Bei einem verbeamteten Beschäftigten, wäre die Entfernung aus dem Dienst eine verhaltensbedingte Tatkündigung. Gerade bei Vermögensdelikten bleibt es aber meist beim bloßen Verdacht gegen einen Beschäftigten. Aber Ihre Dienststellenleitung kann hier auch kündigen, wenn der Verdacht sich erhärtet hat. Als Personalrat sind Sie vor jeder Kündigung zu hören, § 79 Bundespersonalvertretungsgesetz. Also auch vor einer Verdachtskündigung.
Worauf es als Beschäftigtenvertretung hier zu achten gilt, haben wir Ihnen in diesem Beitrag zusammengefasst.
Eine Verdachtskündigung ist eine Form der verhaltensbedingten Kündigung. Sie stützt sich auf die Vermutung, dass ein Mitarbeiter eine schwerwiegende Vertragsverletzung – meistens
eine Straftat dem Dienstherrn oder einem Kollegen gegenüber – begangen hat.
Ihre Dienststellenleitung muss die Vertragsverletzung aber nicht nachweisen; es genügt also der bloße Verdacht. Dies wird damit begründet, dass nicht nur eine erwiesene Tat, die von der Rechtsordnung missbilligt wird, das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien nachhaltig zerstört, sondern auch bereits deren Verdacht.
Wichtig:
Ein einfacher Verdacht reicht aber nicht für eine Kündigung.
Der Verdacht muss ausreichend sicher sein. Aus objektiven, zum Kündigungszeitpunkt vorliegenden Tatsachen muss sich eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ergeben, dass der Mitarbeiter die Tat begangen hat. Hat Ihr Dienstherr nur vage Vermutungen oder sind seine Verdächtigungen nicht nachvollziehbar, dann widersprechen Sie der Kündigung!
Beispiel:
Es fehlt Geld in der Kasse, Ihr Dienstherr will gleich Herrn Meier entlassen, der in der fraglichen Zeit Dienst hatte. Das ist viel zu vage. Ihr Dienstherr muss feststellen, wer neben Herrn Meier noch Dienst hatte, wer in die Kasse greifen konnte, wer als Täter gar nicht infrage kommt …
Ihre Dienststellenleitung hat außerdem eine Aufklärungspflicht. Wenn sie dieser nicht nachkommt, kann sie auch keine Verdachtskündigung aussprechen. Sie muss den verdächtigten Mitarbeiter immer erst zu ihren Vorwürfen anhören. Auch Zeugen müssen angehört werden.
Achten Sie im Rahmen Ihres Anhörungsverfahrens immer ganz besonders auf die Anhörung des Verdächtigen. Wurde diese nicht oder nur mangelhaft durchgeführt, dann widersprechen Sie der Kündigung.
Ergeben sich bei der Anhörung Ihres Kollegen Hinweise darauf, dass er möglicherweise als Täter ausscheidet, ist eine dennoch ausgesprochene Verdachtskündigung für Ihre Dienststellenleitung sehr riskant. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kündigung in einem möglichen Kündigungsschutzverfahren hält, nimmt deutlich ab. Ihre Dienststellenleitung muss diesen entlastenden Hinweisen auf alle Fälle nachgehen. Tut sie das nicht, dann widersprechen Sie der Kündigung.
Wichtig
Entlastung im Nachhinein?
Wie aber sieht es aus, wenn Ihre Dienststellenleitung aufgrund erdrückender Beweislage dem Arbeitnehmer nach dessen Anhörung gekündigt hat, sich dann aber erst nach Ausspruch der Kündigung entlastende Momente herausstellen?
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts hat Ihre Dienststellenleitung hier Tatsachen, die den Beschäftigten entlasten und die zum Kündigungszeitpunkt bereits vorlagen, unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie diese entlastenden Umstände zum Kündigungszeitpunkt gekannt hat oder kennen konnte (Az. 2 AZR 164/94)!
Selbst wenn Ihre Dienststellenleitung bei Ausspruch der Kündigung wegen der ihr vorliegenden Beweismittel von der Rechtmäßigkeit der Verdachtskündigung ausgehen durfte, kann es sein, dass die Kündigung aufgrund später vorgetragener entlastender Momente dennoch unwirksam wird, z. B. weil der Belastungszeuge während des Prozesses seine Aussage ändert. Das ist gut für Ihren Kollegen!
Ihre Dienststellenleitung kann die Verdachtskündigung wie jede andere Kündigung als fristgemäße oder fristlose Kündigung aussprechen. Eine fristlose Kündigung müsste sie aber innerhalb von 2 Wochen, nachdem sie von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfahren hat, aussprechen. Diese 2-Wochen-Frist beginnt zu laufen, wenn Ihre Dienststellenleitung eine sichere, möglichst vollständige Kenntnis von den Vorgängen erlangt hat und eine Gesamtwürdigung möglich war. Ein Verdacht ist aber keine gesicherte Kenntnis.
Ihrer Dienststellenleitung bleiben demnach 2 Möglichkeiten:
Fazit:
Hat Ihre Dienststellenleitung einen Verdacht, dass ein Mitarbeiter sich strafbar gemacht hat, und will sie ihm deshalb fristlos kündigen, muss sie den Sachverhalt zügig – also ohne unnötige Verzögerungen – aufklären.
Es kann passieren, dass Ihre Dienststellenleitung eine Verdachtskündigung ausspricht, das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren aber zu dem Ergebnis kommt, dass der Beschäftigte unschuldig war.
Hat Ihr Kollege dann einen Wiedereinstellungsanspruch? An sich läge das ja nahe.
Dieser Anspruch besteht aber leider nicht. Würde das staatsanwaltliche Ermittlungsergebnis die Kündigung faktisch unwirksam machen, würde die Behörde damit die Entscheidung des Arbeitsgerichts/Verwaltungsgerichts vorwegnehmen. Die Gerichte sollen aber unabhängig über die Wirksamkeit/Be-
rechtigung der Kündigung urteilen.
Deswegen scheidet ein Wiedereinstellungsanspruch aus. Rechtlich sicher haltbar, aber menschlich schlicht nicht nachvollziehbar!
Soll einem Beschäftigten die Verdachtskündigung ausgesprochen werden, dann muss er vorher von Ihrer Dienststellenleitung angehört werden. Treten Sie vorher an ihn heran und erläutern ihm, wie die Anhörung richtig vonstatten zu gehen hat:
Diese Pflicht entfällt allerdings, wenn Ihr Kollege den Vorwurf lediglich pauschal bestreitet. Denn Ihr Kollege bringt hierdurch seine fehlende Bereitschaft zum Ausdruck, durch eine konkrete
Stellungnahme zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen. Dies geht voll zu seinen Lasten. Raten Sie ihm deshalb immer dazu, eine fundierte Stellungnahme abzugeben. Das kann ihm den Arbeitsplatz retten. Und wer möchte schon einen falschen Vorwurf auf sich sitzen lassen?
Tipp:
Wer schreibt, bleibt
Aus Beweisgründen sollte Ihr Kollege seine Stellungnahme immer schriftlich einreichen. Ferner sollte die Anhörung protokolliert werden. So kann ihm der Dienstherr nicht noch nachträglich was unterschieben.
Sie wissen nun, wie Ihr Kollege richtig angehört werden muss. Und Sie? Was muss Ihnen im Rahmen Ihres Anhörungsverfahrens so alles mitgeteilt werden? Hier steht‘s:
Ihre Dienststellenleitung muss Ihnen
Hat sie das getan, dann gehen Sie im Gremium noch mal die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung durch. Nur wenn diese vorliegen – und auch nur dann –, stimmen Sie der Kündigung zu:
Beachten Sie, dass Ihre Dienststellenleitung Ihnen daneben noch die allgemeinen Kündigungsdaten mitteilen muss (Sozialdaten, Kündigungsfrist …). Ohne diese Daten können Sie eine Kündigung nicht überprüfen. Zudem ist auch bei einer Verdachtskündigung der besondere Kündigungsschutz, etwa für Schwangere oder Schwerbehinderte, zu beachten – darum kommt Ihr Dienstherr nicht herum.
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Chefredakteurin: RA Maria Markatou