Als Personalrat sollten Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen gut für das Krankenrückkehrgespräch „präparieren“. Denn nicht selten setzen Dienststellenleitungen auf die Unerfahrenheit ihrer Mitarbeiter, um an Informationen heranzukommen. Die Knackpunkte des Krankenrückkehrgesprächs habe ich Ihnen hier aufgelistet.
Abmahnung
Ihre Dienststellenleitung darf einen Kollegen nicht wegen seiner Erkrankung abmahnen. Abgemahnt werden kann nur wegen Vertragsverletzungen. Fehlzeiten wegen Krankheiten stellen grundsätzlich keine Vertragsverletzung dar. Geht die Dienststellenleitung von Blaumachen aus, was tatsächlich ein Fehlverhalten darstellt, muss sie das belegen.
Achtung
Häufig weisen Dienststellenleitungen die Beschäftigten schriftlich auf deren Fehlzeiten hin. Das ist erlaubt und kann später im Kündigungsschutzprozess eine Rolle spielen.
Ärztliche Schweigepflicht
Der Kollege muss seinen Arzt nicht von der Schweigepflicht entbinden, wenn Ihre Dienststellenleitung dies wünscht (Arbeitsgericht Bocholt, 29.4.1993, Az. 1 Ca 225/93). Weigert er sich, seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu befreien, kann er im eventuell nachher stattfindenden Kündigungsschutzprozess eine negative Gesundheitsprognose bestreiten. Ihre Dienststellenleitung ist dann gezwungen, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, um eine von ihr behauptete negative Gesundheitsprognose zu beweisen.
Art und Entwicklung der Erkrankung, Diagnose
Die Frage nach der Art und Entwicklung der Erkrankung des Mitarbeiters ist erlaubt. Ihr Kollege muss aber nicht antworten. Er ist nur verpflichtet, die Arbeitsfähigkeit anzuzeigen. Fragen nach früheren, ausgeheilten Erkrankungen sind von vornherein unzulässig. Weisen Sie den Kollegen bereits vor dem Gespräch darauf hin, dass er auf diese Fragen nicht antworten muss.
Erkundigt sich Ihre Dienststellenleitung nach alten Erkrankungen, darf der Kollege auch lügen. Seine falschen Angaben dürfen keine nachteiligen arbeitsrechtlichen Konsequenzen für ihn haben.
Achtung
Solche Fragen können sehr geschickt in ein fürsorgliches Nachfragen verpackt werden. Sind Sie beim Gespräch nicht selbst anwesend, dann sensibilisieren Sie den Kollegen im Vorgespräch entsprechend.
Krankenkontrolle
Ihre Dienststellenleitung darf den Kollegen zu Hause anrufen, wenn er krank ist, und ihn auch besuchen. Aber: Er ist nicht verpflichtet, Gespräche entgegenzunehmen, und er muss die Tür nicht öffnen. Derartige Maßnahmen Ihrer Dienststellenleitung dienen eher dem psychologischen Druck und weniger der Sammlung von Informationen. Sie sind deshalb als „Beweise“ untauglich.
Später im Rückkehrgespräch darauf angesprochen, dass er nicht an die Tür oder ans Telefon gegangen ist, sollte der Kollege nicht darauf eingehen. Antworten wie „Dazu war ich nicht verpflichtet“ reichen aus.
Missbrauch der Lohnfortzahlung?
Einige Dienstherren nehmen kein Blatt vor den Mund: Sie werfen ihren Beschäftigten unverblümt und ganz direkt den Missbrauch der Entgeltfortzahlung vor. Hierzu sollte sich der Kollege ebenfalls nicht äußern, sich nicht provozieren lassen und Beweise fordern.
Private Situation
Besonders, wenn Mitarbeiter häufiger erkranken, sind Dienstherren sehr daran interessiert, die Ursachen zu erfahren. Ihrer Neugier sind Grenzen gesetzt bei allen Fragen, die den privaten Bereich betreffen, wie zum Beispiel nach der familiären Situation, nach besonderen Verhaltensweisen etc. Alle Fragen danach sind unzulässig und dürfen auch wahrheitswidrig beantwortet werden.
Achtung
Die Frage nach den Ursachen ist aber für den Kollegen und/oder für Sie als Personalrat eine gute Gelegenheit, auf arbeitsplatzbezogene Missstände aufmerksam zu machen. Achten Sie darauf, dass die Angaben protokolliert werden. Im Idealfall können sogar bereits Lösungen angesprochen (und ebenfalls schriftlich festgehalten) werden. Fertigen Sie zusammen mit dem Kollegen bereits vor dem Gespräch eine Liste an.
Beispiele: Diese Krankheitsursachen darf der Dienstherr erfahren: Lärmbelastung, Zugluft, zu beengte räumliche Verhältnisse, Missstimmungen im Team, Mobbing, Unterbesetzung.
Protokoll
Der Kollege sollte – möglichst mit Ihnen zusammen – direkt im Anschluss an das Gespräch das Protokoll durchlesen und auf Vollständigkeit sowie Richtigkeit überprüfen. Unterschreiben muss er es nicht. Er sollte dies auch nicht tun.
Teilnahme am Rückkehrgespräch
Jeder Mitarbeiter ist verpflichtet, nach seiner Genesung an einem anberaumten Rückkehrgespräch teilzunehmen. Im Übrigen unterfällt das Gespräch in der Regel dem Direktionsrecht des Dienstherrn. Bei einer Weigerung kann es zu einer Abmahnung kommen.
Untersuchung durch Amtsarzt
Ihr Kollege ist nicht verpflichtet, sich von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen, wenn Ihre Dienststellenleitung dies fordert. Eine Untersuchungspflicht besteht nur dann, wenn dies gesetzlich oder durch Verordnung festgelegt ist (etwa bei der Arbeit im Lärmbereich). Auch dann darf der Arzt dem Dienstherrn aber nur mitteilen, ob er Bedenken gegen den weiteren Einsatz in diesem Bereich hat.
Worauf Sie außerdem achten sollten
Jeder Beschäftigte Ihrer Dienststelle darf Sie ins Rückkehrgespräch mitnehmen. Aber selbst wenn Sie während des Gesprächs anwesend sind, sollten Sie den Kollegen im Vorfeld über seine Rechte aufklären. Verplappert er sich nämlich, können Sie das auch dann nicht verhindern, wenn Sie sich im selben Raum befinden.
Achten Sie im Verlauf des Gesprächs auf Folgendes:
Schützen Sie die Daten
Die Personendaten Ihrer Kollegen fallen unter das Bundesdatenschutzgesetz (BSDG). Das gilt auch für sämtliche Informationen, die der Dienstherr im Rahmen der Personalpflege (also beispielsweise in Rückkehrgesprächen) ermittelt. Ziehen Sie in Zweifelsfragen unbedingt den Datenschutzbeauftragten Ihrer Dienststelle zurate!
Entscheidend ist für Sie insbesondere im Hinblick auf Rückkehrgespräche der neue § 32 Abs. 1 BDSG. Es handelt sich dabei um eine zentrale Regelung für den Arbeitnehmerdatenschutz. Danach dürfen personenbezogene Daten zu Beschäftigungszwecken dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn das für die Entscheidung, ob ein Beschäftigungsverhältnis begründet werden soll, erforderlich ist. Es handelt sich dabei insbesondere um fachliche Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen.
Das gilt auch dann, wenn die Informationen für die Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
Das bedeutet: Informationen über die Gesundheit, die für das Beschäftigungsverhältnis eine Rolle spielen, dürfen gespeichert werden. Tabu sind dagegen private Informationen und Daten über den Gesundheitszustand, die für die Beschäftigung nicht ausschlaggebend sind (Beispiel: eine lange zurückliegende, ausgeheilte Erkrankung).
Auch nach dem Gespräch gibt es einiges zu tun
Durch Ihre Teilnahme an Krankenrückkehrgesprächen gewinnen Sie einige wertvolle Informationen. Nutzen Sie diese, um für Ihre Kollegen das Beste aus den Rückkehrgesprächen zu machen. Wichtig sind dabei folgende Punkte:
Für Offenheit in der Dienststelle sorgen
Leiten Sie die Ergebnisse und Erkenntnisse der Gespräche an den jeweiligen Arbeitsbereich weiter. Hierfür benötigen Sie das Einverständnis der betroffenen Kollegen. Sind auch die anderen Beschäftigten informiert, vermeiden Sie eine Stimmung des Misstrauens und Belauerns unter den Kollegen. Darüber hinaus erhalten Sie auf diese Weise eventuell weitere wertvolle Informationen für eine verbesserte Gesundheitsprävention.
Ursachen in der Dienststelle aufdecken
Sinnvoll ist es, hin und wieder eine Analyse aller Gespräche durchzuführen. Häufig fallen generelle Probleme erst durch diese Maßnahme auf.
Beispiel: Ihnen fällt nach einer Analyse der letzten Rückkehrgespräche auf, dass die meisten Krankmeldungen aus der Abteilung XY kommen. In den Gesprächen erwähnen die Beschäftigten immer wieder Ärger mit einem bestimmten Vorgesetzten und Überlastung.
Schließlich stellt sich heraus, dass hier die Personaldecke zu dünn und der Vorgesetzte sehr schwierig ist. Möglicherweise kann das Problem deshalb durch eine Neueinstellung und ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder durch Personalumverteilungen besser gelöst werden als mit weiteren Rückkehrgesprächen.
Kosten ermitteln
Versuchen Sie, die Kosten der Rückkehrgespräche zu ermitteln. Setzen Sie hierfür die aufgewendete Zeit für alle am Gespräch Beteiligten an. Berücksichtigen Sie dabei auch die Vorbereitungszeiten. Veröffentlichen Sie Ihre Berechnungen. Möglicherweise ist der Dienstherr überrascht, wie viel Kosten und bürokratischen Aufwand solche Gespräche verursachen. Eventuell können Sie ihn davon überzeugen, dass diese Ausgaben in einer präventiven Gesundheitspolitik in der Dienststelle besser investiert sind.
Diese Fragen sind erlaubt
Neben den oben erwähnten kritischen Fragen gibt es auch solche, die Ihr Dienstherr immer stellen darf, etwa:
So könnte ein |
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Bestandteile des |
Beispiele |
Freundliche Begrüßung |
„Hallo, Frau Wagner!“ |
Freude über die Rückkehr des Mitarbeiters |
„Schön, Sie zu sehen!“ |
Frage nach dem Befinden |
„Wie geht es Ihnen denn? Sind Sie wieder ganz gesund?“ |
Frage nach möglichen dienstlichen Ursachen |
Denken Sie, Ihre Rückenschmerzen könnten mit Ihrer Arbeit zu tun |
Falls die vorherige Frage bejaht oder nicht vollkommen verneint wird: |
„Was halten Sie davon, wenn wir uns zusammensetzen und überlegen, was |
Informationen über wichtige Vorkommnisse während der Abwesenheit des |
„In Ihrer Abwesenheit haben wir die Stellenbewertungen formuliert. |
Positiver Ausklang, Wünsche für einen guten Start |
„Viel Spaß heute! Lassen Sie es ruhig angehen.“ |