23.10.2017

Schwangere Kolleginnen genießen Sonderkündigungsschutz

Während der Schwangerschaft und des Mutterschutzes haben die Kolleginnen einen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung unzulässig bzw. nur mit behördlicher Zustim­mung erlaubt.

Voraussetzung ist aber, dass Ihrem Dienstherrn zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder sie ihm in­nerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

Meine Empfehlung: Weisen Sie auf die Mitteilungspflicht bei Kündigung hin

Machen Sie Ihre Kolleginnen darauf aufmerksam, dass sie in­nerhalb von 2 Wochen nach Zugang einer Kündigung eine bestehende Schwangerschaft mitteilen müssen, damit der Son­derkündigungsschutz auch tatsächlich greift.

Die Mitteilung kann zwar unverzüglich nachgeholt werden, wenn die Kollegin aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht in der Lage war, diese Mitteilungsfrist einzuhalten. Den Beweis für die eine verzö­gerte Mitteilung rechtfertigenden Umstände muss sie aber erbringen.

Wenn ihr der mutmaßliche Entbindungstag bekannt ist, kann Ihre Kollegin den Beginn der Schwangerschaft und damit auch den Beginn des Kündigungsschutzzeitraums ermitteln. Den Beginn der Schwanger­schaft berechnet sie, indem sie vom voraussichtlichen Tag der Entbin­dung 280 Tage zurückrechnet. Den voraussichtlichen Entbindungstag kann sie dem Attest des Arztes oder der Hebamme entnehmen.

Ausnahmsweise kann Kündigung erlaubt sein

Die Zustimmung zur Kündigung einer Schwangeren muss Ihr Dienst­herr bei der Aufsichtsbehörde beantragen. Diese Zustimmung wird er nur in Ausnahmefällen erhalten. Welche Gründe eine Ausnahme bilden können, habe ich Ihnen in der folgenden Übersicht zusammengestellt:

Übersicht: Gründe für ausnahmsweise Kündigung von Schwangeren

Wiederholtes unentschuldigtes Fehlen kann als ein besonderer Fall angenommen werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Verhal­ten der Kollegin nicht durch die besondere seelische Verfassung wäh­rend der Schwangerschaft bedingt ist und die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses für den Dienstherrn unzumutbar ist. Gründe, die mit der Schwangerschaft zusammenhängen, beispielsweise schwan­gerschaftsbedingte häufige Fehlzeiten, sind dagegen nie geeignet, eine Ausnahmekündigung zu rechtfertigen. Auch Gründe, die außerhalb der Arbeitsverpflichtung liegen, können nicht zu einer Kündigung führen.

Einen solchen Fall hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württem­berg zu entscheiden (11.10.2012, Az. 1 S 36/12): Die schwangere Sekretärin des Geschäftsführers einer GmbH hatte dessen Ehefrau da­von in Kenntnis gesetzt, dass er keineswegs regelmäßig an einer län­geren geschäftlichen Besprechung teilnehme, sondern sich mit seiner Freundin treffe, mit der er seit einiger Zeit ein Verhältnis habe. Da die Sekretärin nicht gegen Pflichten aus ihrem Arbeitsvertrag verstoßen hatte, sah das Gericht die begangene Indiskretion nicht als besonde­ren Fall an, bei dem eine Kündigung gerechtfertigt ist.

Kolleginnen haben ein Sonderkündigungsrecht

Die Kollegin kann das Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft und während der Schutzfrist nach der Entbindung entsprechend § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist zum Ende der Schutzfrist kündigen (§ 10 Abs. 1 MuSchG).

Wichtig: Bestandsschutz beachten

Kündigt die Kollegin im Rahmen dieser Möglichkeiten und stellt der Dienstherr sie innerhalb eines Jahres nach der Ent­bindung in ihrer bisherigen Dienststelle wieder ein, so gilt – soweit Rechte aus dem Arbeitsverhältnis von der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder von der Dauer der Beschäftigungs­zeit abhängen – das Arbeitsverhältnis als nicht unterbrochen.

Dies gilt allerdings nicht, wenn die Kollegin in der Zeit von der Auf­lösung des Arbeitsverhältnisses bis zur Wiedereinstellung bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war.

Meine Empfehlung: Machen Sie Kolleginnen auf den Bestandsschutz aufmerksam

Weisen Sie Ihre Kolleginnen, die gekündigt haben, darauf hin, dass sie den Bestandsschutz geltend machen können, falls sie zeitnah wiederkommen. Und auch darauf, dass dieser nur be­stehen bleibt, wenn sie nicht bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt waren.

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