26.04.2017

Die Aufgaben des Betriebsrats werden konkreter

Durch die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) auf das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) erweitert sich der Handlungsspielraum des Betriebsrats.

Aufgaben des Betriebsrats nach §§ 80, 88 BetrVG (freiwillige Betriebsvereinbarungen) und § 92 BetrVG (Personalplanung)

Neu im Jahr 2017: Aufgaben des Betriebsrats nach §§ 80, 88 BetrVG (freiwillige Betriebsvereinbarungen) und § 92 BetrVG (Personalplanung): Änderung durch Art. 18 BTHG
Neu ab 1.1.2018: keine weiteren Änderungen durch das BTHG

BTHG stärkt durch 3 Änderungen im BetrVG die Rolle des Betriebsrats bei der beruflichen Eingliederung schwerbehinderter Menschen

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Rechtsänderungen durch das BTHG, die die bisherigen Aufgaben des Betriebsrats bei der Eingliederung schwerbehinderter Menschen präzisieren:
Er wird jetzt in § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG ausdrücklich dazu verpflichtet, den Abschluss von Inklusionsvereinbarungen – § 83 Sozialgesetzbuch (SGB) IX, ab 2018: § 166 SGB IX – zu fördern. Das könnte mit etwas Glück neuen Handlungsspielraum für Sie erschließen.

Auch die gesetzliche Erwähnung des Themas schwerbehinderte Menschen in § 88 BetrVG (freiwillige Betriebsvereinbarungen) und § 92 BetrVG (Personalplanung) dürfte die Handlungsoptionen der betrieblichen Interessenvertretungen insgesamt stärken.

Tipp:
Sprechen Sie diese Änderungen im BetrVG ausdrücklich beim Betriebsrat an. Entwickeln Sie Schritt für Schritt ein gemeinsames Verständnis über Ihre Zusammenarbeit nach dieser Rechtsänderung. Als Einstieg in diese Perspektivdiskussion schlage ich ein Schreiben an den Betriebsrat vor. Ein Muster-Schreiben dafür finden Sie nachstehend.

Muster-Schreiben: Inklusionsvereinbarung – eine gemeinsame Aufgabe für Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung

An den
Vorsitzenden des Betriebsrats der Firma …
Herrn Peter Mustermann
und alle Mitglieder des Betriebsrats
Ort, Datum …

Inklusionsvereinbarung – eine gemeinsame Aufgabe für Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Mustermann,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrats,

Ende Dezember 2016 wurde das BTHG verabschiedet. Es wird in einem kompliziert gestuften Verfahren sukzessive bis zum Jahr 2023 in Kraft treten. Mit diesem umfassenden Reformpaket wird vor allem das SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) geändert. So wird die Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe (SGB XII) herausgelöst und ab 2020 als Teil 2 dem SGB IX zugeordnet. Wichtige Teile der Reform betreffen die betriebliche Interessenvertretung für Menschen mit Schwerbehinderungen. Diese sind inzwischen alle in Kraft getreten. Wie Sie sicherlich der Presse entnommen haben, werden die Arbeitsmöglichkeiten der Schwerbehindertenvertretungen verbessert. Was die Presse überwiegend nicht berichtet: Auch die Aufgaben des Betriebsrats sind durch Änderungen in den §§ 80, 88 und 92 BetrVG präzisiert worden.

  • In § 80 Abs. 4 BetrVG wird die Liste der allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats um folgenden Punkt erweitert: „die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen“ nach § 83 SGB IX (unterstrichene Passage neu eingefügt).
  • In § 88 BetrVG wird in die Liste der beispielhaft aufgeführten Themen freiwilliger Betriebsvereinbarungen jetzt als Ziffer 5 die „Maßnahmen zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen“ aufgeführt.
  • In § 92 BetrVG werden die Rechte des Betriebsrats bei der Personalplanung durch einen neuen Satz in Abs. 3 ausdrücklich auf schwerbehinderte Menschen ausgedehnt. Der neue Text lautet: „Gleiches gilt für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen nach § 80 Abs. 1 Nr. 4.“ Maßnahmen, die schwerbehinderte Menschen betreffen, sind ab sofort so zu behandeln wie Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schlage vor, dass wir die betriebliche Umsetzung dieser neuen Regelungen auf der Betriebsratssitzung vom … diskutieren.

Ich bitte Sie, den Punkt: „Änderung des BetrVG durch das BTHG“ auf die Tagesordnung zu setzen. Wir könnten dabei auch gleich besprechen, ob und ggf. wie wir die Verhandlung einer neuen Inklusionsvereinbarung angehen.

Mit freundlichem Gruß
Ihr Max Muster
Schwerbehindertenvertretung

Weitere Beiträge zu diesem Thema

 

23.10.2017
Keine Altersdiskriminierung bei Aufhebungsverträgen nur für Junge

Der Fall: Bei einem Arbeitgeber waren betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Als ein Personalabbau anstand, bot er daher seinen Arbeitnehmern der Jahrgänge 1952 und jünger an, gegen Zahlung von Abfindungen freiwillig... Mehr lesen

23.10.2017
Arbeitsplatzschutzgesetz (ArbPlSchG)

Erster Abschnitt – Grundwehrdienst und Wehrübungen § 1 Ruhen des Arbeitsverhältnisses (1) Wird ein Arbeitnehmer zum Grundwehrdienst oder zu einer Wehrübung einberufen, so ruht das Arbeitsverhältnis während des... Mehr lesen