Die seit Jahren steigende Zahl erwerbstätiger schwerbehinderter Menschen hängt eng mit der allgemeinen demografischen Entwicklung zusammen. Da der Anteil schwerbehinderter Menschen mit dem Lebensalter größer wird, führt die Alterung der Erwerbspersonen auch zugleich zur Steigerung der Zahl schwerbehinderter Erwerbspersonen. Der gleichzeitige spürbare Rückgang jüngerer Erwerbspersonen führt tendenziell zum Fachkräftemangel. Damit steigt das grundsätzliche Interesse der Unternehmen an Weiterbeschäftigung älterer Fachkräfte.
Die wirtschaftliche Weiterbeschäftigung älterer Fachkräfte verlangt in der Regel die Beachtung der Grundsätze altersgerechter Arbeitsplatzgestaltung. Hier hapert es in einem Teil der Unternehmen noch deutlich. Bei der Umsetzung solcher Grundsätze kommt Ihnen als Schwerbehindertenvertretung eine wichtige Rolle zu.
Agieren Sie als Experte, dessen Wissen nicht nur den schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen nutzt. Setzen Sie sich Schwerpunkte, die eine Mehrzahl von Kollegen erreichen. Hierzu ein thematischer Vorschlag:
Fortbildung ist gerade für „bildungsferne“ Kolleginnen und Kollegen wichtig, damit sie zu gegebener Zeit eine Chance haben, körperlicher Überbeanspruchung durch Arbeitsplatzwechsel zu entkommen. Wer lange keine Fortbildung hatte, ein Lebensalter von 45 oder mehr erreicht hat und eine intellektuell wenig fordernde Tätigkeit ausübt, der muss in der Regel erst mal wieder das Lernen üben. Es ist dann gar nicht so wichtig, dass eine Fortbildung mit sehr engem Bezug zur (neuen) Tätigkeit in Anspruch genommen wird. Wichtig ist der Wiedereinstieg in das Lernen von berufsbezogenem Wissen.
Mit solcher Aktivierung von Lernfähigkeit wird wesentlich die Chance einer altersgerecht veränderten Weiterbeschäftigung im höheren Lebensalter gefördert.
Wie das genau für Kollegen erreicht werden kann, die langjährig einseitig körperlich stark belastet bei gleichzeitig geringer intellektueller Anforderung eingesetzt wurden, das wird sicherlich noch an vielen Stellen Diskussionen und Erprobungen erfordern. Für die als „Ungelernte“ oder auch „Angelernte“ eingesetzten Arbeitnehmer ist dieser Einstieg in das berufliche Lernen aber unabdingbar für ihre spätere Weiterbeschäftigung.
Praxistipp:
Stellen Sie in Einzelgesprächen mit Ihren schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen fest, wer wann die jeweils letzte und vorletzte Fortbildung hatte. Erfassen Sie das Ergebnis in einer einfachen Übersicht (siehe Übersicht unten). Mit der Auswertung dieser Übersicht können Sie – nach Abstimmung mit Betriebs-/Personalrat – bei der Geschäftsleitung vorstellig werden. Machen Sie Vorschläge für Angebote, am besten auf Basis der Auswertung Ihrer nach untenstehendem Modell erfassten Angaben – und somit der Wünsche – Ihrer schwerbehinderten älteren Kolleginnen und Kollegen.
Übersicht: Befragung der Schwerbehinderten zur Fortbildung sowie Fortbildungswünschen
Die Angaben in der Übersicht – hier beispielhaft ausgefüllt – können Sie am besten zusammentragen, wenn Sie nach und nach mit allen Ihren schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen kurze Gespräche zum Thema Fortbildung führen. Das kann unter Umständen auch bei kurzen Besuchen direkt am Arbeitsplatz geschehen. Falls das nicht ausreichend ungestört möglich ist, sollten Sie die Kollegen zu einem kurzen Gespräch in einen geeigneten Raum bitten. Protokollieren Sie zeitnah.
Diese Liste gibt Ihnen einen Überblick über die Beteiligung schwerbehinderter Menschen an betrieblichen Fortbildungen. Sie muss datenschutzgerecht verwahrt werden! Lassen Sie sich schriftlich bestätigen, dass Sie diese Daten vertraulich speichern dürfen.
Diese Liste gibt Ihnen einen Überblick über die Beteiligung schwerbehinderter Menschen an betrieblichen Fortbildungen. Sie muss datenschutzgerecht verwahrt werden! Lassen Sie sich schriftlich bestätigen, dass Sie diese Daten vertraulich speichern dürfen.
In gewissen Grenzen ist gesundes Altern am Arbeitsplatz möglich durch eigene Anstrengung. Klar, viele betriebliche Belastungen entziehen sich der alleinigen Veränderung durch Verhalten. Eigenes Verhalten spielt für gesundes Altern aber auch eine Rolle. Und das haben Ihre schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen jedenfalls ein Stück weit auch selbst in der Hand.
Eigene Anstrengungen zum Erhalt der Gesundheit und Leistungsfähigkeiten fördern nicht nur die Gesundheit, sie können auch z. B. im Betrieblichen Eingliederungsmanagement einbezogen werden. Wer zudem bereit ist, als Arbeitnehmer für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, kann dann umso besser vom Arbeitgeber Maßnahmen zu seinem Gesundheitsschutz verlangen.
Ratgeber für gesundes Altern nennen vor allem diese 4 Lebensbereiche als Felder eigener Anstrengungen:
1. Mehr Bewegung
2. Gesundes Essen und Trinken
3. Regelmäßige Pausen
Praxistipp:
Für Fragen der Pausenregelung gibt es in jedem Betriebsrat oder Personalrat einen Experten, tauschen Sie sich als Schwerbehindertenvertretung mit diesem Experten aus. Ziehen Sie ihn ruhig auch bei der Beratung einzelner schwerbehinderter Kollegen hinzu, wenn diese einverstanden sind. Vermeiden Sie unnötige Alleingänge ohne Betriebs-/Personalrat.
4. Weniger Stress
Praxistipp:
Halten Sie mit dem Experten im Betriebs-/Personalrat und/oder dem Betriebsarzt in Sachen Gefährdungsanalysen und Stress engen Kontakt. Stressbelastung muss nach aktueller Rechtslage in jede Gefährdungsanalyse mit einbezogen werden. Das heißt: Es muss vor einer innerbetrieblichen Umsetzung auch für den neuen Arbeitsplatz eine diesbezüglich aussagekräftige Gefährdungsanalyse vorliegen (oder erstellt werden). Erst nach Sichtung dieser Ergebnisse kann gesichert beurteilt werden, ob durch einen vorgesehenen Arbeitsplatzwechsel eine Stressminderung erreicht werden kann.