Die aktuelle Corona-Krise greift immer weiter in den Arbeitsalltag ein und zwingt Unternehmen, Behörden und Institutionen sich dieser neuen Situation möglichst schnell anzupassen. Es ist gut, wenn Sie und Ihr Arbeitgeber im Fall der Fälle auf die Kurzarbeit zurückgreifen können. Bevor es aber soweit kommt ist es ein recht weiter Weg, auf dem sich viele Arbeitsrechtliche Fragen für Sie als Angestellter, als Betriebsrat oder als Unternehmen stellen.
In der Redaktionssprechstunde konnten wir in diesem Zusammenhang viele Fragen und Antworten zum richtigen Umgang mit diesem Thema beantworten. Wir sehen uns in der Pflicht Ihnen die Antworten auf Ihre drängendsten Fragen durch unsere Experten zur aktuellen Corona-Krise zur Verfügung zu stellen und Sie damit bei Fragen Ihrer Kollegen aktiv zu unterstützen.
Die Situation: In unserem Unternehmen wurde als Regelung zur Minimierung des Risikos einer Ansteckung beschlossen, dass Sitzungen, insbesondere abteilungsübergreifend, möglichst vermieden werden sollen. Diese Regelung gilt bis auf weiteres im Unternehmen. Wir als Personalrat sind in den verschiedensten Abteilungen des Unternehmens eingesetzt. Aus unserer Sicht sollten wir als gutes Beispiel in der Belegschaft stehen und diese Empfehlungen des Arbeitgebers umsetzen. Bei Arbeitsgruppen und Verhandlungen ist dies für uns möglich. Unsere Frage bezieht sich jetzt auf die Durchführung der regelmäßigen Personalratssitzungen, in denen vor allem Beschlüsse gefasst werden müssen. Ist es möglich, auf Grund der besonderen Situation, rechtskräftige Beschlüsse auch ohne persönliche Beschlussfassung in einer Personalratssitzung zu fassen (z.B. im Umlaufverfahren per E-Mail)? Wenn Ja, wie sollten wir diese dokumentieren?
Grundsätzlich sind Beschlüsse nur bei persönlicher Anwesenheit möglich, nicht per E-Mail, nicht im Umlaufverfahren. Sollten Sie in dieser Zeit wirklich Beschlüsse fassen müssen, würde ich aber trotzdem auf Umlauf – oder Mailverkehr umstellen, da es die besondere Situation erfordert. Dokumentiert wäre dies ja alles, wenn es per Mail läuft oder jeder seine Unterschrift unter einen Beschluss setzt.
Man könnte auch so eine Art Abkommen treffen: „Uns ist allen klar, dass wir eigentlich bei persönlicher Anwesenheit beschließen müssten, aber in Anbetracht des hochansteckenden Virus COVID-19 sehen wir bis zunächst zum 19.4.2020 von Personalratssitzungen unter persönlicher Anwesenheit ab. Dadurch wollen wir eine mögliche Ansteckung, Ausweitung des Virus im Unternehmen und damit auch in der Bevölkerung verhindern. Wir – der Personalrat, die Dienststelle – verpflichten uns, die Beschlüsse, die in dieser Zeit per Mail oder im Umlaufverfahren getroffen werden, vollumfänglich anzuerkennen und nicht gerichtlich anzugreifen.“
Diese Einigung gibt zwar keine absolute Rechtssicherheit, wenn aber doch einer in 6 Monaten oder so sagt, dass Beschlüsse ohne Anwesenheit keine Gültigkeit haben und somit alles Besprochene unwirksam ist, dann setzt er sich dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs aus. Den 19.4. habe ich jetzt nur gewählt, weil bis dahin die Schulen in Bayern geschlossen haben. (Maria Markatou – Rechtsanwältin)
Die Situation: Natürlich ist uns allen bewusst, dass eine Aufrechterhaltung der Minimalfunktionen der Dienststelle erfolgen muss! Heute kam jedoch unsere Bürgermeisterin zu mir, als Personalratsvorsitzende, und möchte jeden Mitarbeiter mit Überstunden und Resturlaub aus 2019 verpflichten, diesen jetzt zu nehmen und abzubauen. Nun ist zu klären, wie wir grundsätzlich mit dieser Situation umgehen. Der Wunsch unserer Bürgermeisterin sieht vor, dass sie uns auf unsere Kosten unter Quarantäne setzten möchte. Ich denke, dass der Personalrat in diesem Fall uneingeschränkte Mitbestimmung hat. Wie schätzen Sie diese Situation ein?
Ich sehe hier Mitbestimmungsrechte bzgl. der Urlaubsgewährung, Anordnung von Urlaub, aber auch bzgl. Maßnahmen zur Unfall- bzw. Krankheitsvermeidung. Das heißt, sie bestimmen mit. Meines Erachtens kann die Dienstgeberin hier nicht einfach über Überstunden und Urlaub verfügen, es ist ein uralter Grundsatz, dass bei Urlaub und Co die Wünsche des Mitarbeiters zu berücksichtigen sind. Zudem: Wird eine Quarantäne vom Gesundheitsamt angeordnet, dann erhalten Mitarbeiter für den Verdienstausfall eine Entschädigung. § 56 Infektionsschutzgesetz. So – durch Zwang des Arbeitgebers aber nicht. Im Gegenteil, sie zahlen noch drauf. Deswegen kann das nicht rechtens sein. (Maria Markatou – Rechtsanwältin)
Ja, aber nicht sofort. Denn Mitarbeiter müssen versuchen eine Betreuung zu organisieren – Großeltern, Freunde müssen gefragt werden. Kann keine Betreuung organisiert werden, dann müssen Mitarbeiter nach § 616 BGB bezahlt von der Arbeit freigestellt werden, allerdings nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum. Ich würde hier 3-4 Tage ansetzen, in dieser Zeit sollte man eine Betreuungsperson finden.
Wenn Arbeitgeber dadurch in wirtschaftliche Bedrängnis geraten, Aufträge nicht fertig werden, sie einfach Land unterhaben – dann dürfen sie auch Überstunden anordnen. Es handelt sich um einen Notfall. Der Arbeitgeber muss aber vor der Anordnung die Mitarbeitervertretung beteiligen und auch selbst nach Möglichkeiten der Abhilfe suchen. Ihre Er muss z.B. Aushilfen einstellen.
So weit reicht das Direktionsrecht nicht. Denken sie hier an die Bekleidungsvorschriften, Ihr Arbeitgeber kann den Mitarbeitern grundsätzlich auch nicht diktieren, was sie anziehen sollen. Ein Mundschutz bzw. das Tragen desselbigen kann er nur dann anordnen, wenn er eine konkrete Gefährdungslage im Betrieb hat. Diese besteht aber grundsätzlich nicht.
Grundsätzlich würde ich sagen ja, dass darf er. Es besteht keine Veranlassung eine Atemschutzmaske zu tragen. Aber: Wenn er es verbietet, wird sich dieser Mitarbeiter zu 100 % krankschreiben lassen, dann fällt er ganz aus. Ich würde die Arbeitsleistung abrufen. Außerdem wette ich mit Ihnen, dass er die Maske (sofern er überhaupt noch eine bekommt), innerhalb von einer halben Stunde ausgezogen hat. Diese Dinger sind nicht sehr angenehm.
Derzeit besteht eine solche Pflicht nicht. Ich würde dennoch auf den Toiletten, in der Teeküche …Desinfektionsmittel stellen. Denn der Schutz vor Corona schlechthin ist die Handhygiene. Das Geld ist also gut investiert und Ihr Arbeitgeber tut der Allgemeinheit einen großen gefallen. Zudem: Durch die Handhygiene werden die Mitarbeiter auch andere Erkältungskrankheiten oder die Influenza vermeiden. Gut für den Arbeitgeber, da er so Arbeitsausfälle reduziert. Neben der Desinfektion sollte er noch die Anweisung oder den Rat geben auf Händeschütteln zu verzichten. Die meisten Keime, Bakterien, Viren haben wir nun mal an den Händen! Bussis, Umarmen … ist in der nächsten Zeit auch tabu!
Das darf er nicht, aber Sie konnten es in den Nachrichten hören. Eltern, die im Karneval mit Ihren Kindern in Risikogebieten waren, werden angehalten dies zu offenbaren und die Kinder für 14 Tage zu Hause zu lassen. Die Kinder erhalten für die Zeit eine Schulbefreiung. Wird dann festgestellt, dass sich keiner angesteckt hat, kann die Schule wieder besucht werden. Appellieren Sie an Ihre Kollegen. Wer im Risikogebiet war oder Kontakt mit einer infizierten Person hatte, soll vernünftig sein und zu Hause bleiben. Für diese Zeit können Überstunden abgebaut werden, unbezahlter Urlaub gegeben werden oder Arbeitgeber stellen den Mitarbeiter bezahlt frei.
Ja, denn dieses „Wegerisiko“ tragen die Arbeitnehmer. Zur Not müssen Sie sich eben ein Taxi nehmen. In allen Bundesländern wurde der ÖNPV ja schon bestreikt, da ist auch niemand auf die Idee gekommen, dass die Arbeit ausfallen könnte.
Selbstständige und Freiberufler sind im Fall einer Quarantäne geschützt. Sie erhalten nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten Geld für ihren Verdienstausfall, §§ 56 ff IfSG. Diese Entschädigungssummer richtet sich nach den letzten Jahreseinnahmen, die beim Finanzamt gemeldet wurden.