Eine krankheitsbedingte Kündigung führt zum Ausschluss aus der Arbeitswelt. Ihr Arbeitgeber sollte sie unter Inklusionsgesichtspunkten unbedingt vermeiden. Eine wirkliche Inklusion liegt vor, wenn Sie als Schwerbehindertenvertretung den von einer krankheitsbedingten Kündigung betroffenen Kolleginnen und Kollegen erfolgreich helfen können.
Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Fall der personenbedingten Kündigung. Die Kündigungsgründe liegen in der Person des Betroffenen. Und genau das macht die Kündigung unter Inklusionsgesichtspunkten so problematisch. Niemand soll wegen seiner Person benachteiligt werden.
Ihr Arbeitgeber muss Sie vor jeder Kündigung anhören. Er muss Ihnen dabei auch die maßgeblichen Kriterien nennen, auf die er seine Kündigung stützen möchte. Das sind:
Wichtig: Weiteren besonderen Kündigungsschutz prüfen.Auch schwerbehinderte Kollegen können noch einen weiteren besonderen Kündigungsschutz haben – neben ihrer Schwerbehinderung! So ist die ordentliche krankheitsbedingte Kündigung von
nicht möglich.
Es gibt 4 verschiedene Fallgruppen der krankheitsbedingten Kündigung:
1. Fallgruppe: Häufige Kurzerkrankungen
Häufige Kurzerkrankungen liegen vor, wenn ein Kollege zwar immer nur für ein paar Tage krank ist, dafür aber oft. Ihr Arbeitgeber muss sich hier die Frage stellen, ob es die ernsthafte Vermutung weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang gibt. Allerdings fordert die Rechtsprechung, dass sich die relevanten Fehlzeiten über einen Zeitraum von gut 3 Jahren erstrecken. Außerdem müssen die Fehlzeiten pro Jahr insgesamt deutlich mehr als 6 Wochen betragen.
Wichtig: Ihr Arbeitgeber muss Alternativen prüfen! Bevor Ihr Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen darf, muss er stets prüfen, ob er den Kollegen auf einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz weiterbeschäftigen kann. Tut er dies nicht, ist die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Ultima-Ratio-Prinzip unwirksam. Das ist Ihr Ansatzpunkt als Schwerbehindertenvertretung, Ihren Arbeitgeber auch einmal auf die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Mitarbeiter hinzuweisen und an die Inklusion zu erinnern!
2. Fallgruppe: Lang andauernde Erkrankung
Neben den häufig Kurzerkrankten gibt es viele Arbeitnehmer, die dauerhaft bzw. über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig sind. Für die zu erstellende Prognose sind ebenfalls die Fehlzeiten aus der Vergangenheit heranzuziehen: Ist Ihr Kollege etwa schon mehr als 9 Monate arbeitsunfähig und kann er keinen Gesundungstermin mitteilen, liegt eine negative Prognose vor.
Daneben kann Ihr Arbeitgeber die Prognose noch
Tipp: Auch Kleinvieh macht Mist.Als Schwerbehindertenvertretung wissen Sie, wer lange erkrankt ist. Raten Sie diesen Kolleginnen und Kollegen, auch kleinste Therapieerfolge an den Arbeitgeber weiterzugeben. Denn auch kleine Erfolge schmälern die negative Gesundheitsprognose. Dazu gehören noch bevorstehende Reha- oder andere gesundheitsfördernde Maßnahmen. Auch dabei kann das Integrationsamt helfen.
3. Fallgruppe: Krankheitsbedingte dauernde Arbeitsunfähigkeit
Es gibt allerdings auch Fälle, in denen Kollegen so schwer erkranken, dass sie ihre ursprüngliche Leistungsfähigkeit nicht mehr wiedererlangen. Solche Fälle sind natürlich höchst kündigungsrelevant. Im Rahmen der negativen Prognose reicht es hier aus, wenn in den nächsten 24 Monaten nicht mit einer Gesundung zu rechnen ist. Da aufgrund der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen deutlich ist, muss Ihr Arbeitgeber vor einer Kündigung nur prüfen, ob er den betroffenen Kollegen nicht auf einen freien leidensgerechten Arbeitsplatz umsetzen kann. Die Interessenabwägung wird hier meist zugunsten des Arbeitgebers ausfallen.
4. Fallgruppe: Krankheits- oder behinderungsbedingte Leistungsminderung
Eine Krankheit oder eine Behinderung kann einen Ihrer Kollegen so mitnehmen, dass er zwar noch arbeiten kann, aber nicht mehr so wie früher. Im Rahmen der negativen Prognose muss Ihr Arbeitgeber klären, ob der Kollege auch künftig dauernd und in erheblichem Umfang Minderleistungen erbringen wird. Dabei wirken erhebliche Leistungsminderungen in der Vergangenheit als Indiz für die Zukunft.
Stets muss Ihr Arbeitgeber prüfen, ob die Möglichkeit besteht, den Betroffenen auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Ist das der Fall, muss er ihm diesen Arbeitsplatz anbieten. Eine Kündigung scheidet dann aus. Was die Interessensabwägung betrifft, gelten die Ausführungen zu den häufigen Kurzerkrankungen entsprechend.
Prüfen Sie als Schwerbehindertenvertretung auch, ob der betroffene Kollege seine Leistungsminderung vielleicht mit einer Arbeitsassistenz oder technischen Hilfsmitteln überwinden kann. Hier wäre erster Ansprechpartner ebenfalls das Integrationsamt.
Krankheit an sich ist natürlich noch kein Kündigungsgrund. Dazu müssen stets die nachfolgenden 3 Voraussetzungen vorliegen (Bundesarbeitsgericht, 20.1.2000, Az. 2 AZR 378/99). Diese 3 Stufen muss Ihr Arbeitgeber Ihnen im Rahmen der Anhörung für jede der vorbezeichneten Fallgruppen darlegen:
1. Stufe: Negative Zukunftsprognose
Ihr Arbeitgeber muss davon ausgehen können, dass in Zukunft mit weiteren Erkrankungen des Betroffenen zu rechnen ist, wie etwa bei chronischen Erkrankungen. Liegt keine negative Gesundheitsprognose vor, scheitert die krankheitsbedingte Kündigung bereits aus diesem Grund. Verweigern Sie Ihre Zustimmung und empfehlen Sie Ihrem Kollegen, im Fall der Kündigung eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht einzureichen.
2. Stufe: Betriebliche Interessen sind beeinträchtigt
Zusätzlich zur negativen Gesundheitsprognose muss Ihr Arbeitgeber darlegen können, dass durch die krankheitsbedingte Abwesenheit des Kollegen die betrieblichen Interessen nachhaltig beeinträchtigt werden. Dies ist der Fall bei Störungen im Arbeitsablauf oder unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen.
Ihr Arbeitgeber muss konkret darlegen, welche Betriebsablaufstörungen vorliegen:
In aller Regel wird Ihr Arbeitgeber auch die Entgeltfortzahlungskosten als Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen heranziehen. Diese muss er Ihnen ganz genau aufschlüsseln.
3. Stufe: Interessenabwägung vornehmen
Vor Ausspruch der Kündigung muss Ihr Arbeitgeber stets eine Interessenabwägung vornehmen. Zu klären ist, ob es
Aspekte gibt, die das Beschäftigungsinteresse Ihres Kollegen das Kündigungsinteresse Ihres Arbeitgebers überwiegen lassen.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer profitieren von einem besonderen Kündigungsschutz. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Zustimmung des Integrationsamts vor Ausspruch der Kündigung erforderlich. Außerdem hat Ihr Arbeitgeber Sie als Schwerbehindertenvertreter sowie Ihre Kollegen aus dem Betriebsrat/Personalrat vor der Kündigung anzuhören. Ich empfehle Ihnen, im Rahmen einer solchen Anhörung eine Stellungnahme anzufertigen. Diese muss Ihr Arbeitgeber berücksichtigen. Zudem wird ein Gericht diese im Zweifel genau prüfen.
So sollte Ihr Arbeitgeber vorgehen: