31.05.2017

Das ABC der Abmahnung für den Personalrat

Rund um das Thema Abmahnung ranken sich zahlreiche Mythen, auf die Sie nicht hereinfallen sollten. Damit Sie bei diesem Thema stets top informiert sind, habe ich Ihnen das Rechts-Abc von A wie „Abmahnung“ bis Z wie „Zugang“ zusammengestellt, dass Ihnen den aktuellen Praxisüberblick und rechtssicheres Praxiswissen liefert.

Abmahnung

Mit einer Abmahnung will Ihr Dienstherr Ihnen oder Ihren Kollegen deutlich machen, dass

  • er eine begangene Pflichtwidrigkeit beanstandet und
  • im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis kündigen wird.

Arbeitnehmer sollen also durch die Abmahnung zu einem vertragsgerechten Verhalten veranlasst werden. Häufig ist eine Abmahnung schon die Vorstufe zu einer verhaltensbedingten Kündigung

Androhungsfunktion

Ihr Dienstherr droht in einer Abmahnung arbeitsrechtliche Konsequenzen, im Regelfall eine Kündigung, an. Das ist für den Dienstherrn wichtig, denn nur durch diesen Zusatz wird aus der Ermahnung eine Abmahnung.

Beispielformulierungen: Androhung

—Im Wiederholungsfall müssen Sie mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.

—Im Wiederholungsfall ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet.

—Falls Ihnen das noch einmal passiert, werde ich das Arbeitsverhältnis kündigen.

Berechtigter

Abmahnberechtigt ist letztendlich jeder Vorgesetzte.

Dokumentationsfunktion

Die Pflichtwidrigkeit muss konkret bezeichnet werden. Ihr Dienstherr hat das von ihm beanstandete Fehlverhalten klar, deutlich und ausreichend konkret darzustellen. Nur so ist Ihr Kollege in der Lage, genau nachzuvollziehen, was ihm vorgeworfen wird und wie er sein Verhalten verbessern kann.

Entfernen aus der Personalakte

Falls Ihr abgemahnter Kollege der Auffassung ist, die Abmahnung sei nicht gerechtfertigt, hat er 2 Möglichkeiten:

  1. Er verfasst eine Gegendarstellung, die Ihr Dienstherr ebenfalls zur Personalakte nehmen muss.
  2. Er verklagt Ihren Dienstherrn direkt auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Erinnerungsfunktion

Mit der Abmahnung soll an die Erfüllung der vertraglichen Pflichten erinnert werden. Ermahnfunktion Die Aufforderung des Dienstherrn, künftig ein vertragsgemäßes Verhalten am Arbeitsplatz zu zeigen, verleiht der Abmahnung die Ermahnfunktion. In der Abmahnung sollte das erwartete Verhalten möglichst genau dargestellt werden.

Ermahnung

Die Abmahnung müssen Sie von einer Ermahnung oder Verwarnung unterscheiden. Ermahnung und Verwarnung sind einfache Vertragsrügen. Dabei fehlt es an der Warnfunktion. Ihr Dienstherr macht Ihren Kollegen damit gerade nicht deutlich, dass sie im Wiederholungsfall mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen müssen.

Häufig nutzen Dienstherren eine Ermahnung als Vorstufe zu einer Abmahnung. In der Regel wird dabei eine Ermahnung mündlich ausgesprochen. Rechtliche Konsequenzen hat eine Ermahnung allerdings nicht.

Beispiel: Ermahnung

Karin G. ist im Amt beschäftigt. Ihr Schreibtisch bleibt nach Feierabend stets unaufgeräumt. Der Dienstherr ermahnt Karin G. mündlich, künftig ihren Arbeitsplatz in Ordnung zu halten.

Gegendarstellung

Falls der Betroffene der Auffassung ist, die Abmahnung sei nicht gerechtfertigt, kann er eine Gegendarstellung verfassen, die vom Dienstherrn auch zur Personalakte zu nehmen ist. Kommt es später zu einem Kündigungsrechtsstreit, ist diese Gegendarstellung Ihnen als Personalrat in der Anhörung zur Kündigung ebenfalls mitzuteilen.

Hinweisfunktion

Die Hinweisfunktion erhält die Abmahnung letztendlich durch die Beanstandung des vertragswidrigen Verhaltens. Mit der Abmahnung macht Ihr Dienstherr Ihre Kollegen darauf aufmerksam, dass er ein bestimmtes Verhalten beanstandet.

Inhalt

Besonders wichtig ist der Inhalt einer Abmahnung. Der Sachverhalt muss exakt beschrieben werden. So sehen wirksame Abmahnungen aus:

Beispiel 1

Sehr geehrte Frau P., am 9.10.2016 gegen 10.30 Uhr haben Sie im Büro Ihre Kollegin Frau Adele S. als „Idiotin“ bezeichnet und sie bespuckt. Ein solches Verhalten können wir nicht akzeptieren und wir mahnen Sie deshalb ab. Im Wiederholungsfall müssen Sie mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen, auch mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Fred B., Leiter Personalamt, 10.10.2016

Beispiel 2

Sehr geehrter Herr W., laut Entgeltfortzahlungsgesetz haben Sie spätestens am 4. Tag Ihrer Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Sie haben sich am 13.10.2016 krankgemeldet und erst am 19.10.2016 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei uns eingereicht. Wir mahnen Sie aufgrund der verspäteten Vorlage ab. Im Wiederholungsfall müssen Sie mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.

Walter S., Leiter Personalamt, 20.10.2016

Interessenabwägung

Ihr Dienstherr hat auch vor Ausspruch einer Abmahnung eine Interessenabwägung vorzunehmen. Bei der Abwägung kann er z. B. folgende Kriterien berücksichtigen:

—Dauer der Betriebszugehörigkeit

—Höhe des verursachten Schadens

—Grad des Verschuldens

—Wiederholungsgefahr

—Erhaltung des Dienstfriedens

—Abschreckung für andere Mitarbeiter

Grundsätzlich gilt: Je schwerer die Verfehlung Ihres Kollegen ist, desto weniger (oder sogar gar keine) Abmahnungen sind vor einer Kündigung erforderlich. In der Regel reichen 3 Abmahnungen aus.

Die Abmahnungen müssen aber, wenn sie eine Kündigung rechtfertigen sollen, den gleichen Bereich betreffen. Ihr Dienstherr kann keine rechtmäßige Kündigung aussprechen, wenn eine Kollegin z. B. eine Abmahnung wegen Zuspätkommens, eine Abmahnung wegen der grob fahrlässigen Verursachung eines Unfalls mit einem Betriebsfahrzeug und eine Abmahnung wegen verspäteter Anzeige der Arbeitsunfähigkeit erhalten hat.

Klage

Bei der Klage eines Kollegen gegen eine Abmahnung ist das Arbeitsgericht zuständig. In diesem Fall muss Ihr Dienstherr beweisen, dass

—die Abmahnung formal rechtmäßig ist und

—der Abmahnungsgrund tatsächlich besteht.

Das Arbeitsgericht entscheidet dann darüber, ob Ihr Dienstherr die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen hat.

Personalakte

Die Abmahnung wird der Dienstherr in die Personalakte aufnehmen. Der betroffene Kollege kann eine Gegendarstellung verfassen oder auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte klagen. Auch hat er das Recht zur Einsichtnahme in seine Personalakte. Dabei dürfen Sie ihn als Personalrat auf seinen Wunsch hin unterstützen und begleiten.

Personalrat

Sie als Personalrat haben bei der Erteilung einer Abmahnung grundsätzlich keine Mitbestimmungsrechte. Doch Vorsicht: Das ist in den Personalvertretungsgesetzen einiger Bundesländer anders geregelt.

Personenbedingte Kündigung

Auch eine krankheitsbedingte Kündigung als Form der personenbedingten Kündigung kann eine Abmahnung erfordern. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung kann eine Abmahnung zwar grundsätzlich keine Änderung des Verhaltens des Arbeitnehmers bewirken. Dass jeder Fall anders ist und manchmal eben doch eine Abmahnung auch bei einer krankheitsbedingten Kündigung erforderlich sein kann, zeigt dieser Fall des Hessischen Landesarbeitsgerichts (18.3.2014, Az. 13 Sa 1207/13).

Eine Arbeitnehmerin war bereits länger krank, weigerte sich jedoch, Tabletten einzunehmen. Schließlich erhielt sie ohne Abmahnung eine Kündigung. Das Gericht urteilte, dass die Arbeitnehmerin durch eine entsprechende psychologische Behandlung und Medikation wieder zu einem sozialadäquaten Verhalten zurückfinden könne. Diese Chance hätte der Arbeitgeber ihr einräumen müssen. Eine vorherige Abmahnung war erforderlich.

Schriftform

Abmahnungen können im Gegensatz zu einer Kündigung auch mündlich ausgesprochen werden. Das kann jedoch im Streitfall zu erheblichen Beweisschwierigkeiten führen.

Zeitpunkt

Es existiert bei Abmahnungen kein bestimmter Zeitpunkt – also eine Frist, die für den Ausspruch einer Abmahnung vorgeschrieben ist. Allerdings kann das Recht Ihres Dienstherrn zum Ausspruch einer Abmahnung verwirken.

Zugang

Eine schriftliche Abmahnung muss Ihrem Kollegen natürlich auch zugehen. Deshalb werden die meisten Abmahnungen vom Dienstherrn persönlich ausgehändigt. Den Empfang lässt er sich dann quittieren. Im Zweifelsfall muss Ihr Dienstherr nämlich beweisen, dass die Abmahnung zugegangen ist.

Weitere Beiträge zu diesem Thema

 

23.10.2017
Streik in der Kirche – geht das?

Dürfen Gewerkschaften und Arbeitnehmer gegen die evangelische und katholische Kirche streiken? Mit Urteil vom 03.03.2010 hat das Arbeitsgericht Bielefeld, Az.: 3 Ca 2958/09, eine Gewerkschaft zur Unterlassung von Streikmaßnahmen... Mehr lesen

23.10.2017
Vom Arbeitnehmer zum Geschäftsführer – Was ist mit dem Kündigungsschutz?

Ein alter Trick von Arbeitgebern, um unliebsame Arbeitnehmer und insbesondere Betriebsratsmitglieder loszuwerden: Aus Arbeitnehmern werden Geschäftsführer gemacht, das ursprüngliche Arbeitsverhältnis wird beendet, um dann den... Mehr lesen