17.10.2017

Änderungen im Schwerbehindertenrecht durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) zum Stichtag 31.12.2017

Das BTHG hat große Auswirkungen auf das Schwerbehindertenrecht, insbeson­dere auch auf die nächsten Wahlen. Deshalb ist zu Beginn ein Blick auf die neuen gesetzlichen Regelungen unerlässlich.

Das BTHG besteht aus 26 Artikeln. In Art. 1 wird für die Zeit ab 2018 die Neu­fassung des Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) vorgenommen. Art. 2 ent­hält ein Vorziehen der Regelungen (sogenanntes Vorschaltgesetz), mit dem die Stärkung der SBV schon zum Dezember 2016 bewirkt wurde. Hier habe ich das Wichtigste – auch in Bezug auf die nächsten Wahlen – auf den Punkt gebracht:

Integrationsvereinbarung

bis 31.12.2017 § 83 SGB IX
ab 1.1.2018 § 166 SGB IX

Der Begriff „Integrationsvereinbarung“ wird durch „Inklusionsvereinbarung“ ersetzt. Außerdem erhält das Integrationsamt den Auftrag, beim Arbeitgeber, Betriebs- und Personalrat sowie der Schwerbehindertenvertretung (SBV) darauf hinzuwirken, dass unterschiedliche Auffassungen überwunden werden.

Übergangsmandat der SBV

bis 31.12.2017 § 94 SGB IX
ab 1.1.2018 § 177 SGB IX

In § 177 Abs. 8 SGB IX wird bei Spaltung und Zusammenlegung von Betrieben ein Übergangsmandat für die SBV geschaffen. Für Arbeitgeber, die nicht unter den Anwendungsbereich des Betriebs-verfassungsgesetzes fallen, also insbesondere im öffentlichen Dienst, kommt es allerdings nicht zu einem Über­gangsmandat der SBV.

Heranziehung von Stellvertretern

bis 31.12.2017 § 94 SGB IX
ab 1.1.2018 § 178 SGB IX

Die Regelung zur Heranziehung stellvertretender Mitglieder durch die Vertrauensperson in § 179 Abs. 1 Satz 4 SGB IX wird verbessert. Ab 100 be­schäftigten schwerbehinderten Menschen kann jeweils das mit der nächsthöhe­ren Stimmenzahl gewählte Mitglied herangezogen werden.

Freistellung der Vertrauensperson

bis 31.12.2017 § 95 SGB IX
ab 1.1.2018 § 179 SGB IX

Die vollständige Freistellung von der beruflichen Tätigkeit wird für die Vertrauensperson und herangezogene Stellvertreter erleichtert. Damit kann die Vertrauensperson künftig schon dann vollständig von der beruflichen Tätigkeit freigestellt werden, wenn der Betrieb oder die Dienststelle wenigstens 100 schwerbehinderte Menschen einschließlich der Gleichgestellten beschäftigt.

Schulung für Stellvertreter

bis 31.12.2017 § 96 SGB IX
ab 1.1.2018 § 179 SGB IX

Im neu gefassten § 179 Abs. 4 Satz 4 SGB IX wird „für das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied“ die Teilnahme an Schulungen unter den gleichen Voraussetzungen ermöglicht wie der Vertrauens­person.

Büropersonal für SBV

bis 31.12.2017 § 96 SGB IX
ab 1.1.2018 § 179 SGB IX

§ 179 Abs. 8 und 9 SGB IX ermöglicht der SBV nur die Mitnutzung von Sach- und Personalmitteln, die dem Betriebs- oder Personalrat zur Verfügung gestellt sind. Künftig soll die Verpflichtung bestehen, eine Bürokraft für die SBV in angemessenem Umfang zur Verfügung zu stellen.

Anhörung vor Kündigung

bis 31.12.2017 § 96 SGB IX
ab 1.1.2018 § 178 SGB IX

Kündigungsrechtlich von praktischer Relevanz ist die neu eingefügte Regelung in § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX. Danach ist die Kündigung eines schwerbe­hinderten Menschen ohne Beteiligung der SBV unwirksam. Also: Vor einer Kün­digung ist seit dem 1.1.2017 die SBV anzuhören!

Vereinfachte Wahl der überörtlichen Vertretungen

bis 31.12.2017 § 94 SGB IX
ab 1.1.2018 § 177 SGB IX

Die Wahl der Konzern-, Gesamt-, Bezirks- und Hauptschwerbehindertenvertretungen ist künftig wieder im vereinfachten Wahlverfahren auf einer Versammlung möglich. Dazu wird die für örtliche Wahlen nach § 177 Abs. 6 Satz 3 SGB IX geltende Vorgabe der räumlichen Nähe gestrichen. Es kommt des­halb nicht darauf an, wie weit die Unternehmen oder Mittelbehörden räumlich auseinander liegen. Damit wurde die praxisferne Entscheidung des Bundesar­beitsgerichts aus dem Jahr 2014 korrigiert, die nicht den Besonderheiten der Wahl der überörtlichen Vertretungen Rechnung trug.

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