Wann empfiehlt es sich, zusätzliche Anlagen zu einer Betriebsvereinbarung aufzunehmen? Welche Rechtswirkungen entfalten diese? Wie können Anlagen geändert und verabschiedet werden? Worauf ist in diesem Fall ganz besonders zu achten? Dieser Beitrag liefert Ihnen Antworten auf diese und weitere Fragen zum Thema „Anlagen zu einer Betriebsvereinbarung“.
Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen gehört zu Ihren wesentlichen Aufgaben als Betriebsrat. Denn bei Betriebsvereinbarungen handelt es sich im Prinzip um eine durch Ihren Arbeitgeber und Sie geschaffenes Gesetz für Ihren Betrieb. Die Vereinbarungen gelten unmittelbar für sämtliche Kolleginnen und Kollegen, Ihren Arbeitgeber und Sie als Betriebsrat.
Sie als Betriebsrat sollten eine Betriebsvereinbarung stets gut vorbereiten. Denn mit ihr wird nicht nur ein bestimmtes Verhalten Ihres Arbeitgebers festgelegt, sondern auch die Beschäftigten können zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden. Außerdem setzen gute Betriebsvereinbarungen einen starken Betriebsrat voraus, der weiß, wann und mit welchem Inhalt eine Vereinbarung im Einzelfall sinnvoll ist. Ansonsten riskieren Sie, dass Ihr Arbeitgeber eine für ihn besonders günstige und für Ihre Kollegen unter Umständen ungünstige Lösung durchsetzt.
In den Verhandlungen über Betriebsvereinbarungen entscheiden Ihr Arbeitgeber und Sie immer wieder, bestimmte Inhalte in eine Anlage zur Betriebsvereinbarung aufzunehmen. Auch das erfordert Ihre gute Vorbereitung und den überlegten Einsatz. Denn die Anlagen sind Teil der Betriebsvereinbarung und deshalb entstehen daraus auch Rechte und Pflichten für Ihren Arbeitgeber, Ihre Kollegen und Sie.
Tipp: Haben Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber darauf geeinigt, bestimmte Inhalte zur Betriebsvereinbarung in einer Anlage zu regeln, sorgen Sie dafür, dass in der Betriebsvereinbarung ausdrücklich Bezug darauf genommen wird. Am besten nehmen Sie an Ort und Stelle einen entsprechenden Hinweis auf und stellen zudem in den Schlussbestimmungen klar, dass die Anlagen Bestandteil der Betriebsvereinbarung sind.
Wenn Sie zudem das Schriftformerfordernis einhalten, entfalten die Inhalte der Anlage so die gleiche Rechtswirkung wie die Betriebsvereinbarung. Auch die Anlagen haben dann eine dem Gesetz ähnliche Wirkung.
In Betriebsvereinbarungen lassen sich alle Inhalte niederschreiben, deren Regelung im Betrieb sinnvoll und erforderlich erscheint. Voraussetzung ist allerdings, dass der jeweilige Inhalt nicht bereits durch höherrangiges Recht – beispielsweise ein Gesetz oder einen Tarifvertrag – geregelt ist. Etwas anderes gilt nur, wenn die entsprechende Regelung in einer Betriebsvereinbarung für Ihre Kollegen günstiger ist.
Im Allgemeinen geht es in Betriebsvereinbarungen immer darum, durch eine allgemeine Regelung Rechtsklarheit zu schaffen. Da Betriebsvereinbarungen zudem unmittelbare Ansprüche Ihrem Arbeitgeber gegenüber regeln, sollte jede Vereinbarung einfach formuliert und übersichtlich sein.
Um Rechtsklarheit zu schaffen, ist aber in vielen Bereichen die Aufnahme von Details notwendig. Diese Tatsache führt zu einem Interessenkonflikt, der sich häufig durch die Ausgliederung von Inhalten in eine Anlage lösen lässt.
Das heißt: Würden die notwendigen Datenmengen den Umfang einer Betriebsvereinbarung sprengen und wäre es sinnlos, diese in die Betriebsvereinbarung aufzunehmen, bietet es sich an, in sich abgeschlossene zusammengehörige Inhalte in eine Anlage zur Betriebsvereinbarung aufzunehmen. In der Praxis wird das beispielsweise immer wieder bei Namenslisten, Sozialdaten, Software-Auflistungen und technischen Artikeln durchgeführt.
Das Modell bietet sich außerdem an, wenn die Entwicklungen in der Zukunft nicht zulassen, zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung bereits alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und abschließend zu regeln.
In diesem Fall sollten Sie überlegen, die zu aktualisierenden Inhalte in einer Anlage zu regeln. Diese kann dann im Zweifel angepasst werden, während die Betriebsvereinbarung in ihrer ursprünglichen Form bestehen bleibt.
Achtung! Leider passiert es in der Praxis immer wieder, dass die Betriebsvereinbarung und die Anlage am Ende nicht mehr zusammenpassen. Einigen Sie sich deshalb im Zweifel mit Ihrem Arbeitgeber, dass Sie beide jeder Änderung bzw. Ergänzung einer Anlage die Betriebsvereinbarung dahin gehend prüfen, ob sie noch auf dem aktuellen Stand der Dinge ist. Achten Sie dabei auf ein sorgfältiges Vorgehen.
Anlagen kommen außerdem in Betracht, wenn für den gesamten Betrieb oder sogar das gesamte Unternehmen gewisse einheitliche Grundsätze im Hinblick auf einen bestimmten Regelungssachverhalt bestimmt werden sollten, die in den einzelnen Betrieben um konkrete Einzelregelungen ergänzt werden sollen. Das heißt: Wenn es um Details geht, die zwar unabdingbar für eine Betriebsvereinbarung sind, sich aber nicht allgemeingültig formulieren lassen.
Haben Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit Anlagen geeinigt, ist der Inhalt der Betriebsvereinbarung sowie der Anlagen schriftlich niederzulegen und an geeigneter Stelle auszulegen, § 77 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Das Schriftformerfordernis in § 77 Abs. 2 BetrVG verlangt, dass Sie als Betriebsrat und Ihr Arbeitgeber auf derselben Urkunde unterzeichnen. Tun Sie das nicht, ist die Betriebsvereinbarung nichtig.
Der wirksame Abschluss einer Betriebsvereinbarung setzt zudem laut Bundesarbeitsgericht einen darauf bezogenen Betriebsratsbeschluss nach § 33 BetrVG voraus (9.12.2014, Az. 1 ABR 19/13). Der Betriebsratsbeschluss bezieht sich auf den gesamten Inhalt der Betriebsvereinbarung und damit auch auf die fest mit der Betriebsvereinbarung verbundenen Anlagen. Schließlich handelt es sich insoweit um ein Dokument.
Achtung! Auch wenn es nur um die Änderung oder Ergänzung einer Betriebsvereinbarung geht, ist ein Beschluss notwendig. Denn Sie als Betriebsrat können Ihre Entscheidung nur treffen, wenn Sie einen entsprechenden Betriebsratsbeschluss fassen.
Sollten Sie als Betriebsrat mit der einen oder anderen Betriebsvereinbarung nicht mehr einverstanden sein, haben Sie folgende Möglichkeiten: Sie können sie durch Kündigung beenden, einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber vereinbaren oder eine nachfolgende Betriebsvereinbarung zum gleichen Thema schließen. Wie beim Arbeitsvertrag können Sie als Betriebsrat sich auch bei einer Betriebsvereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber in den Schlussbestimmungen auf eine bestimmte Kündigungsfrist einigen.
Wenn Sie keine Kündigungsregelung vereinbaren Wenn Sie und Ihr Arbeitgeber keine ausdrückliche Regelung zur Kündigung vereinbaren, hat das nicht automatisch zur Folge, dass eine Betriebsvereinbarung unkündbar wäre. Für diesen Fall gilt vielmehr § 77 Abs. 5 BetrVG. Danach kann eine Betriebsvereinbarung mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden.
Achtung! Die in § 77 Abs. 5 BetrVG festgelegte 3-Monate-Frist ist variabel. Sie sind nicht an sie gebunden. Wollen Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber auf eine andere Frist einigen, können Sie sowohl eine längere als auch eine kürzere Frist wählen.
Dabei gilt: Je wichtiger und komplizierter eine Angelegenheit ist, desto länger sollte die Kündigungsfrist sein, auf die Sie sich einigen. So verschaffen Sie sich den nötigen Raum, um alles Wichtige für eine Neuregelung der betreffenden Angelegenheit zu klären.
Kündigen Sie eine Betriebsvereinbarung oder läuft eine befristete Betriebsvereinbarung aus, gilt das grundsätzlich für das gesamte Dokument, also auch für die Anlagen.
Nicht immer wollen Sie und Ihr Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung gleich kündigen. Gerade im Hinblick auf Anlagen geht es viel öfter darum, eine Anlage zu ergänzen und zu ändern. Wie Sie bzw. Ihr Arbeitgeber dabei vorzugehen haben, können Sie gemeinsam im Vorfeld vereinbaren. Für Sie als Betriebsrat ist es dabei sehr wichtig, dass Sie sich einerseits die mögliche Flexibilität erhalten. Das heißt: Änderungen sollen im Zweifel unkompliziert umzusetzen sein.
Andererseits sollten Sie durch eine entsprechende Regelung auch verhindern, dass Ihr Arbeitgeber willkürlich Ergänzungen nach seinem Dafürhalten durchsetzt. Am besten einigen Sie sich deshalb mit Ihrem Arbeitgeber, dass er Änderungen und Ergänzungen nur nach Ihrer schriftlichen Zustimmung durchführen darf. So verschaffen Sie sich die notwendige Bedenkzeit und die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen.
Tipp: Formulieren Sie in den Schlussbestimmungen oder in einer entsprechenden einzelnen Bestimmung zu den Anlagen, dass diese Bestandteil der Betriebsvereinbarung sind, dass die Paraphierung zur Wahrung der Schriftform ausreichend ist sowie unter welchen Bedingungen Änderungen und Ergänzungen der Anlagen vorgenommen werden können, etwa wie folgt:
Die Anlagen sind Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung. Sie sind durch den Betriebsrat und den Arbeitgeber zu paraphieren und fest mit der Betriebsvereinbarung zusammenzuklammern. Änderungen und Ergänzungen der Anlagen sind nur mit schriftlicher Zustimmung des Betriebsrats möglich.
Als Anlagen zu dieser Betriebsvereinbarung werden im Einzelnen vereinbart:
Anlage 1: Liste der verwendeten Komponenten von SAP
Anlage 2: Datenkatalog mit allen Datenfeldern
Anlage 3: Berichte aus den einzelnen genutzten SAP-Komponenten
Anlage 4: Interne Arbeitsanweisung zur Nutzung von SAP
Anlage 5: Vereinbarte Auswertungen