16.04.2009

Abmahnungen sind mitbestimmungsfrei – der Betriebsrat ist nicht anzuhören

Ein Betriebsrats-Ersatzmitglied wollte seinem Vorsitzenden nicht glauben und rief mich an. Er war der Auffassung, dass der Betriebsrat vor dem Ausspruch von Kündigungen anzuhören ist. Also müsste das auch für Abmahnungen gelten. Denn letztlich bereiten Abmahnungen arbeitgeberseitige Kündigungen vor. 
„Nein, Ihr Vorsitzender hat Recht“, sagte ich ihm.

Nur in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen ist der Betriebsrat zu beteiligen, also beispielsweise bei einer Kündigung, einer Versetzung, Umsetzung, Eingruppierung oder Umgruppierung. Leider steht im Gesetz aber nichts davon, dass der Betriebsrat auch bei Abmahnungen oder beispielsweise Aufhebungsverträgen zu beteiligen ist. Dies ist alleinige Sache zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer.

Ob diese Rechtslage im Einzelfall immer sinnvoll ist, kann bezweifelt werden. Sinn und Zweck einer Abmahnung ist es stets, eine Kündigung vorzubereiten. Und ein Betriebsrat sollte möglichst frühzeitig in ein solches Verfahren eingebunden werden. Schließlich kann er auch eher auf den Arbeitnehmer, dem ein Fehlverhalten vorgeworfen wird, einwirken. Ernste Gespräche mit Kollegen wirken häufig besser als eine Abmahnung durch den Arbeitgeber.

Einige Zeit später rief der Betriebsrats-Kollege nochmals bei mir an und triumphierte: „Herr Schrader, Ihre Auskunft war nicht richtig! Wir haben vor 14 Jahren eine Betriebsvereinbarung mit der Unternehmensleitung abgeschlossen, nach der vor jeder Abmahnung der Betriebsrat zu hören ist. Ich habe die Vereinbarung in einem alten Ordner gefunden.“

„Gut gemacht“, sagte ich, „tatsächlich kann in einer Betriebsvereinbarung ein Anhörungsrecht für Abmahnungen vereinbart werden. Dann sind Abmahnungen nicht mehr mitbestimmungsfrei. In Ihrem Fall ist die Betriebsvereinbarung aber im letzten Jahr gekündigt worden und eine Nachwirkung wurde nicht vereinbart.“

Fazit: Abmahnungen sind mitbestimmungsfrei. Betriebsräte sollten versuchen, durch eine Betriebsvereinbarung wenigstens ein Anhörungsrecht vor Ausspruch einer Abmahnung zu erhalten.

Weitere Beiträge zu diesem Thema

 

23.10.2017
Personalratsschulung: Inhouse reicht

Ihr Dienstherr muss die Kosten der erforderlichen Personalratstätigkeit tragen. Gehört dazu auch eine externe Schulung, wenn es eine günstigere interne Schulung gibt? Die Antwort kommt aus der freien Wirtschaft, ist aber auf... Mehr lesen

23.10.2017
Fehlverhalten abmahnen – der Lieblingssport der Arbeitgeber

„Ich habe doch nichts gemacht, arbeite nun schon seit 5 Jahren in der Firma und jetzt will mein Chef mich für ein Fehlverhalten abmahnen.“ Solche oder ähnliche Aussagen habe ich von Arbeitnehmern schon häufig gehört.  Mehr lesen