21.01.2020

Schutz vor Belästigung: Belästigungen – nicht mit uns!

Einige der Männer, die durch die Me-too-Debatte in den Fokus der Medien gerückt sind, stehen derzeit vor Gericht. Und auch die Initiatorin der Debatte ist wegen eines Verhältnisses mit einem Minderjährigen in die Kritik geraten! Es ist ganz egal, von wem Belästigungen ausgehen, ob sie verbal oder körperlich sind: Belästigungen darf es nicht geben. Sorgen wir wenigstens in unserem Einflusskreis dafür, sie zu unterbinden! 

Was ist eine sexuelle Belästigung? 

Eine Definition des Begriffs sexuelle Belästigung findet sich in § 3 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Danach ist eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz jedes sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt. Die sexuellen Belästigungen müssen dabei nicht den Grad einer Gesundheitsbeeinträchtigung erreichen. 

Beispiele für Belästigungen 

  • Bemerkungen sexuellen Inhalts
  • Zeigen von pornografischen Bildern
  • die Berührung der Brust, Klaps auf den Po
  • Benetzen der Lippen mit der Zungenspitze oder
  • sich ohne räumliche Not ganz nah hinter einen Kollegen oder eine Kollegin stellen 

Wichtig! Wo fängt die sexuelle Belästigung an? Ein Thema, das anhand der Person von Rainer Brüderle diskutiert wurde. Es gibt keine klare Grenze. Immer wenn jemand äußert oder durch seine Gestik sagt: „Hör auf, mir reicht’s!“, dann muss der andere das akzeptieren. Was Frau Müller gefällt, kann Frau Meier verabscheuen. Wir sind Individuen mit individuellen Grenzen, die von unserem Gegenüber zu akzeptieren sind. 

Warum Sie handeln sollten 

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein Kavaliersdelikt – leider jedoch gar nicht so selten. Insgesamt 2/3 aller Frauen fühlten sich in ihrem Berufsleben bereits einmal belästigt. Aber auch Männer klagen über Anmachen. Sexuelle Dienste für eine Beförderung – das soll gar nicht so selten sein. 

Zu sexuellen Belästigungen zählen auch Hinterherpfeifen, Anstarren, Bemerkungen sexuellen Inhalts, Aufdrängen sexueller Handlungen, unerwünschte Einladungen mit eindeutigen Inhalten, Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung bzw. Versprechen von Vorteilen bei sexuellem Entgegenkommen bis hin zu Vergewaltigung. 

Dienststellenleitung ist in der Pflicht 

Nach § 1 AGG hat Ihre Dienststellenleitung ihre Beschäftigten vor sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz zu schützen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Sagen Sie ihr dies unbedingt. Sie hat die Pflicht zu Schutzmaßnahmen. Kommt sie dieser nicht nach, drohen ihr Schadenersatz- und Entschädigungsklagen. Vorbeugende Maßnahmen können hier sein: 

  • Fortbildungsveranstaltungen anbieten 
  • gegen eine Bagatellisierung einschlägiger Vorfälle Stellung beziehen
  • betriebliche bzw. dienstliche Verhaltensmaßregeln einführen 
  • „Engpässe“ bei Durchgängen in der Dienststelle vermeiden 
  • für angemessene Beleuchtung von Parkplätzen und Wegen sorgen
  • Sichtblenden an Arbeitstischen und freischwebenden Treppen zum Schutz von Rockträgerinnen anbringen 

Achtung: Selbst Dulden reicht für Schadenersatz!Weisen Sie darauf hin, dass nicht nur dem Belästigenden eine Klage droht, sondern auch der Dienststelle. Denn ein Verstoß gegen das AGG setzt nicht unbedingt ein aktives Handeln des Arbeitgebers voraus. Ein Dulden reicht schon. 

Tun Sie sich mit Ihrer Dienststellenleitung zusammen! Betonen Sie, dass Sie Belästigungen in Ihrer Dienststelle nicht dulden. Allerdings muss sie ihren Worten hier aber unbedingt auch Taten folgen lassen. Wird nicht ermahnt, abgemahnt oder gar gekündigt, wird kein Täter abgeschreckt! 

Diese Rechte haben Ihre belästigten Kolleginnen und Kollegen

Belästigte Kolleginnen und Kollegen haben ein Beschwerderecht. Sie können zunächst eine Beschwerde gemäß § 13 AGG bei der zuständigen Stelle in Ihrer Dienststelle einreichen. Dieser Beschwerde muss die Beschwerdestelle nachgehen und der Arbeitgeber ist verpflichtet, umgehend tätig zu werden. Er muss alles dafür tun, dass ein sexueller Übergriff nicht mehr vorkommen kann. 

Mit einer Beschwerde ist es aber noch nicht getan, denn Ihre betroffenen Kolleginnen und Kollegen können Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche geltend machen. Dies gegen die Dienststellenleitung, aber auch gegen den Täter. Wird Ihre Dienststellenleitung gar nicht tätig, haben Ihre Kolleginnen und Kollegen auch ein Leistungsverweigerungsrecht. 

Wichtig! Immer genau prüfen. Das Leistungsverweigerungsrecht ist aber mit aller Vorsicht auszuüben. Denn eine unrechtmäßige Leistungsverweigerung kann zu dienstrechtlichen Sanktionen führen. 

Das können Sie als Personalrat tun 

Erfahren Sie als Personalrat von Belästigungen, sind Sie umgehend gefordert. Und zwar unabhängig davon, ob es zu offiziellen Beschwerden gekommen ist oder nicht. Denn sind erst einmal Beschwerden bei Ihrem Dienstherrn eingegangen (§ 13 AGG) oder müssen Sie sich als Personalrat offiziell mit einer Beschwerde befassen, ist es meist schon zu spät. Handeln Sie also lieber sofort! 

Prüfen Sie, ob eine sexuelle Belästigung vorliegt 

Gehen Sie mit dem Opfer zunächst folgende Fragen durch. Je öfter der Betroffene hier mit Ja antwortet, desto dringlicher ist ein Einschreiten Ihrerseits und vonseiten der Dienststellenleitung. Nur ein Ja reicht auch schon, um tätig zu werden: 

Checkliste: Sexuelle Belästigung 

Hat der Täter … 

  • … an dem Opfer eine unerwünschte sexuelle Handlung vorgenommen? 
  • … das Opfer sexuell bestimmt körperlich berührt? 
  • … eine Bemerkung sexuellen Inhalts gegenüber dem Opfer gemacht? 
  • … dem Opfer pornografische Darstellungen gezeigt oder so angebracht, dass sie für das Opfer sichtbar waren? 
  • … durch sein Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass das Opfer in seiner Würde verletzt wurde? 
  • … das Opfer in eine Situation gebracht, in der es eingeschüchtert, angefeindet, erniedrigt, entwürdigt oder beleidigt worden ist? 

Versuchen Sie in einem solchen Fall, zunächst ein klärendes e Gespräch mit allen Beteiligten einzuberufen. Falls es nicht dazu kommt oder ein solches nicht erfolgsversprechend endet, raten Sie Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen, von einem Anwalt prüfen zu lassen, ob eine Klage zur Verbesserung der Lage führen würde. Täter lassen sich manchmal abschrecken, wenn rechtliche Mittel erhoben werden. 

Tipp: Zuständige veröffentlichen. Benennen Sie auf Ihrem Schwarzen Brett oder über Ihr Intranet den Ansprechpartner bzw. die Ansprechpartnerin für sexuelle Belästigungen nach dem AGG. Damit es gar nicht so weit kommt, schließen Sie am besten mit Ihrem Arbeitgeber eine Dienstvereinbarung zur Verhinderung sexueller Belästigungen am Arbeitsplatz. 

Das können Sie vorbeugend selbst tun 

  • Lachen Sie nicht mit, wenn sexistische Sprüche oder Witze gemacht werden.
  • Sprechen Sie Kolleginnen und Kollegen an, wenn Sie denken oder merken, dass sie sexuell belästigt werden. Zeigen Sie Solidarität und Hilfsbereitschaft.
  • Ermutigen Sie die Opfer, sich aktiv zur Wehr zu setzen. Begleiten Sie sie zu Besprechungen mit der Ansprechperson in Ihrem Betrieb. Unternehmen Sie aber nichts gegen den Willen der betroffenen Person.
  • Machen Sie Vorgesetzte auf die Belästigungen aufmerksam. 
  • Stellen Sie sich als Zeugin bzw. als Zeuge zur Verfügung. 

Wichtig! Für richtige Atmosphäre sorgen. Stellen Sie sich die Situation vor: Ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin kommt zu Ihnen in die Sprechstunde, um die Belästigung zu offenbaren. Herrscht dann Trubel in Ihrem Büro, gehen die Kollegen ein und aus, wird der oder die Beschäftigte eventuell zurückschrecken. 

Das heißt für Sie: Schaffen Sie für Ihre Sprechstunden ein stilles Plätzchen, damit sich Ihre Kolleginnen und Kollegen auch trauen, sich zu öffnen. Außerdem: Frauen sollten nur von Frauen beraten werden. 

Treten Sie vor Ihre Kolleginnen und ermutigen Sie Betroffene ausdrücklich, eine sexuelle Belästigung nicht hinzunehmen. Nur Gegenwehr kann einen erneuten Übergriff verhindern. 

Klare Ansagen machen 

Im Fall einer sexuellen Belästigung soll dem Täter unmissverständlich klargemacht werden, dass dessen Verhalten unerwünscht ist, dass es als verletzend oder missachtend empfunden wird und das Arbeitsklima stört. Ferner müssen sich die Betroffenen persönlichen Rückhalt verschaffen. Täter sind oft gerissen und schaffen es, die Opfer als hysterisch und überempfindlich abzustempeln. Deswegen sollte unbedingt eine Person des Vertrauens eingeschaltet werden. Diese kann außerdem auch ein Auge auf die Situation haben und ggf. als Zeuge auftreten. Ist die persönliche Zurechtweisung erfolglos oder hat das Opfer zu viel Angst, soll es sich an eine selbst auszuwählende Vertrauensperson wenden. Das könnte beispielsweise die Beschwerdestelle, die Gleichstellungsbeauftragte oder auch der Personalrat
sein. 

Tipp: Stützen Sie das Opfer. Nur wer sich nicht in der Opferrolle fangen lässt, der kann den Täter erfolgreich in die Flucht schlagen. Geben Sie dem Opfer folgende Handlungsanweisungen an die Hand: 

  • Nehmen Sie Ihre Empfindungen ernst und werden Sie sich klar, dass es sich um eine Belästigung handelt. 
  • Weisen Sie einen einschlägigen Vorfall unmittelbar energisch und deutlich zurück. Drohen Sie damit, den Angriff öffentlich zu machen. 
  • Machen Sie sich Aufzeichnungen. 
  • Informieren Sie den Personalrat.

Schnelles Handeln ist oft erforderlich 

So bitter es klingt: Opfer sollten sich wehren – und das sehr schnell! Denn lässt man erst ein Jahr verstreichen, macht man sich unglaubwürdig. Dass man eine Belästigung erst mal wegstecken und mit der Situation fertig werden muss, tritt da leider in den Hintergrund. Etwas mehr Opferschutz wäre wünschenswert. 

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