsvereinbarung ist nach Grund und Umfang eindeutig.
3. Der Rückzahlungsgrund benachteiligt den Mitarbeiter nicht unangemessen.
4. Die vereinbarte Bindungsdauer ist angemessen.

1. Prüfschritt: Hat die Fortbildung dem betroffenen Mitarbeiter neue berufliche Chancen eröffnet?

Bereits an dieser Voraussetzung scheitern viele Rückzahlungsvereinbarungen: Die Wirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung setzt voraus, dass der Dienstgeber überhaupt ein berechtigtes Interesse an einer zeitlichen Unternehmensbindung wegen der Fortbildungsfinanzierung hat. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Fortbildung, die dem betroffenen Kollegen finanziert wurde, nicht nur für die Einrichtung von Nutzen ist, sondern auch ihm persönlich einen sogenannten geldwerten Vorteil bringt, ihn also auch nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis weiterbringen könnte. Etwa deshalb, weil er durch die Fortbildung einen höheren Marktwert hat oder sich hierdurch für ihn neue und bessere berufliche Möglichkeiten eröffnen. Dazu gehören z. B. Fortbildungen zur Fachkrankenschwester, zur Wohnbereichsleitung, zur Pflegedienstleitung, zur Stationsleitung usw. Hierbei kann der Mitarbeiter die Kenntnisse, die er durch die Fortbildung erworben hat, auch außerhalb der bisherigen Einrichtung verwenden.

Beachte:
Ist die Fortbildung lediglich innerbetrieblich von Vorteil wie etwa bei einer Software-Schulung, die speziell für das Unternehmen entwickelt worden ist und in keinem anderen Unternehmen derselben oder einer anderen Branche verwendet wird, dann darf ein Mitarbeiter an den Fortbildungskosten grundsätzlich nicht beteiligt werden. Es gibt folglich auch keinen Bindungszeitraum.

Hinweis:
Im Streitfall muss dieser „geldwerte Vorteil“ nicht vom Mitarbeiter, sondern vom Dienstgeber bewiesen werden.

2. Prüfschritt: Ist die Fortbildungsvereinbarung klar und verständlich?

Wenn die Rückzahlungsvereinbarung den Mitarbeiter unangemessen benachteiligt, dann ist sie unwirksam. Eine solche unangemessene Benachteiligung kann sich neben der vereinbarten Bindungsdauer (siehe unter Prüfschritt 3) auch daraus ergeben, dass die Vertragsklauseln nicht klar und verständlich formuliert wurden.

a. Liegt überhaupt eine schriftliche Vereinbarung vor?
Viele Dienstgeber verzichten auf eine schriftliche Vereinbarung, in der die wesentlichen Bedingungen der Fort- und Weiterbildungsmaßnahme geregelt sind. Dies geschieht entgegen
den ausdrücklichen Regelung nach § 3a Abs. 7 AVR-DW.EKD / § 7 Abs. 2 AVR-Caritas.

Verletzt der Dienstgeber die vorgesehene Schriftform, ist der Vertrag als solcher nicht unwirksam, die Rückzahlungsklausel kann es aber mangels eindeutiger und klarer Regelungen sein.
Liegt keine schriftliche Vereinbarung vor, muss der Dienstgeber vortragen, dass die wesentlichen Bedingungen in mündlichen Einzelgesprächen vereinbart wurden. Dies muss er nachwei-
sen.

b. Was ist Gegenstand der Vereinbarung?
In der Vereinbarung müssen die Gründe, die den Mitarbeiter zur Rückzahlung verpflichten, ebenso eindeutig formuliert sein wie die Höhe des Rückzahlungsbetrags. Nur wenn der Mitarbeiter aus der mit ihm getroffenen Vereinbarung erkennen kann, in welchen Fällen er wie viel Geld an seinen Dienstgeber für die Fortbildung zurückzahlen muss, ist die Regelung klar und verständlich und nicht von vornherein wegen Intransparenz unwirksam.

Beispiel:
Nur wenn der Mitarbeiter aus der mit ihm getroffenen Vereinbarung erkennen kann, in welchen Fällen er wie viel Geld an seinen Dienstgeber für die Fortbildung zurückzahlen muss, ist die Regelung klar und verständlich und nicht von vornherein wegen Intransparenz unwirksam.

Fazit_ppmBeachte: Über diese Voraussetzung stolpern viele Rückzahlungsvereinbarungen. Aber selbst wenn: Allein dass die Regelung klar und verständlich ist, bedeutet noch nicht, dass sie auch inhaltlich rechtmäßig ist.

 

3. Prüfschritt: Wird der Mitarbeiter durch den Rückzahlungsgrund unangemessen benachteiligt?

In der Rückzahlungsvereinbarung muss geregelt sein, unter welchen Bedingungen der Mitarbeiter zur Rückzahlung von Lehrgangskosten verpflichtet ist, und diese Gründe müssen von ihm allein beeinflussbar sein. Er muss es folglich selbst in der Hand haben, ob die Rückzahlungspflicht zur Geltung kommt oder nicht.

Beispiel:
In Rückzahlungsvereinbarungen im Bereich der AVR-Caritas wird regelmäßig bestimmt, dass Fortbildungskosten zurückzuzahlen sind, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer Bindungsdauer oder Bindungsfrist von 36 Monaten beendet wird.

Ferner ist zu regeln, ob der Grund für das vorzeitige Ausscheiden bei dem Mitarbeiter oder beim Dienstgeber liegt.

Beispiele:
1. Kündigt der Dienstgeber z. B. aus betriebsbedingten Gründen, darf er die Fortbildungskosten von dem Kollegen nicht zurückverlangen.
2. Liegt aber, weil sich der fortgebildete Mitarbeiter vertragsbrüchig verhielt, der Kündigungsgrund allein bei ihm, dann greift die Rückzahlungspflicht.

Achtung:
Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Mitarbeiter immer dann, wenn er kündigt, zur Rückzahlung der Weiterbildungskosten verpflichtet ist. Soweit er z. B. deshalb kündigt, weil sich der Dienstgeber vertragsbrüchig verhielt, weil er beispielsweise das Gehalt über einen längeren Zeitraum nicht zahlte, den Mitarbeiter nicht vertragsgemäß beschäftigte oder ihn gar mobbte, dann muss der Mitarbeiter die Fortbildungskosten nicht zurückzahlen.

4. Prüfschritt: Ist die Dauer der Rückzahlungsverpflichtung angemessen?

Nachvollziehbar ist es, dass ein Dienstgeber ein Interesse daran hat, die Investition in den Mitarbeiter (Bezahlung der Lehrgangskosten, Fortzahlung der Vergütung und der Überbrückung des Arbeitsausfalls während der Fortbildungsdauer) wieder „hereinzubekommen“. Dass er daher fortgebildete Mitarbeiter verpflichtet, für eine bestimmte Mindestdauer in der Einrichtung zu bleiben, um von der Weiterbildung zu profitieren, ist legitim.

In einer Rückzahlungsverpflichtung wird deshalb ein Zeitraum festgelegt, während dessen eine Auflösung des Arbeitsvertrags dazu führen soll, dass die Lehrgangskosten vom Mitarbeiter
zurückgezahlt werden sollen.

Werden in einer Fortbildungsvereinbarung die Werte der AVR-Caritas oder die der AVR-DW.EKD übernommen, dann ist grundsätzlich von einer zutreffenden Bindungsdauer auszugehen. Die durch die Fortbildung erworbenen Vorteile und die Dauer der Bindung an das Dienstverhältnis stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander.

Besonderer Problemkreis
Eine häufig gestellte und wichtige Frage ist, ob Abwesenheitszeiten wie Sonderurlaub, Krankheit, Mutterschutz, Pflegezeit oder Elternzeit die vertraglich vereinbarte Bindungsfrist verlängern, die Ausfallzeiten also hinten angehängt werden können.

Hier gilt:
Grundsätzlich nicht wirksam vereinbart werden kann die Verlängerung der Bindungsdauer um solche Abwesenheitszeiten, deren Grund aus der Sphäre des Dienstgebers stammt oder auf gesetzlichen Schutzfristen beruht – also für Zeiten des Mutterschutzes, der Elternzeit oder auch der Dauer einer Pflegezeit. Auch in diesen Fällen wäre eine vereinbarte Verlängerung der Bindungsfrist unwirksam.

Ob aufgrund krankheitsbedingter Fehlzeiten oder wegen Sonderurlaubs die Bindungsfrist verlängert werden kann, wurde von der Rechtsprechung bisher nicht entschieden und müsste im Zweifel gerichtich geklärt werden. Sie brauchen auf jeden Fall eine ausdrückliche Absprache und Vereinbarung.

 

Schnell-Check: Rückzahlungsverpflichtungen

Hier besteht eine Rückzahlungsverpflichtung:

  1. Schuldhaftes Nichterreichen des Fortbildungszieles
  2. Abbruch der Fortbildung durch den Mitarbeiter
  3. Kündigung des Mitarbeiters for Ablauf der angemessenen Bindungsfrist, sofern die Kündigung nicht vom Dienstgeber selbst verschuldet wurde

Hier besteht keine Rückzahlungsverpflichtung:

Kündigung des Mitarbeiters aus betriebsbedingten Gründen

Kündigung des Mitarbeiters vor Ablauf der Bindungsfrist, sofern die Kündigung vom Dienstgeber selbst verschuldet wurde

 

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Chefredakteurin: RA Angelika Perwitz-Passan

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