19.04.2009

Abmahnung – Formfehler gehen zu Lasten des Arbeitgebers

Erst kürzlich kam Frau F. aufgeregt zu mir und sagte, sie habe eine mündliche Abmahnung erhalten. Natürlich wollte sie wissen, ob das rechtens ist.

Unser Gespräch verlief folgendermaßen:  
Ich, AS, antwortete: „Nun beruhigen Sie sich erst einmal und erzählen Sie von Anfang an.“

F: „Also, das war so: Mein Arbeitgeber, der mich eigentlich noch nie mochte, hat in den vergangenen Wochen immer an meiner Arbeitsleistung herum gemeckert. Dies stimmte nicht, und das stimmte nicht, und überhaupt konnte ich es ihm nicht recht machen.“

AS: „ Aber schriftlich hat er sich nicht geäußert?“

F: „Nein, das ist es ja. Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich genau falsch gemacht habe. Und gestern dann der Höhepunkt: Er hat mich nach der Frühstückspause in sein Büro gebeten und mir gesagt, es gehe so nicht weiter und er würde mich abmahnen.

AS: „Mal langsam, was hat er genau gesagt?“

F: „Ich hatte gerade die Post vom Vortag frankiert. Dabei habe ich versehentlich zuviel Porto auf einen Umschlag geklebt. Ich glaube statt 55 Cent- eine 90 Cent-Marke. Er warf mir genau das vor und sagte, dass er von mir erwarte, dass ich sorgfältiger arbeiten solle. Und genau für dieses Fehlverhalten mahne er mich jetzt ab.“

AS: „Hat er denn auch gesagt, was passiert, wenn Sie diesen Fehlern nochmals machen?“

F: „Dann werde ich wohl rausfliegen …“

AS: „Langsam. Hat er das gesagt, oder zum Beispiel ,Im Wiederholungsfall müssen Sie mit einer Kündigung rechnen`?“

F: „Nein, so etwas hat er nicht gesagt.“

AS: „Dann brauchen Sie sich auch keine Gedanken zu machen. Ihr Arbeitgeber hat zwar Ihr Fehlverhalten genau beschrieben und ihre Pflichtverletzung gerügt. Das ist auch mündlich möglich. Für eine wirksame Abmahnung ist es aber immer erforderlich, dass er Ihnen konkrete Konsequenzen androht. Beispielsweise also im Wiederholungsfalle die Kündigung. Hat er das nicht gemacht, liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor. Er kann also aus der Abmahnung keinerlei Rechte herleiten. Formfehler gehen zu seinen Lasten.“

F: „Also wäre eine mündliche Abmahnung möglich?“

AS: „Ja, grundsätzlich schon. Der Arbeitgeber hat natürlich in einem möglichen Gerichtsverfahren den Inhalt der Abmahnung genau zu beweisen. Und das ist bei einer mündlichen Abmahnung nur sehr schwer möglich. Machen Sie sich also keine Sorgen.“

Weitere Beiträge zu diesem Thema

 

23.10.2017
Probezeit in der Ausbildung nicht vereinbart

Frage: Wie lang ist die Probezeit bei einer Ausbildung? In meinem Vertrag ist keine Probezeit eingetragen. Ich habe jetzt am 01. August die Ausbildung begonnen und es ist ganz furchtbar. Wann kann ich kündigen?"  Mehr lesen

23.10.2017
Amt des Datenschutzbeauftragten endet bei Fusion

Der Fall: Die AOK Sachsen hatte einen Angestellten zum Datenschutzbeauftragten bestellt. Später fusionierten die AOK Sachsen und die AOK Thüringen. Datenschutzbeauftragter wurde nun ein anderer Mitarbeiter. Der Angestellte... Mehr lesen