28.02.2018

Leichte Sprache – das sollten Sie als SBV wissen

Mit der laufenden Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) will der Bund in seinem Bereich auch den Gebrauch der Leichten Sprache stärken. Der Referentenentwurf enthält hierzu einige gesetzliche Änderungen. Auf Verlangen von Menschen mit geistigen Behinderungen sollen Behörden ihnen insbesondere Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in einfacher und verständlicher Weise erläutern. Im Bedarfsfall soll dafür ab dem Jahr 2018 auch Leichte Sprache eingesetzt werden.

Hinter dieser beabsichtigten Rechtsänderung steht die Forderung nach Barrierefreiheit für behinderte Menschen unter Einschluss des Einsatzes Leichter Sprache. Leichte Sprache hat vorrangig das Ziel, Menschen mit Lernschwierigkeiten die Teilhabe an Gesellschaft und Politik zu ermöglichen.

Überwindung von Sprachbarrieren – auf zur leichten Sprache

Leichte Sprache kann für Menschen mit geistigen Behinderungen ein geeignetes Instrument zur Überwindung von Sprachbarrieren sein. Deshalb sollen notwendige Informationen vermehrt in Leichte Sprache übersetzt und entsprechend bereitgestellt werden. Die begonnenen Bestrebungen der Verwaltungen, das Informationsangebot in Leichter Sprache auszubauen, sollen fortgesetzt werden.

Die Bundesregierung unterstützt diesen Ausbau im Rahmen ihrer Zuständigkeit sowie ihrer personellen und finanziellen Kapazitäten. Sie wirkt auf den weiteren Auf- und Ausbau von Kompetenzen in diesem Bereich hin. Es bleibt in der Verantwortung der einzelnen Dienststelle, wie sie das Erstellen von Texten in Leichter Sprache gewährleistet.

Wie will der Bund die Leichte Sprache fördern?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales plant die Entwicklung von Erläuterungen in Leichter Sprache, insbesondere die Entwicklung standardisierter Textbausteine. Ein Grundstock von Erläuterungen zu relevanten Dokumenten soll in Leichter Sprache erstellt und den Behörden als Basis zur Verfügung gestellt werden. Beachten Sie: Der Bund will nicht rechtsverbindliche Bescheide oder Vorschriften in Leichte Sprache übersetzen, sondern er will solche Dokumente in Leichter Sprache erläutern.

Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache folgt bestimmten Regeln. Diese Regeln wurden maßgeblich von der Organisation behinderter Menschen „Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e. V.“ mitentwickelt. Dieser Verein organisiert Menschen mit Lernschwierigkeiten. Er sagt von sich: „Wir sind Menschen, die nicht ,geistig behindert‘ genannt werden wollen. Wir benutzen den Begriff ,Menschen mit Lernschwierigkeiten‘“ (www.people1.de).

Merkmale der Leichten Sprache

Leichte Sprache ist gekennzeichnet durch kurze Hauptsätze, weitgehenden Verzicht auf Nebensätze, Verwendung bekannter Wörter. Schwierige Wörter werden erklärt. Bei gedruckten Informationen in Leichter Sprache soll das Schriftbild klar, ohne Schnörkel (Serifen) und ausreichend groß sein. Nach jedem Satzzeichen sowie bei sinnvollen Satzabschnitten wird ein Absatz gemacht.

Fazit und Praxistipp

Die Zielgruppe für Leichte Sprache konzentriert sich heute nicht am ersten Arbeitsmarkt, sondern noch immer in den Werkstätten für behinderte Menschen. Vereinzelt stehen auch in Unternehmen des ersten Arbeitsmarkts solche Kommunikationsbedarfe an.

In Betrieben des ersten Arbeitsmarkts und im öffentlichen Sektor kann die innerbetriebliche Nutzung zumindest gewisser Grundregeln der Leichten Sprache nützlich sein. Sie erreichen Kollegen mit schlechten Deutschkenntnissen und solche mit geringen Schulkenntnissen deutlich besser. Sie sollten es nicht übertreiben, manchmal wirkt Leichte Sprache komisch für die, die komplizierteres Deutsch gewohnt sind.

Ab 2018 soll Leichte Sprache im Geltungsbereich des BGG – vor allem bei Behörden und Sozialleistungsträgern des Bundes – rechtlich und tatsächlich deutlich gestärkt werden.

Nur mit vereinfachten Aussagen, kann einfache Sprache erreicht werden

Die folgende Übersicht hilft Ihnen, wichtige Regeln kennenzulernen und anzuwenden. Sie werden bei der Durchsicht sehen: Leichte Sprache bildet oft den Inhalt eines normalen oder gar komplizierten deutschen Satzes nicht vollständig ab. Es sind häufig Vereinfachungen der Mitteilungsinhalte nötig.

Das heißt leider auch, dass Leichte Sprache nicht immer zum differenzierten schriftlichen Austausch ausreicht. Ein juristischer Text, der präzise schwierige Rechtszusammenhänge beschreiben will, wird meist nur mit Einschränkungen in Leichte Sprache übersetzbar sein. Beachten Sie dies bei Ihrer Kommunikation.

Beispielsammlung: Leichte Sprache

  1. Benutzen Sie bekannte Wörter. Verzichten Sie auf Fach- und Fremdwörter. Schlecht: Workshop. Gut: Arbeitsgruppe
  2. Erklären Sie schwere Wörter. Kündigen Sie schwere Wörter an. Sie können am Ende des Textes ein Wörter-Buch anfügen. Gut: Herr Meier hatte einen schweren Unfall. Jetzt lernt er einen anderen Beruf. Das schwere Wort ist: berufliche Rehabilitation.
  3. Benutzen Sie dieselben Wörter für dieselben Dinge. Wechseln Sie z.B. nicht zwischen Tablette und Pille.
  4. Schreiben Sie kurze Sätze. Machen Sie in jedem Satz nur eine Aussage. Trennen Sie lange Sätze und schreiben Sie stattdessen viele kurze Sätze. Schlecht: Wenn Sie mir sagen, was Sie wünschen, kann ich Ihnen helfen. Gut: Ich kann Ihnen helfen. Bitte sagen Sie mir: Was wünschen Sie?
  5. Benutzen Sie einen einfachen Satzbau. Schlecht: Zusammen fahren wir in den Urlaub. Gut: Wir fahren zusammen in den Urlaub.
  6. Sprechen Sie die Leser und Leserinnen persönlich an. Schlecht: Morgen ist die Wahl. Gut: Sie dürfen morgen wählen.
  7. Machen Sie viele Absätze und Überschriften. Schlecht: Im Winter fällt Schnee und es ist kalt. Im Sommer scheint die Sonner, wodurch es wärmer ist. Gut: Im Winter fällt Schnee. Dann ist es kalt. Im Sommer scheint die Sonne. Dann ist es wärmer.
  8. Schreiben Sie alle Wörter in eine Zeile, die vom Sinn her zusammengehören. Schlecht: Wir sagen: Leichte Sprache ist für alle gut. Gut: Wir sagen: Leichte Sprache ist für alle gut. Lassen Sie den Satz zusammen stehen.
  9. Schreiben Sie Telefonnummern mit Leerzeichen. Schlecht: Tel.: (05544) 332211. Gut: 0 55 44 33 22 11.
  10. Vermeiden Sie Redewendungen und bildliche Sprache. Viele Menschen verstehen das falsch. Sie verstehen die Sprache wörtlich. Das Wort Rabeneltern ist bildliche Sprache. Rabeneltern sind nicht die Eltern kleiner Raben-Küken. Mit Rabeneltern meint man schlechte Eltern.
  11. Zahlen und Zeichen: Schreiben Sie Zahlen, wie die meisten Menschen sie kennen. Schlecht: römische Zahlen, wie zum Beispiel: IX. Gut: arabische Zahlen, wie zum Beispiel: 9.
  12. Vermeiden Sie alte Jahreszahlen. Schlecht: 1867. Gut: Vor langer Zeit. Oder: Vor mehr als 100 Jahren.

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